Übernahmevehikel

US-Börsenaufsicht SEC nimmt Spacs in den Fokus

In den USA müssen sich Investoren auf strengere Anforderungen bei einem Börsengang über ein Akquisitionsvehikel einstellen.

US-Börsenaufsicht SEC nimmt Spacs in den Fokus

Von Philipp Tamussino und

Jan Friedeborn*)

Nachdem die Zahl der Special Purpose Acquisition Vehicles (Spacs) in den ersten Monaten dieses Jahres exponentiell zugenommen hat, hat die US-Börsenaufsicht SEC sich nun innerhalb kurzer Zeit wiederholt zum Thema geäußert. Die Verlautbarungen der SEC sollten sowohl Investoren als auch Unternehmen, die einen Börsengang mittels eines in den USA börsennotierten Spac erwägen, aufhorchen lassen.

Bereits im Dezember 2020 hatte die SEC darauf hingewiesen, dass Spacs bei ihrem Börsengang be­stimmte Informationen, vor allem die bei dieser Struktur unvermeidbaren Interessenkonflikte, im Börsenprospekt klar darstellen müssen. Das ist kein leichtes Unterfangen, da für die verschiedenen Beteiligten durchaus unterschiedliche Anreize und Risiken bestehen können. Erstens erhalten die Sponsoren beim Börsengang eines Spac üblicherweise einen Anteil von rund 20% zu Vorzugskonditionen. Dieser Anteil ist zwar nur dann werthaltig, wenn dem Spac innerhalb der gesetzten Frist eine De-Spac-Transaktion, das heißt der Zusammenschluss mit einem operativen Unternehmen, gelingt, aber es werden dadurch die Anteile der übrigen Spac-Investoren verwässert.

Zweitens erhalten die Investoren, die sich bereits beim Börsengang des Spac beteiligen, neben Aktien üblicherweise auch Warrants, die eine Option zum Erwerb von Aktien verbriefen. Aktien und Warrants werden nach dem IPO des Spac meist separat gehandelt, sodass drittens jene Investoren, die nach dem Börsengang des Spac Aktien erwerben, in der Regel keine Warrants halten und nicht den Vorteil der damit verbundenen Optionalität genießen. Schließlich wird dann bei der De-Spac-Transaktion regelmäßig mit einer Pipe-Finanzierung (Private Investment in Public Equity) weiteres Aktienkapital von institutionellen Investoren aufgenommen, wobei der Ausgabepreis auch weit unter dem Marktwert der bereits an der Börse gehandelten Spac-Aktien liegen kann. Die Interessenkonflikte und Risiken, die sich bei diesen Strukturen ergeben können, sind in einem Börsenprospekt nicht leicht darzustellen. Gerade an solchen Interessenkonflikten sind nicht nur die SEC, sondern auch die Klägeranwälte in den USA interessiert.

Ende März und Anfang April 2021 gab es weitere Verlautbarungen der SEC. Zunächst hat die SEC klargestellt, dass bei De-Spac-Transaktionen die Governance-Anforderungen für börsennotierte Gesellschaften vom ersten Tag an gelten. Etwaige Übergangsfristen, die bei traditionellen IPOs den Aufbau geeigneter Strukturen erleichtern, gelten bei De-Spac-Transaktionen nicht. Dazu gehört, dass Jahresabschlüsse nach US-GAAP oder – im Falle von Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA – nach IFRS erstellt werden müssen.

Das war Spac-Praktikern eigentlich schon alles bekannt. Eine weitere Mitteilung der SEC betraf dann aber die Behandlung der beim IPO eines Spac ausgegebenen Warrants. In der Mitteilung haben leitende Mitarbeiter der SEC darauf aufmerksam gemacht, dass Warrants unter bestimmten Umständen nicht als Eigenkapital, sondern als Verbindlichkeit zu behandeln sind. Dann muss nach US-GAAP die schwankende Bewertung der Warrants in den Finanzberichten entsprechend be­rücksichtigt werden. Spac-Gesellschaften, die Warrants in ihrer Finanzberichterstattung falsch klassifiziert haben, müssen diese gegebenenfalls berichtigen.

Die vielleicht wichtigste Stellungnahme der SEC betrifft die Verwendung von Finanzprognosen bei De-Spac-Transaktionen. Prognosen sind wichtige Informationen für die Unternehmensbewertung. Um die Veröffentlichung von Prognosen zu ermöglichen, gibt es im US-Kapitalmarktrecht für Forward-Looking Statements einen Safe Harbor, der vor missbräuchlichen Klagen schützt. Dieser Safe Harbor gilt aber nicht für IPOs. Bisher hat sich die Transaktionspraxis darauf verlassen, dass eine De-Spac-Transaktion einen Zu­sammenschluss darstellt, der unter den Safe Harbor fällt. Gerade die Möglichkeit der Veröffentlichung von Prognosen gilt als großer Vorteil einer De-Spac-Transaktion gegenüber einem traditionellen Börsengang in den USA und trägt zur besonderen Attraktivität von Spacs für junge Unternehmen mit wenig operativem Geschäft bei. Anfang April hat nun der derzeitige Leiter der Division of Corporate Finance bei der SEC ausgeführt, dass nach der geltenden Gesetzeslage eine De-Spac-Transaktion auch als IPO des Zielunternehmens anzusehen sein könne. Der vermeintliche Vorteil des Safe Harbor würde damit entfallen.

In den letzten Wochen hat sich das Tempo bei Spac-Transaktionen in den USA verlangsamt, was zum Teil dem zunehmenden regulatorischen Fokus zugeschrieben wird. Auch im US-Kongress hat eine erste Anhörung zum Thema stattgefunden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Bei einem Zusammenschluss mit einem US-Spac sollte aber mit einer strengeren Prüfung durch die SEC gerechnet und sichergestellt werden, dass die abgegebenen Prognosen auf einer belastbaren Grundlage beruhen und mit einer ausgewogenen Darstellung der zugrundeliegenden Annahmen und der damit verbundenen Risiken präsentiert werden.

*) Dr. Philipp Tamussino ist Partner und Attorney-at-Law (NY) und Dr. Jan Friedeborn ist Rechtsanwalt und Attorney-at-Law (NY) bei Covington & Burling in Frankfurt am Main.