Italienische Regierung

Reizfigur Elsa Fornero wird Draghi-Beraterin

Die frühere Arbeitsministerin Elsa Fornero, deren Name untrennbar mit einer für die Italiener schmerzhaften Rentenreform verbunden ist, kehrt als Beraterin der Regierung Mario Draghis in die Regierung zurück. Noch immer löst der Name der für ihre klaren Aussagen bekannten Wirtschaftsprofessorin Emotionen aus.

Reizfigur Elsa Fornero wird Draghi-Beraterin

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Elsa Fornero ist zurück: Als Beraterin der Regierung von Premierminister Mario Draghi soll die ehemalige Arbeitsministerin mithelfen, die wirtschaftspolitischen Weichen für die Zukunft des Landes zu stellen. Ihr Name, der untrennbar mit einer für die Italiener schmerzhaften Rentenreform verbunden ist, löst auch zehn Jahre danach heftige Emotionen aus. „Für mich ist sie weniger als null“, sagt Matteo Salvini, Chef der in der Regierung vertretenen Rechtspartei Lega.

Fornero war jahrelang das Feindbild der Lega und der Populisten der 5-Sterne-Bewegung. Dabei hatte sie nur das getan, was überfällig gewesen war. Unter dem Druck der Märkte hatte Premierminister Mario Monti 2011 die Notbremse gezogen. Den Italienern ist gut in Erinnerung, wie sie vor laufenden Kameras in Tränen ausbrach, als sie die Rentenreform verkündete: Diese sah vor, die Rentenanpassungen für die Jahre 2012 und 2013 auszusetzen, das Renteneintrittsalter auf 66 Jahre anzuheben und die Bedingungen für Frühpensionierungen drastisch zu verschärfen. Bis dahin konnten die Italiener nach 36 Beitragsjahren mit 60 in Rente gehen. Bis 1995 gingen viele Frauen nach nur 14,5 Jahren schon mit Mitte 30 in „Ruhestand“. Das nannte man „Baby-Pensionen“.

Fornero war und ist davon überzeugt, dass sich Italien so etwas angesichts der extrem geringen Geburtenraten, der geringen Beschäftigungsquote vor allem bei den Jüngeren und des hohen Rentenniveaus nicht leisten kann. Laut Zahlen der OECD von 2019 sind die Italiener mit einem Rentenniveau von 91,8 (Deutschland: 51,9)% im Verhältnis zum Nettoeinkommen ganz vorn in Europa. Fornero, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Turin und Spezialistin für Sozialversicherungssysteme und Pensionsfonds, weiß, wovon sie redet. Und sie lässt sich nicht den Mund verbieten. Sie hält Frühpensionierungen und das Zurückdrehen ihrer Reform durch die Populistenregierung aus Lega und 5 Sternen für „Selbstmord“. Seither können Italiener – allerdings begrenzt bis Ende 2021 –- mit „Quota 100“, einer Addition von Beitragsjahren und Lebensalter, teilweise schon mit 60 oder früher in Ruhestand gehen. Draghi will die Regelung nicht verlängern, plant aber offenbar auch keine Rückkehr zu Forneros System, sondern ein gestaffeltes Renteneintrittsalter von 62 oder vielleicht 64 Jahren.

Fornero, der nach eigenen Worten viele Bekannte dazu rieten, den (nicht honorierten) Auftrag abzulehnen, dürfte auch in ihrer neuen Rolle Klartext reden. Die mit dem Wirtschaftswissenschaftler Mario Deaglio verheiratete Professorin, die der Regierung zwischen 2011 und 2013 angehörte und die gelegentlich Beiträge für die Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ schreibt, hat eine klare Meinung, was die Verwendung der Mittel des europäischen Wiederaufbauprogramms angeht: „Wenn wir das Geld nicht vernünftig ausgeben, werden die Schulden weiter steigen und andere Länder von uns Rechenschaft verlangen.“ Mit solchen Meinungen wird sie Salvini, die neofaschistischen Fratelli d’Italia und die 5 Sterne ihr gegenüber sicher nicht milder stimmen.

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