JAHRESCHRONIK - UNTERNEHMEN UND BRANCHEN

Januar bis Juni

JANUAR Die niedrigen Zinsen lassen viele Unternehmen 2020 an den Bondmarkt pilgern. Am 9.1. macht Eon den Anfang mit drei Unternehmensanleihen im Gesamtvolumen von 2,25 Mrd. Euro. Im Mai werden weitere 2 Mrd. Euro aufgenommen, um den Squeeze-out bei...

Januar bis Juni

JANUARDie niedrigen Zinsen lassen viele Unternehmen 2020 an den Bondmarkt pilgern. Am 9.1. macht Eon den Anfang mit drei Unternehmensanleihen im Gesamtvolumen von 2,25 Mrd. Euro. Im Mai werden weitere 2 Mrd. Euro aufgenommen, um den Squeeze-out bei Innogy zu finanzieren. Bis Mitte Dezember werden Eurobonds im Volumen von knapp 500 Mrd. Euro begeben – ein Höchstwert. Der Ferienflieger Condor findet am 24.1. vier Monate nach Eintritt in das Schutzschirmverfahren einen rettenden Landeplatz. PGL, die staatlich kontrollierte Muttergesellschaft der polnischen Lot, will Condor übernehmen. Für die Autokonzerne nimmt die Krise Ende Januar ihren Anfang. Am 30.1. verlängert Volkswagen wegen der Epidemie ihre Werksferien in den chinesischen Fabriken. Am 31.1. zieht BMW nach, am 3.2. auch Daimler.FEBRUAR Kurz nach der Autoindustrie müssen auch andere Branchen reagieren – darunter die Sportartikelhersteller. Adidas und Nike kündigen am 5.2. an, ihre Läden in China vorübergehend zu schließen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass später Absagen von Sportevents wie der Olympiade in Tokio in Serie anstehen. Für Private Equity ist das Jahr finanziell derweil sowohl vor als auch während der Krise ein starkes. Am 10.2. verkauft beispielsweise KKR die Deutsche Glasfaser an den Finanzinvestor EQT und den kanadischen Pensionsfonds Omer zu einer Bewertung von 2,8 Mrd. Euro. Investiert hatte KKR viereinhalb Jahre zuvor nur rund 450 Mill. Euro. Auch für Tui war im Februar die Welt noch in Ordnung. Der Januar sei der mit Abstand beste Buchungsmonat der Firmengeschichte gewesen, erklärt der Reiseveranstalter am 11.2. Wenige Wochen später ist der Aufschwung Makulatur. Die Corona-Pandemie lässt die Buchungszahlen ins Bodenlose fallen. Die Deutsche Telekom erhält am 21.2. bessere Konditionen in der milliardenschweren Fusion ihrer Tochter T-Mobile US mit Konkurrent Sprint. Der Dax-Konzern hält nun 43 % am fusionierten Unternehmen. Die starke Entwicklung der T-Mobile-Aktie beschert der Telekom Kursgewinne in Milliardenhöhe. Einen milliardenschweren Deal bringt am 28.2. auch Thyssenkrupp unter Dach und Fach. Die Aufzugssparte wird für 17,2 Mrd. Euro verkauft an ein Konsortium um den Finanzinvestor Advent, der sich gegen Blackstone und Kone durchsetzt. Abgeschlossen wird der Deal am 31.7. Eine Lösung für die angeschlagene Stahlsparte sucht das Unternehmen derweil noch immer.MÄRZ Am 9.3. erleidet der Dax den höchsten Tagesverlust seit den Anschlägen vom 11. September. Die Krise der Autobauer verschärft sich. Daimler und Volkswagen verkünden am 17.3., vier Tage nach Beginn der bundesweiten Schulschließungen, einen zweiwöchigen Produktionsstopp in Europa, der später zeitlich und regional ausgeweitet wird. BMW folgt einen Tag später mit der Ankündigung eines vierwöchigen Produktionsstopps in den europäischen Werken. Das