Essenslieferdienst

Delivery Hero skeptischer für Marge

Auch im Juli sei das Wachstum von Delivery Hero sehr hoch gewesen, obwohl die meisten Länder nach der Corona-Krise wieder geöffnet waren, versichert CEO Niklas Östberg.

Delivery Hero skeptischer für Marge

hek Frankfurt

Die Wiedereröffnung von Restaurants und die Lockerung weiterer Corona-Beschränkungen haben sich nur wenig auf die Verkäufe des Essenslieferdienstes Delivery Hero ausgewirkt. Das versichert CEO und Mitgründer Niklas Östberg bei der Vorlage des Trading Updates für das zweite Quartal. Auch im Juli sei das Wachstum sehr hoch gewesen, obwohl die meisten Länder geöffnet gewesen seien.

Wie das in Berlin ansässige Unternehmen mitteilt, hat der Gesamtumsatz der Segmente im zweiten Jahresviertel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 105% auf 1,55 Mrd. Euro zugenommen. Damit hätten sich die Erlöse das zehnte Quartal in Folge verdoppelt. Die Bestellungen stiegen um 79% auf 730 Millionen, das Bruttowarenvolumen (GMV) um 74% auf 8,4 Mrd. Euro.

Der neue Ausblick fällt zwiespältig aus: Einerseits hebt Delivery Hero die Wachstumsprognosen an, senkt aber andererseits die Guidance für die Marge. Der um Sondereinflüsse bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wird nun auf etwa 2% des GMV veranschlagt. Bisher hatte das Management zwischen –1,5 und –2,0% auf der Rechnung. Das über die Online-Plattformen abgewickelte Geschäft soll im laufenden Jahr auf 33 Mrd. bis 35 Mrd. Euro steigen, die alte Prognose bewegte sich zwischen 31 Mrd. und 34 Mrd. Euro.

Bezogen auf die Mitte der neuen Spanne zeichnen sich damit operative Verluste von rund 680 Mill. Euro ab. Den Angaben zufolge enthält der Betrag 550 Mill. Euro Aufwand für neue Märkte wie Japan, Vietnam, Deutschland und Peru sowie für den Aufbau von lokalen Lagerhäusern, sogenannten Dmarts, für die Auslieferung von Haushaltswaren.

Den 2021er-Umsatz der Segmente siedelt Delivery Hero nun zwischen 6,4 Mrd. und 6,7 Mrd. Euro an. Bisher waren es 6,1 Mrd. bis 6,6 Mrd. Euro. Die Angaben berücksichtigen die neue Korea-Tocher Woowa auf Pro-forma-Basis ab Jahresanfang und lassen im Gegenzug die zum Verkauf stehende eigene Tochtergesellschaft in Südkorea außen vor. Derzeit ist Delivery Hero in rund 50 Ländern tätig, geschäftlicher Schwerpunkt ist Asien.

Im ersten Halbjahr fuhr der Konzern 332,3 Mill. Euro Verlust auf bereinigter Ebitda-Basis ein. Das entspricht 2,1% des GMV und liegt damit etwa im Rahmen der neuen Guidance. In den ersten sechs Monaten 2020 belief sich der Verlust auf 323,5 Mill. Euro oder 3,6% des GMV. „Die zugrunde liegende Rentabilität nimmt also zu“, argumentiert CFO Emmanuel Thomassin. Im Jahr 2021 werde etwas mehr Geld als zunächst geplant in das Geschäft gesteckt. Ziel sei es, Marktanteile auszubauen. Östberg kündigt im Presse-Call an, der Konzern werde in den kommenden Jahren weiter auf Wachstum setzen. Die Profitabilität habe keine Priorität. Delivery Hero befinde sich in einem „sehr langen Rennen“, die Marktchancen seien riesig.

Aktie unter Druck

An der Börse stieß der neue Ausblick auf Missfallen. Die im Dax vertretene Aktie sackte am Donnerstag um 7,6% ab. Für die Investmentbank Jefferies kommt das im neuen Ebitda-Ziel implizierte Abwärtspotenzial bei den Konsensschätzungen der Analysten zur Unzeit, da sich Investoren noch mit der Rückkehr zu einem regional wieder stärker fragmentierten Fußabdruck arrangieren müssten.

Für Aufsehen hat Delivery Hero unlängst mit dem Kauf einer Beteiligung von 5,1% am britischen Wettbewerber Deliveroo gesorgt. Östberg begründet den Erwerb mit dem sehr niedrigen Aktienkurs nach dem IPO von Deliveroo und der attraktiven Bewertung. Die Berliner verfügen über einen Strauß an Minderheitsbeteiligungen (siehe Grafik). Die Investments hätten bereits zwei- und mitunter dreistellige Renditen gebracht, sagt Östberg. Ausschlaggebend für den Erwerb seien nicht allein finanzielle Motive, sondern stets auch strategische Elemente.

Das Segment Integrated Verticals, das vor allem das neue Geschäft mit der Auslieferung von Waren des täglichen Bedarfs umfasst, kommt inzwischen auf 236 Mill. Euro Quartalsumsatz und stellt damit 15% der Gesamterlöse. Hier arbeitet Delivery Hero mit lokalen Geschäften zusammen und baut eigene Lagerhäuser auf. Im zweiten Quartal kamen 84 Lager hinzu, weltweit gibt es 687. Die Quick Commerce genannte Auslieferung von Haushaltswaren und Lebensmitteln in weniger als einer Stunde oder sogar binnen zehn bis 15 Minuten gilt als wichtiger Wachstumsbereich. Der Aufbau erfordert hohe Investitionen und trägt wesentlich zu den operativen Verlusten bei.

Kommentar Seite 1

Delivery Hero
Konzernzahlen (pro forma)
6 Monate
in Mill. Euro20212020
Bestellungen (Mill.)1393760
Umsatz29021389
Bereinigtes Ebitda−332−324
 in % des Umsatzes− 2,1− 3,6
Bruttowarenvolumen161599055
Börsen-Zeitung