Synlab

Laborkette im Börsentest

Noch vor einem Monat hätte die Stimmung der Investoren für Börsengänge kaum besser sein können. Die Portfoliomanager mussten Milliardenzuflüsse am Markt unterbringen. Mit den Zulassungen neuer Impfstoffe verstärkte sich die Hoffnung auf eine...

Laborkette im Börsentest

Noch vor einem Monat hätte die Stimmung der Investoren für Börsengänge kaum besser sein können. Die Portfoliomanager mussten Milliardenzuflüsse am Markt unterbringen. Mit den Zulassungen neuer Impfstoffe verstärkte sich die Hoffnung auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung, und der Technologieschub in E-Commerce und Robotik versprach wachsende Zukunftsgewinne – entsprechend ehrgeizig fielen die Bewertungen bei IPOs aus.

Inzwischen hat es einige Dämpfer gegeben. Der Börsengang des Lieferdienstes Deliveroo in London hat sich mit einem Kursverlust seit der Erstnotiz von vorübergehend fast einem Drittel zum größten IPO-Flop in der Geschichte des britischen Fi­nanzplatzes entwickelt. Außerdem schmälern die steigenden Anleiherenditen die relative Attraktivität neuer Aktien als Investment. Unternehmen mit hohen Bewertungsansprüchen treffen auf skeptischere Investoren als noch vor kurzer Zeit.

Doch London ist nicht Frankfurt. Die hiesigen Börsenneulinge Auto1 (Gebrauchtwagen), Van­tage Towers (Funktürme) und Friedrich Vorwerk (Rohre) haben seit der Erstnotiz um 1 bis 25% zugelegt. Der jetzt angekündigte Börsengang von Europas größter Laborkette Synlab aus dem Portfolio des Finanzinvestors Cinven wird zwar kein Selbstläufer. Zumal die rein virtuelle Roadshow mitten in die nachösterliche Ruhe fällt, wenn etliche deutsche Fondsmanager Urlaub auf der heimischen Couch machen. Aber das Münchener Unternehmen gleicht in keiner Weise dem britischen Flop Deliveroo. Es arbeitet schon hochprofitabel mit einer operativen Marge von 26% und wächst dank der Coronatests, die ein Viertel vom Umsatz bringen, weiterhin rasant.

Aufgrund der starken Nachfrage nach den Covid-19-Tests erwartet Synlab für 2020 einen Anstieg des operativen Gewinns (Ebitda), der 2020 bei 550 Mill. Euro lag. Die für das Unternehmen angepeilte Marktkapitalisierung von 5 Mrd. bis 6 Mrd. Euro entspricht so dem Zehnfachen des Gewinns und erscheint nicht allzu ambitioniert.

Das Wachstum wird nach einem zukünftigen Abflauen der Covid-Test, das erst 2023 erwartet wird, über Zukäufe kommen. Europas Laborbetreiber, die Standard-Blut- und Urintests sowie andere medizinische und veterinärmedizinische Diagnosedienste anbieten, haben schon öfter konsolidiert, um Kosten zu senken. Dennoch blieb die Branche stark fragmentiert, da die Erstattungsregeln in der Europäischen Union unterschiedlich sind. Synlab wird als Marktführer die kleineren Wettbewerber einsammeln können.

(Börsen-Zeitung,

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.