zieht einen Rattenschwanz nach sich. Einige Zulieferer, die aufgrund der pandemischen Lage noch nicht ihre Produktion niederlegen mussten, sind nun ebenfalls zur Fertigungspause gezwungen. Millionen Angestellte gehen in Kurzarbeit. Aufgrund des Produktionsstopps werden die oft erst wenige Wochen alten Prognosen für das Gesamtjahr kassiert.APRILAm 1.4. flüchtet sich Galeria Karstadt Kaufhof in ein Schutzschirmverfahren. Infineon erhält am 7.4. die letzte behördliche Genehmigung und kann die Übernahme des US-Chipspezialisten Cypress für 9 Mrd. Dollar durchziehen. Am 8.4. wird der Tui ein erster 1,8 Mrd. Euro schwerer KfW-Hilfskredit bewilligt. Bis zum Jahresende muss der Reisevermittler den Staat noch zweimal anpumpen. Insgesamt gibt es Hilfen in Höhe von 4,8 Mrd. Euro. Am 13.4. platzt die Condor-Übernahme durch die polnische Lot infolge der Turbulenzen im Luftverkehr. Abgebrochen wird am 21.4. auch das Experiment einer Doppelspitze bei SAP. Die Amerikanerin Jennifer Morgan verlässt den Softwarekonzern, und Christian Klein wird alleiniger CEO. Am 28.4. hält Bayer als erster Dax-Konzern eine virtuelle Hauptversammlung ab. Am 29.4. beginnen Biontech und Partner Pfizer die ersten Tests ihres Impfstoffs gegen das Coronavirus am Menschen.MAIEine Kultmarke geht an einen Finanzinvestor: Coty verkauft am 11.5. die Mehrheit der Haarpflegemarke Wella an KKR. Die Aktivitäten werden mit 4,3 Mrd. Dollar bewertet. Der von der deutschen Milliardärsfamilie Reimann kontrollierte US-Konzern bleibt mit 40 % an Bord. Am 19.5. beteiligt Covestro die Anleger an den Kosten der Krise. Die Dividende wird zur Liquiditätssicherung halbiert. Ähnliche Schritte nehmen viele Unternehmen vor, aber längst nicht alle. Der Autozulieferer Continental etwa schüttet statt 4 Euro lediglich 3 Euro je Aktie aus. Daimler zahlt derweil die Anfang des Jahres bereits gesenkte Dividende von 90 Cent je Aktie voll aus.JUNI BMW und Daimler verkünden am 19.6. das Ende ihrer Entwicklungskooperation zum autonomen Fahren, ehe diese richtig begonnen hat. Am 22.6. gibt die Daimler-Tochter Mercedes-Benz eine strategische Allianz mit Nvidia bekannt. Der US-Chipproduzent, der bereits das Infotainment-System MBUX mitentwickelt hat, soll den Autobauer beim Betriebssystem MB.OS ebenso unterstützen wie bei der Weiterentwicklung autonomer Fahreigenschaften. Für Lufthansa markiert der 22.6. nach mehr als 30 Jahren das Ende der Zugehörigkeit zum Dax. Für die Fluglinie rückt der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen nach. Bayer gelingt am 24.6. scheinbar der Befreiungsschlag in den USA. Für rund 11 Mrd. Dollar wird ein Vergleich geschlossen, der die Monsanto-Schadenersatzklagen aus dem Weg räumen soll. In der Folge machen US-Gerichte dem Bayer-Plan, das Thema zu den Akten zu legen, immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Ein am 21.8. verkündeter Vergleich zu dem Verhütungsmittel Essure kostet Bayer weitere 1,6 Mrd. Dollar. Zwar spült der am 3.8. abgeschlossene Verkauf der Tiermedizin-Sparte an Elanco 6,9 Mrd. Dollar in die Kasse. Bei der Vereinbarung im Vorjahr war allerdings aufgrund einer höheren Bewertung der Elanco-Aktien noch mit mehr gerechnet worden.