ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Regulierung der Geldmarktfonds als Bestandteil des Schattenbankensektors

Börsen-Zeitung, 19.2.2013 Nicht erst seit den aktuellen Untersuchungen internationaler Organisationen, wie dem Financial Stability Board (FSB) und der International Organisation of Securities Commissions (Iosco), reagiert die Öffentlichkeit immer...

Regulierung der Geldmarktfonds als Bestandteil des Schattenbankensektors

Nicht erst seit den aktuellen Untersuchungen internationaler Organisationen, wie dem Financial Stability Board (FSB) und der International Organisation of Securities Commissions (Iosco), reagiert die Öffentlichkeit immer sensibler auf die Verknüpfung von Kreditwirtschaft und Schattenbanken. Schattenbanken sind Finanzintermediäre, die z. B. bankähnliche Geschäfte betreiben, aber nicht der Bankenaufsicht unterliegen.Zu Schattenbanken werden Hedge- und Private-Equity-Fonds, Versicherer, Zweckgesellschaften und auch Geldmarktfonds gezählt. Im November 2012 hatte das FSB einen Bericht zum Stand der aufsichtsrechtlichen Überlegungen zum Schattenbankensystem veröffentlicht, in dem für Geldmarktfonds die vorangegangenen Iosco-Empfehlungen aufgenommen wurden. Geldmarktfonds haben sich in der Finanzkrise als anfällig erwiesen und werden daher nach der FSB-Definition zu den Schattenbanken gezählt. Insbesondere drei Dinge können hierbei zu Problemen führen: eine eingeschränkte Liquidierbarkeit formal kurzfristiger Anlageinstrumente, die Kreditfunktion an den Bankensektor und die Fristentransformation von Geldmarktfonds. Wie eine BankeinlageInsbesondere US-Geldmarktfonds mit konstantem Nettoinventarwert (Constant Net Asset Value, CNAV) stehen im Mittelpunkt der Diskussion, denn hierbei kann der Anleger seinen Fondsanteil zu einem konstanten Wert, d. h. 100 %, zurückgeben. Die im Investmentfonds gehaltenen Vermögenswerte werden nicht zu Marktwerten bewertet, sodass im Fall sinkender Kurse auch nicht die Verluste aus der Kursbewegung im Anteilspreis antizipiert werden. Geben viele Anleger zeitgleich Anteilsscheine zu dem konstanten Wert zurück, müssen Vermögenswerte zum Marktwert, d. h. ggf. mit Verlusten veräußert werden. Der konstante Anteilswert, der eher eine Einlage repräsentiert, und der Marktwert der zugrundeliegenden Vermögensgegenstände gehen immer weiter auseinander. Erreicht die Abweichung eine gewisse Schwelle wird der Geldmarktfonds geschlossen und abgewickelt.Mit dieser Systematik sind die im Fonds verbleibenden Anleger benachteiligt, da schon bei ersten Anzeichen von Verlusten für Anleger Anreize bestehen, Fondsanteile zurückzugeben. In der Finanzkrise hat sich auch gezeigt, dass der Bankensektor Geldmarktfonds mit liquiden Mitteln unterstützt hat, um Run- oder Dominoeffekte einzudämmen. Damit wurden garantieähnliche Strukturen eingesetzt. Sieben EmpfehlungenDie aktuelle Regulierung in Deutschland folgt den Vorgaben der OGAW-IV-Richtlinie und der Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien, die den CESR-Leitlinien folgt. Die Iosco hat nun sieben Punkte in Bezug auf Geldmarktfonds adressiert. So empfiehlt die Iosco die Einführung allgemeiner regulatorischer Regelungen, die Geldmarktfonds, zulässige Vermögensgegenstände und die Limitierung von Währungs- und Zinsrisiken definiert. Die Umsetzung dieser Grundsätze ist weitestgehend erfolgt, sodass ein Schwerpunkt auf der Beobachtung ggf. stattfindender aufsichtsrechtlicher Arbitrage liegt.Im zweiten Punkt empfiehlt die Iosco, Vermögensgegenstände zum Marktwert zu bewerten und nur in Ausnahmefällen eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten vorzunehmen. Ein Prinzip, das bei deutschen Geldmarktfonds durch die Bewertung aller Vermögensgegenstände des Fonds zum Marktwert, bereits umgesetzt ist. Des Weiteren sollen Geldmarktfonds ein wirksames Liquiditätsmanagement einrichten, um Investoren oder Strukturen zu kennen und ein Rückgabe- und Investitionsverhalten zu identifizieren. Hierzu zählen auch Mindestliquiditätsvorschriften und Stresstests.Wie bereits dargestellt, stehen insbesondere Geldmarktfonds mit einem konstanten Nettoinventarwert im Fokus der Diskussion. Die Iosco empfiehlt, die Anteilspreise auf veränderliche Anteilswerte umzustellen. Hierbei werden die Vermögenswerte zu Marktwerten bewertet, und der Anteilspreis reflektiert damit die Wertentwicklung der zugrunde liegenden Vermögensgegenstände. Die Iosco sieht in diesen Fällen, in denen eine Umstellung auf variable Anteilswerte in einzelnen Ländern nicht praktikabel ist, auch andere Maßnahmen als adäquat an, die ähnliche oder gleichwertige stabilisierende Effekte haben. Hierzu zählen auch Kapitalanforderungen.Die Überlegungen des Financial Stability and Oversight Council (FSCO) in den USA sehen neben der Diskussion zur Nutzung variabler Anteilswerte solche Kapitalanforderungen auch vor. Auch die Nutzung der Ratingergebnisse von Ratingagenturen wird in den Iosco-Empfehlungen aufgenommen. Der Fondsmanager soll nicht zwangsläufig auf die Veränderung externer Kreditratings reagieren, sondern es sind Strukturen zu schaffen, die eine eigenverantwortliche Beurteilung des Ausfallrisikos durch den Fondsmanager ermöglichen.Darüber hinaus ist der Anleger nach den Empfehlungen der Iosco darauf hinzuweisen, dass er bei einem Geldmarktfonds keine Garantie auf Rückzahlung des Kapitals hat und dass grundsätzlich auch Verluste bei der Investition in Investmentfonds möglich sind. Dies soll gewährleisten, dass Geldmarktfonds inhaltlich und strukturell zu Bankeinlagen klar abgegrenzt werden.Eine weitere Empfehlung ist die aufsichtsrechtliche Regulierung des Einsatzes von Repos durch Geldmarktfonds. Repos sind Repurchase Agreements, d. h. Wertpapierpensions- oder Wertpapierleihgeschäfte. Hierbei treten Geldmarktfonds als Marktteilnehmer auf, und es werden befristete Übertragungen von Wertpapieren mit korrespondierenden Geldgeschäften abgeschlossen, um Zusatzerträge zu generieren. Systemseitig ist hierbei die Handhabung von Kontrahentenrisiken und Sicherheiten von Interesse. Zulässige VermögenswerteDie bisherigen Untersuchungen der verschiedenen internationalen Wertpapierorganisationen und die aktuellen Konsultationen zu Ucits VI, d. h. in Bezug auf OGAWs, lassen verschiedene Aspekte der Regulierung von Geldmarktfonds erkennen, wobei eine ganze Reihe von den Empfehlungen bereits in deutschem Recht enthalten sind. Sowohl die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände zum Marktwert – und damit variable Anteilspreise – als auch die Implementierung einer Liquiditätssteuerung sind hierbei schon berücksichtigt.Neuerungen könnten sich aus einer Einschränkung zulässiger Vermögensgegenstände ergeben und der Definition risikobegrenzender Vorgaben wie durchschnittliche Zinsbindungsdauer, Restlaufzeit oder Fremdwährungsanteile. Auch die vorgesehenen Regelungen zu Wertpapierpensions- oder -leihegeschäften könnten Auswirkungen auf Geldmarktfonds haben. Entsprechende Regelungen, die mehr Transparenz bei Wertpapierleihgeschäften fordern, haben die Exchange Traded Funds bereits zu erfüllen. Die EU-Kommission wird wohl in 2013 einen Vorschlag zur Regulierung von Geldmarktfonds in Europa veröffentlichen.