RECHT UND KAPITALMARKT

OLG München zieht Grenze bei Managementbeteiligungen

Hinauskündigungsklauseln müssen sachlich gerechtfertigt sein

OLG München zieht Grenze bei Managementbeteiligungen

Von Jan Friedeborn *)Das OLG München hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil die rechtlichen Grenzen für Hinauskündigungsklauseln bei Managementbeteiligungen aufgezeigt (Urteil vom 13. Mai 2020, Az. 7 U 1844/19). Dies ist das erste Urteil dazu seit der Bundesgerichtshof vor 15 Jahren Hinauskündigungsklauseln, mit denen ein Gesellschafter zur Übertragung seiner Anteile gezwungen werden kann, unter bestimmten Voraussetzungen für wirksam erachtet hat. Diese Rechtsprechung ist relevant für Private-Equity-Investments, bei denen das Management finanziell am Unternehmen beteiligt wird.Das OLG München hat zwar den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsatz bestätigt, dass Hinauskündigungsklauseln, mit denen ein Minderheitsgesellschafter ausgeschlossen werden kann, wirksam sind, wenn es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt. Im konkreten Fall entschied das Gericht aber, dass die entsprechende Klausel unwirksam ist.Dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2005 lag ein Fall zugrunde, bei dem ein ehemaliger Geschäftsführer nur mit 10 % an der Gesellschaft beteiligt war, während der Mehrheitsgesellschafter die restlichen 90 % hielt. Zudem hatte der Geschäftsführer nur den nominellen Wert der Anteile gezahlt. In einem solchen Szenario hielt der Bundesgerichtshof die Hinauskündigungsklausel für wirksam, weil der Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter seine Interessen in der Gesellschafterversammlung faktisch ohnehin nicht durchsetzen konnte. Die Gesellschafterstellung sei vielmehr nur ein Annex zur zeitlich begrenzten Geschäftsführerstellung gewesen. Ohne eine sachliche Rechtfertigung, wie der Bundesgerichtshof sie in diesem Fall in der Annexfunktion der Gesellschafterstellung sah, sind solche Hinauskündigungsklauseln aber sittenwidrig und damit unwirksam. Denn das Damoklesschwert des Anteilsverlusts verhindert, dass ein Minderheitsgesellschafter seine Rechte in der Gesellschafterversammlung unabhängig ausüben kann.Das OLG München hatte es dagegen mit einem Fall zu tun, in dem der abberufene Geschäftsführer 25 % der Anteile hielt und die übrigen Anteile von 16 weiteren Gesellschaftern gehalten wurden. Der Geschäftsführer hatte auch nicht nur den nominellen Wert der Anteile gezahlt, sondern darüber hinaus einen erheblichen finanziellen Beitrag mit dem entsprechenden Verlustrisiko geleistet. In dieser Konstellation hielt das OLG München die Hinauskündigungsklausel für unwirksam, weil die Gesellschafterstellung nicht nur Annex zur Geschäftsführerstellung war. Denn der Geschäftsführer konnte als Minderheitsgesellschafter mit seinem Anteil und bei 16 weiteren Gesellschaftern durchaus auf Entscheidungen der Gesellschafterversammlung Einfluss nehmen. Rechtliche GrenzenZudem sprach auch sein finanzielles Risiko gegen einen Annexcharakter der Beteiligung. Das letzte Wort in diesem Fall wird aber wohl der Bundesgerichtshof haben, bei dem die Revision anhängig ist.Für die Private-Equity-Praxis zeigt das Urteil des OLG München, dass der Ausnahmecharakter von Hinauskündigungsklauseln ernst zu nehmen ist. Solche Klauseln müssen sachlich gerechtfertigt sein, wobei für deren Wirksamkeit entscheidend ist, dass die Durchsetzung des Willens des Minderheitsgesellschafters in der Gesellschafterversammlung faktisch nicht möglich ist. Eine Orientierung allein am prozentualen Anteil der Beteiligung greift allerdings zu kurz. Auch wenn die rechtlichen Risiken steigen, je größer die Beteiligung ist, kann bei geringen Beteiligungen ein Risiko bestehen, wenn diese beispielsweise mit Vetorechten und qualifizierten Mehrheitserfordernissen verknüpft sind. Die Nichtigkeit von Hinauskündigungsklauseln kann zudem unerwartete Folgen haben, weil im Zweifel auch der ursprüngliche Erwerb der Gesellschaftsanteile durch den Geschäftsführer unwirksam ist.Diese Rechtsprechung ist vor allem für Managementbeteiligungsprogramme relevant, die bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Managements eine Übertragung der Gesellschaftsanteile vorsehen. Bei solchen Beteiligungsprogrammen stehen die Motivation des Managements und die Verknüpfung der Beteiligung mit der Rolle eines Managers im Unternehmen im Vordergrund. Die Beratungspraxis geht davon aus, dass dies als sachliche Rechtfertigung für eine Hinauskündigungsklausel ausreicht. Wie das Urteil des OLG München aber zeigt, sind bei Beteiligungsprogrammen die rechtlichen Grenzen zu beachten. Bei der Ausgestaltung der Managementbeteiligung sind daher die wirtschaftlichen Interessen mit den rechtlichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Dabei erfordert die scharfe Sanktion der Nichtigkeit von Hinauskündigungsklauseln, dass die Ausgestaltung der Beteiligung anhand der konkreten Umstände bewertet wird, um die rechtlichen Risiken zu minimieren. Zu den relevanten Faktoren gehören die Beteiligungshöhe des jeweiligen Managers, das mit der Beteiligung verbundene finanzielle Risiko sowie der Gesellschafterkreis und etwaige Satzungsregelungen, die dem Manager Einfluss in der Gesellschafterversammlung ermöglichen. *) Dr. Jan Friedeborn ist Rechtsanwalt bei Covington & Burling in Frankfurt am Main.