IM BLICKFELD

Im Markt für Stromspeicher ist noch Platz für Autokonzerne

Von Isabel Gomez, Stuttgart Börsen-Zeitung, 10.11.2016 Die Energiebranche hat im Juni auf der Messe Intersolar in München nicht schlecht gestaunt. Da stand ein stationärer Stromspeicher für Haushalte, auf dessen Oberfläche ein dicker Mercedes-Stern...

Im Markt für Stromspeicher ist noch Platz für Autokonzerne

Von Isabel Gomez, StuttgartDie Energiebranche hat im Juni auf der Messe Intersolar in München nicht schlecht gestaunt. Da stand ein stationärer Stromspeicher für Haushalte, auf dessen Oberfläche ein dicker Mercedes-Stern prangte. Das, konstatierten Teilnehmer im Nachgang, sei das Zeichen, dass neue Hersteller im Markt angekommen sind.Stromspeicher für zu Hause gibt es seit 2010. Sie waren eine nette Spielerei für technisch Interessierte, für die geringere Stromkosten zweitrangig waren. Doch das hat sich geändert. Seit 2013 fördert die KfW den Kauf von stationären Speichern für Haushalte, zugleich sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte zum industriellen Einsatz größerer Speicher gestartet. Sie sollen bei der zunehmenden Versorgung durch erneuerbare Energien Lastspitzen abdecken. Doch laut der RWTH Aachen ist nur rund die Hälfte der installierten Anlagen gefördert.Der Hauptgrund für das Wachstum sind gesunkene Kosten für Batterien bei gleichzeitig gestiegener Speicherkapazität. Eine Solaranlage plus Speicher bringt heute in vielen Fällen eine echte finanzielle Entlastung gegenüber dem konventionellen Strombezug. Dem Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) zufolge ist der Preis für Solarstromspeicher auf Basis der heute standardmäßig verbauten Lithium-Ionen-Batterien bis zu einer Kapazität von 10 Kilowattstunden seit Anfang 2014 um etwa ein Drittel gesunken. Ungefähr jede dritte private Solaranlage werde mittlerweile mit Speicher errichtet. Dem Marktforschungsinstitut EUPD zufolge haben im ersten Halbjahr 2016 etwa 60 Firmen in Deutschland Speicher angeboten. Bis Ende des Jahres sollen bis zu 25 000 von ihnen installiert sein, was einem Anstieg um 40 % gegenüber dem Vorjahr entspräche. Der BEE schätzt den künftigen Markt für stationäre Speicher als “sehr positiv” ein.Das sehen auch deutsche Autokonzerne so und drängen in den Markt. Dort wollen sie Batterieherstellern wie Varta und Sonnenbatterie oder Solarunternehmen wie SMA und Solarworld Anteile abluchsen. Zudem gehören die Speicher auch beim US-Konzern Tesla seit 2015 zur Strategie, ebenso bei Toyota, Nissan oder General Motors. Sie alle betätigen sich in unterschiedlichen Umfängen im Speichergeschäft.2016 ist auch Daimler eingestiegen. Seit April vertreibt der Konzern mit SMA und dem Energiekonzern EnBW Speicher an Privatkunden. Im Juni wurde das Geschäft in die Mercedes-Benz Energy ausgelagert, die auch Akkus für Industriekunden entwickelt und vertreibt. “Wir fertigen unsere Batterien selbst mit höchsten technologischen Standards. Sie sind hochwertig und sicher. Wir sehen es daher als sinnvolle Ergänzung unseres Portfolios, auf dieser Basis auch Energiespeicher anzubieten”, erläutert eine Daimler-Sprecherin.Neben dem Batteriebau für die eigenen Elektrofahrzeuge baut Daimler auf zwei Säulen: stationäre Speicher für Haushalte und die Industrie, die mit neuen Batterien bestückt werden, sowie Großspeicher aus gebrauchten Batterien, sogenannte Second-Use-Speicher, die Schwankungen im Stromnetz ausgleichen und deren Strom über die Börse vermarktet wird. Laut BEE könnten alte Lithium-Ionen-Akkus bis 2025 so viel Strom spenden wie die Hälfte aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke.Daimler betreibt gemeinsam mit den Energiedienstleistern Mobility House und Getec einen solchen Second-Use-Speicher. Er hat eine Kapazität von 13 Megawattstunden und steht in Lünen auf dem Gelände des Recyclingkonzerns Remondis. Der Speicher besteht aus 1 000 alten Smart-Batterien, deren Leistung unter 80 % gesunken ist. Damit sind sie für den Einsatz im Auto nicht mehr geeignet, als Speichermedium aber noch zu gebrauchen. In zehn Jahren, am Ende ihres zweiten Lebens, wird Remondis sie zerlegen und recyceln.Der Vertrieb der Speicher eröffnet nicht nur neue Erlöschancen, schließlich kann eine Batterie – ob aus einem Haushaltsspeicher oder einem Elektroauto – dadurch quasi zwei Mal verkauft werden. Solange jährlich mehr Energiespeicher als E-Autos verkauft werden, können die Konzerne dadurch die Auslastung ihrer eigenen Batteriefabriken sichern.Daher setzt auch BMW auf diesen Zweig. Gemeinsam mit Bosch und Vattenfall betreibt der Konzern zwei Second-Use-Speicher in Hamburg. Auch der Einstieg in den Vertrieb an Privathaushalte ist geplant. “Wir wollen uns in diesem Bereich entlang der gesamten Wertschöpfungskette positionieren, dazu gehören auch die Herstellung und der Vertrieb von stationären Speichern”, so ein Sprecher. Wann die ersten Heimspeicher mit blau-weißem BMW-Emblem auf den Markt kommen, stehe jedoch noch nicht fest.Ob die Konzerne mit den Speichern schon Geld verdienen, darüber schweigen sie sich aus. Aber: “Wir machen das nicht, um grüner auszusehen, und sehen den Bereich natürlich als Erlösquelle”, so die Daimler-Sprecherin. Das Interesse an Mercedes-Speichern sei immerhin so groß, dass der internationale Vertrieb ausgebaut werde. Etwa, wie kürzlich angekündigt, ab 2017 in den USA über die dort gegründete Tochter Mercedes-Benz Energy Americas. Als nächste Regionen seien der Mittlere Osten und Südafrika vorgesehen.