Medienbranche

Gutschein-Affäre belastet ProSiebenSat.1

Der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media verschreckt die Anleger mit einer Reihe von schlechten Nachrichten. Die Aktie des MDax-Mitglieds brach um fast ein Fünftel ein.

Gutschein-Affäre belastet ProSiebenSat.1

Gutschein-Affäre setzt ProSiebenSat.1 zu

Staatsanwaltschaft ermittelt – Konzern kürzt Dividende deutlich wegen hoher Verschuldung – Aktie stürzt um 17 Prozent ab

sck München

Die Gutschein-Affäre bei den beiden Konzerntöchtern Jochen Schweizer und Mydays belastet ProSiebenSat.1 Media. Gleich zu Beginn seiner aufgrund der Causa um fast zwei Monate verschobenen Bilanzvorlage räumte der neue Vorstandschef der Sendergruppe, Bert Habets, ein, dass die Aufklärung des Sachverhalts das Unternehmen sehr beanspruche. Das führte dazu, dass das MDax-Mitglied den Jahresabschluss 2022 erst am letzten Börsenhandelstag im April veröffentlichen konnte. Mit diesem Schritt verhinderte die Geschäftsleitung wegen der strengen Veröffentlichungsfristen einen zeitweiligen Rauswurf aus dem Index kurz vor Toresschluss.

Der Abschlussprüfer Ernst & Young unterzeichnete das Testat für das Zahlenwerk von ProSiebenSat.1 erst am 27. April, also einen Tag vor dem Termin der Bekanntgabe der Bilanz. Der Vorstand setzte das Datum erst zwei Tage vorher an. Das weist darauf hin, dass bei ProSiebenSat.1 Hektik herrschte. In ihrem Abschlussvermerk geht Ernst & Young auf die Gutschein-Affäre ein. Ernst & Young steht aufgrund eigener Fehlleistungen beim Betrugsskandal um Wirecard erheblich unter Druck.

Ende Februar meldete ProSiebenSat.1 ad hoc, dass sich die Veröffentlichung der Bilanz aufgrund der Gutschein-Causa verzögere. Nach Habets‘ Angaben, die das Unternehmen auch im Geschäftsbericht unter dem Punkt Eventualverbindlichkeiten aufführt, hat das Gutscheingeschäft von Jochen Schweizer und Mydays auf Basis einer externen Prüfung „in Teilen“ gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz verstoßen. Daraufhin hätten die beiden Töchter ihr Produktangebot „anpassen“ müssen. Das Unternehmen verwies auf ein Schreiben der Finanzaufsicht BaFin. „Jochen Schweizer und Mydays stimmen derzeit die Modalitäten der Abwicklung der betroffenen Gutscheinprodukte mit der BaFin ab“, heißt es im Geschäftsbericht. Die Staatsanwaltschaft München I schaltete sich ein. Die Strafermittler prüften den „Anfangsverdacht möglicher Straftaten“. ProSiebenSat.1 warnte, dass die „möglichen finanziellen Belastungen“ für den Konzern wegen der behördlichen Untersuchungen „erheblich“ sein könnten. Nach Unternehmensangaben machen beide Tochtereinheiten nur einen Bruchteil des Konzerngeschäfts aus.

In einer gesonderten Meldung teilte die Sendergruppe mit, den Finanzvorstand kurzfristig ausgetauscht zu haben. Bei dem Wechsel dürfte vermutlich die Gutschein-Affäre eine Rolle gespielt haben.

Am Freitag gehörte die Aktie von ProSiebenSat.1 zu den großen Verlierern an der Börse. Der Titel brach auf Xetra zeitweise um 19% auf 7,92 Euro ein und schloss 16,9% schwächer mit 8,12 Euro. Neben der Gutschein-Affäre sorgten eine drastisch gekürzte Dividende und ein verhaltener Ausblick dafür, dass die Anleger dem Papier den Rücken kehrten.

Verschuldung reißt Vorgaben

Unter der Regie von Habets, der erst seit sechs Monaten an der Konzernspitze steht, streicht ProSiebenSat.1 die Dividende deutlich zusammen. Das Unternehmen schlägt vor, für 2022 nur noch 5 Euro-Cent je Aktie zu zahlen. Die Dividendensumme von 11 Mill. Euro entspräche einer Ausschüttungsquote von 4% auf Basis des um Sondereffekte bereinigten (angepassten) Konzernüberschusses. Damit würde ProSiebenSat.1 die gesetzliche Mindestdividende erfüllen. Im vergangenen Jahr zahlte die Firma 0,80 Euro je Aktie für 2021. Die Dividendensumme von 181 Mill. Euro machte seinerzeit die Hälfte des angepassten Nettogewinns aus. Der CEO kündigte an, die Dividendenpolitik herunterzufahren. Statt einer Ausschüttungsquote von 50% stellt die Verwaltung künftig nur noch 25 bis 50% in Aussicht. Vorstand und Aufsichtsrat begründeten ihren Schritt mit dem schwierigen konjunkturellen Umfeld und der hohen Verschuldung. „Dieser reduzierte Vorschlag berücksichtigt insbesondere, dass  (…) der Verschuldungsgrad des Konzerns zum Ende des Geschäftsjahres 2023 über dem oberen Ende des angestrebten Zielkorridors liegen wird“. Der Konzern strebt einen Verschuldungsgrad (Verhältnis der Netto-Finanzverbindlichkeiten um angepassten operativen Ergebnis Ebitda) von 1,5x bis 2,5x an. Ende 2023 könnten diese Schulden das 3-Fache des Ebitda betragen.

ProSiebenSat.1 hat die Anleger mit einer Reihe von schlechten Nachrichten schockiert. Die Aktie der Sendergruppe stürzte zeitweise um 19% ab. An der Börse sorgte die drastisch gekürzte Dividende für Aufsehen. Zugleich könnte die Gutschein-Affäre das Unternehmen erheblich finanziell belasten.