Im GesprächJens Amail, SNP

„Der Weg in die Cloud gibt uns massiv Rückenwind“

Das Software- und Beratungsunternehmen SNP will nach Jahren des Wachstums nun stärker auf Profitabilität setzen. Für Rückenwind sorgt dabei eine strategische Entscheidung des Softwareriesen SAP, berichtet CEO Jens Amail.

„Der Weg in die Cloud gibt uns massiv Rückenwind“

Im Gespräch: Jens Amail

„Der Weg in die Cloud gibt uns massiv Rückenwind“

Der SNP-Vorstandschef über den stärkeren Fokus auf Softwareumsätze und das neue dualistische Leitungssystem

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Die Heidelberger SNP Schneider-Neu­reither & Partner bezeichnet sich oft als „Data Transformation Company“. Im Moment durchläuft das Unternehmen selbst eine Transformation. Der Fokus soll vom Servicegeschäft stärker in Richtung Software schwenken, und auch in der Eigentümerstruktur hat sich seit dem Amtsantritt von CEO Jens Amail im Januar dieses Jahres einiges getan.

Der klare Fokus liegt darauf, die 1994 gegründete und seit 2000 börsennotierte SNP auf den Weg zur Profitabilität zu führen. „Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren beständig gewachsen, war aber wenig profitabel“, erklärt Amail. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahrs 2023 hat sich der operative Cashflow im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich verbessert: Nach minus 12,9 Mill. Euro im Vorjahr fällt das Minus mit 1,6 Mill Euro um einiges geringer aus.

Cloud-Migration treibt SNP

Dazu haben dem CEO zufolge unter anderem bessere Prozesse im Forderungsmanagement beigetragen. Und auch der Produktmix verschiebt sich: Der Anteil der Serviceumsätze lag in den ersten neun Monaten 2023, für die SNP Ende Oktober die vollständigen Zahlen vorgelegt hat, bei 68% des Umsatzes von insgesamt knapp 150 Mill. Euro, die Softwareumsätze steuerten 32% bei. Die Marge des operativen Ergebnisses (Ebit) am Umsatz verbesserte sich von 1,5% auf 5,5%. Amails Ziel ist es, die Marge in den kommenden Jahren um jeweils 1 bis 2 Prozentpunkte zu steigern. Zudem soll in den kommenden Jahren der Umsatzanteil des Softwaregeschäfts weiter steigen. „Das Softwaregeschäft ist deutlich margenstärker als das Servicegeschäft“, erklärt er. Sein Wunsch wäre ein Umsatzanteil von mindestens 50%.

Mehr Nachfrage erfährt SNP derzeit durch die strategische Entscheidung von SAP, künftig bei Innovationen voll auf die Cloud zu setzen. „Der Weg in die Cloud gibt uns massiv Rückenwind“, sagt Amail. SNP hat sich auf automatisierte Datenmigration und Datenmanagement im SAP-Umfeld spezialisiert, beide Themen treiben viele Unternehmen um. Zurzeit befassen sich Kunden der Walldorfer mit der Umstellung auf die Plattform S/4 Hana, zumal SAP die Wartung für Vorgängerangebote nach derzeitigem Stand nur bis Ende 2027 bereitstellt. „Derzeit lassen sich etwa 50% des Gesamtgeschäfts auf die S/4-Hana-Migration zurückführen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das S/4-Hana-Geschäft mehr als verdoppelt“, sagt Amail.

Das SNP-Management bringt selbst viel SAP-Expertise mit: Amail arbeitete mehr als 14 Jahre für SAP und war für die Walldorfer unter anderem in London, Schanghai und Kalifornien im Einsatz. Der in diesem Sommer angetretene SNP-CFO Andreas Röderer war ebenfalls 14 Jahre bei SAP und war unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung von SAP Deutschland. „Dieses Netzwerk bei SAP und den Kunden ist schon hilfreich“, sagt Amail.

Um KI sinnvoll einsetzen zu können, brauchen Unternehmen sehr viele Daten in sehr guter Qualität.

Jens Amail, SNP

Auch wenn der Großteil der Wechsel auf S/4 Hana bis 2027 vollzogen sein dürfte, setzt Amail auf Anschlussgeschäft und weiterführende Arbeiten über diese Deadline hinaus. „Es wird immer noch Veränderungen in Unternehmenslandschaften geben, etwa durch Carve-outs, Konsolidierungen von Systemen oder die Integration zugekaufter Unternehmen“, sagt der Manager.

