Pkw-Maut

Bund muss Schadenersatz leisten

Die Aktie von CTS Eventim sprang zeitweise um 7,8%. Grund dafür war eine Zwischenentscheidung eines Schiedsgerichts zugunsten der Firma im Rechtsstreit mit dem Bund um die gescheiterte Pkw-Maut.

Bund muss Schadenersatz leisten

sck München – Die Anleger haben zu Wochenbeginn in Bezug auf CTS Eventim euphorisch auf eine Gerichtsentscheidung im Schadenersatzverfahren um die gescheiterte Pkw-Maut in Deutschland reagiert. Im Xetra-Handel sprang die Aktie des Ticketvermarkters in der Spitze um 7,3% auf 62,54 Euro. Das Papier führte damit zeitweise den MDax an. Der Baader Bank zufolge haben die Kläger die erste Runde im Maut-Rechtsstreit vor einem eingeschalteten Schiedsgericht gewonnen. Das Unternehmen teilte zuvor ad hoc mit, dass es und sein früherer österreichischer Joint-Venture-Partner grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz der Bundesrepublik Deutschland hätten. CTS Eventim und Kapsch Trafficcom führten seinerzeit gemeinsam die Betreibergesellschaft, die für die Pkw-Maut vorgesehen worden war.

Das Schiedsgericht bestätigte nunmehr, dass „die von der Autoticket GmbH im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des Bruttounternehmenswerts und auf Erstattung der durch die Abwicklung des Betreibervertrags entstandenen Kosten dem Grunde nach bestehen.“ Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dürfe sich demnach nicht einseitig und entschädigungslos von dem Vertrag lossagen. Mit dem Schiedsspruch sei auch der vom Bund behauptete Kündigungsgrund einer Schlechtleistung abgelehnt worden.

560 Mill. Euro gefordert

Nach dem Abschluss der ersten Phase des Schiedsverfahrens wird in einer zweiten über den zu erstattenden Betrag vor Gericht verhandelt. CTS Eventim und Kapsch fordern von Berlin eine Entschädigung von 560 Mill. Euro.

Der damals dafür verantwortliche Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Forderung der Betreiber abgelehnt. Das Konsortium verklagte daraufhin 2019 den Bund auf Schadenersatz (vgl. BZ vom 20.12.2019). Der Bund kündigte zuvor den Vertrag mit den beiden Mautbetreibern zum 30. September 2019 wegen Schlechtleistung. Der Grund: Im Juni 2019 kassierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Mautplan von Scheuer. Das Gericht folgte damit einer Klage der Nachbarländer Österreich und Niederlande. Laut EuGH verstößt die Pkw-Maut gegen den Gleichheitsgrundsatz in der Union. Scheuers Konzept sah vor, dass in Deutschland gemeldete Fahrzeughalter von der Straßennutzungsgebühr befreit sein sollten.

Ex-Minister bleibt straffrei

Aufgrund des gescheiterten Vorhabens wuchs der Druck auf den Minister unter der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Rücktrittsforderung wurden erhoben. Die damalige Opposition (u.a. Die Linke und die Grünen) warf ihm vor, Steuergelder leichtfertig verschwendet zu haben. Ihr Argument: Der Betreibervertrag sei vom Verkehrsministerium unter Dach und Fach gebracht worden, ohne dass zu diesem Zeitpunkt endgültig Rechtssicherheit bestanden habe. In einem vom Bundestag eingesetzten Untersuchungsausschuss sagte CTS-Chef Klaus-Peter Schulenberg aus, Scheuer vorgeschlagen zu haben, den Betreibervertrag erst dann zu unterzeichnen, wenn der EuGH der Maut zugestimmt habe. Man solle das Urteil des EuGH abwarten. Der Bundesverkehrsminister habe den Vertrag aber „so schnell wie möglich gewollt“, so Schulenberg.

CTS Eventim und ihr Joint-Venture-Partner hatten mit dem Verkehrsministerium Ende 2018 einen Betreibervertrag mit einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren ausgehandelt (vgl. BZ vom 4.1.2019). CTS Eventim bezifferte seinerzeit das Volumen auf 2 Mrd. Euro.

Ein juristisches Nachspiel hat der Fehler für Scheuer wohl nicht mehr, obwohl er damals als Amtsträger theoretisch für Pflichtverletzungen hätte haftbar gemacht werden können. Strafanzeigen zweier Bundestagsabgeordneter der Linken gegen ihn wegen des Verdachts auf Veruntreuung von Steuergeldern blieben ohne Folgen. Die Berliner Staatsanwaltschaft lehnte seinerzeit ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer ab. Die Justizbehörde in der Bundeshauptstadt begründete dies damit, dass ein Anfangsverdacht für eine Straftat nicht vorläge.