Hidetoshi Shibata

Renesas-Chef verfolgt Rettungsmission

Mit dem Übernahmeangebot für Dialog Semiconductor hat Hidetoshi Shibata (47) sein Gesellenstück als Präsident und CEO des japanischen Chipspezialisten Renesas abgeliefert. Der Zukauf bringe einen „sub­stanziellen strategischen und finanziellen...

Renesas-Chef verfolgt Rettungsmission

Von Martin Fritz, Tokio

Mit dem Übernahmeangebot für Dialog Semiconductor hat Hidetoshi Shibata (47) sein Gesellenstück als Präsident und CEO des japanischen Chipspezialisten Renesas abgeliefert. Der Zukauf bringe einen „sub­stanziellen strategischen und finanziellen Nutzen“ für seine Wachstumspläne, sagte Shibata, der Renesas seit Anfang Juli 2019 führt. Jedoch ging bei dieser Akquisition kein Neuling ans Werk. Als Finanzvorstand seit 2013 war Shibata an allen vorigen Übernahmen federführend beteiligt. Vor zwei Jahren erwarb Renesas den US-Rivalen Integrated Device Tech­nology für 7,2 Mrd. Dollar und 2017 den US-Chiphersteller Intersil für 3,2 Mrd. Dollar.

Im konservativen Japan fällt der Manager mehrfach auf. Zum einen als Jungspund, da er die Leitung von Renesas im Alter von 45 Jahren übernahm, zum anderen als einer der wenigen Investmentbanker an der Spitze eines Unternehmens. Zunächst arbeitete er für den japanischen Beteiligungsfonds MKS Partner, danach war er mit 35 Jahren der jüngste Geschäftsführer im globalen Team von Merrill Lynch. Seine berufliche Karriere startete er nach dem Studium an der elitären Universität Tokio bei der Bahngesellschaft Central Japan Railway. Dort erwarb er die Lizenz, die Shinkansen-Superschnellzüge zwischen Tokio und Osaka zu fahren. Außerdem spricht er fließend Englisch, was in seinem Rang ebenfalls selten ist. Die Sprache hatte Shibata an der Harvard Business School gelernt, die er mit einem Master in Business Administration verließ.

Gestählt durch Tsunami

Doch seine Autorität nach innen wie außen beruht auf seinem Ruf als „Retter“ von Renesas, als die Beben- und Tsunami-Katastrophe vom März 2011 mehrere Fabriken beschädigte und den Hersteller in eine schwere finanzielle Schieflage brachte. Damals arbeitete Shibata seit zwei Jahren für den staatsnahen Sanierungsfonds Innovation Network Corp. of Japan (INCJ) und schnürte 2012 das Hilfspaket für Renesas. Unter der Beteiligung von zehn Großkunden wie Toyota und Denso übernahm der INCJ den angeschlagenen Produzenten und setzte ihm eine Kapitalspritze von 150 Mrd. Yen (1,2 Mrd. Euro). Denn Renesas war 2010 im Zuge der Finanzkrise durch die Fusion der angeschlagenen Chipsparten von NEC, Hitachi und Mitsubishi Electric entstanden und daher schwach mit Kapital ausgestattet.

Im Jahr 2013 wechselte Shibata in den Verwaltungsrat von Renesas und überwachte als Finanzvorstand die Sanierung. Er verkaufte Fabriken und lagerte Produktion nach Taiwan aus, die Belegschaft schrumpfte um die Hälfte auf 20000 Mitarbeiter. INCJ hält noch 32% der Anteile und verfolgt mit Hilfe von Shibata weiter das ursprüngliche Ziel, dass Renesas einerseits die japanische Autoindus­trie mit Mikrocontrollern beliefert und sich andererseits durch Übernahmen auf dem Weltmarkt behauptet. Doch eine Rezession der Autobranche und der Handelskrieg zwischen den USA und China belasteten die Geschäfte stärker als erwartet. Die zinspflichtigen Schulden stiegen auf 717,1 Mrd. Yen (5,6 Mrd. Euro). Daher berief der Verwaltungsrat im Frühjahr 2019 überraschend Shibata als Nachfolger des glücklosen Bunsei Kure. Jedoch zeigen sinkende Marktanteile, dass er sich seines Erfolgs nicht sicher sein kann.