Auch im zunehmenden Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) sieht der CEO Chancen. „Um KI sinnvoll einsetzen zu können, brauchen Unternehmen sehr viele Daten in sehr guter Qualität“, sagt Amail. Produkte für Datenintegration hat SNP im Portfolio. Und auch intern wollen die Heidelberger KI nutzen, insbesondere um repetitive Prozesse, beispielsweise bei Testläufen, stärker zu automatisieren und effizienter zu machen.

Um weiter zu wachsen, setzt SNP auch auf ein Partnernetzwerk. Kooperationen gibt es mit mehreren Dutzend Unternehmen, beispielsweise mit IBM oder Accenture. Amails Ziel ist es, ein „Ökosystem“ aufzubauen, bei dem es nicht nur um gemeinsame Kundenprojekte gehen soll. „Wir arbeiten mit Unternehmen aus dem Partnernetzwerk auch gemeinsam an Innovationen, da gibt es noch viel Potenzial“, glaubt Amail.

Neues Leitungssystem

Bei SNP mit ihren weltweit 1.400 Beschäftigten hat sich in den vergangenen Monaten auch intern viel verändert. Der Heidelberger Unternehmer Wolfgang Marguerre, Gründer des Pharmaunternehmens Octapharma, hält nach Abschluss eines öffentlichen Übernahmeangebots direkt und indirekt 63,8% der Aktien der SNP. Der Free Float hat sich dadurch auf rund 36% reduziert. Marguerre ist ein langjähriger Investor des Softwarehauses. Bis vor wenigen Monaten wurde es nach dem monistischen System geführt, dieses war noch stark auf den im November 2020 verstorbenen Gründer Andreas Schneider-Neureither ausgerichtet.

Wir werden Prozesse und Abläufe stärker standardisieren.

Jens Amail, SNP

Im September ist SNP auf Vorschlag Marguerres zu dem in Deutschland vorherrschenden dualistischen Leitungssystem mit Vorstand und Aufsichtsrat übergegangen. CEO Amail begrüßt diesen Schritt: „Ich fühle mich damit sehr wohl.“ Im operativen Geschäft lasse Großaktionär Marguerre dem Management freie Hand. „Für ihn ist es eine finanzielle Beteiligung.“ Die Geschäftsaussichten für das Gesamtjahr hat SNP Anfang Oktober angehoben. Der Auftragseingang wird voraussichtlich zwischen 220 Mill. und 240 Mill. Euro liegen, zuvor war ein Korridor von 210 Mill. bis 230 Mill. Euro angepeilt worden. Der Umsatz soll am oberen Ende der kommunizierten Spanne von 190 Mill. bis 200 Mill. Euro liegen, das Ebit wird im oberen Bereich der avisierten 5 Mill. bis 10 Mill. Euro oder etwas darüber liegen.

Nach mehreren Jahren mit diversen Managementwechseln soll unter dem runderneuerten Vorstandsteam nun Ruhe einkehren. „Wir werden Prozesse und Abläufe stärker standardisieren“, sagt Amail. Zudem gebe es nach wie vor Märkte, in denen SAP-Software weit verbreitet sei, SNP jedoch noch nicht stark vertreten sei. „In Brasilien haben wir gerade ein Büro eröffnet, Potenzial sehe ich noch in Frankreich oder den Niederlanden.“

Zur Person

Jens Amail ist seit Januar 2023 CEO des Softwareunternehmens SNP. Zuvor war er von 2008 an für SAP tätig, zuletzt verantwortete er als Executive Vice President und Chief Operating Officer die Region Greater China. Bei den Walldorfern war er unter anderem als Geschäftsführer für die Region UK & Ireland zuständig, war Leiter des Cloudgeschäfts in EMEA sowie globaler General Manager für Services Industries. Vor seinem Eintritt bei SAP arbeitete der gebürtige Mannheimer über zehn Jahre für den Siemens-Konzern, auch in den USA. Amail hat einen MBA in Computer Science und Business Administration sowie einen Doktortitel für Wirtschaftswissenschaften. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Das Software- und Beratungsunternehmen SNP will nach Jahren des Wachstums nun stärker auf Profitabilität setzen. Den Umsatzanteil des margenstarken Softwaregeschäfts will Vorstandschef Jens Amail dafür deutlich ausbauen. Für Rückenwind sorgt eine strategische Entscheidung des Softwareriesen SAP, berichtet er.