Jahresbilanz

Kartellamt verhängt kaum Bußgelder

Ein neuer Negativrekord: 2023 hat das Bundeskartellamt nur 2,8 Mill. Euro Bußgelder wegen verbotener Kartellabsprachen verhängt. Doch die Behörde beschwichtigt: Die Corona-Delle ist endgültig überwunden.

Kartellamt verhängt kaum Bußgelder

Schwache Bußgeld-Bilanz

Kartellamt verhängt nur 2,8 Mill. Euro Strafen – Digitalwirtschaft bleibt Schwerpunkt

ab Düsseldorf

Ein neuer Negativrekord: Das Bundeskartellamt hat im zu Ende gehenden Jahr lediglich Bußgelder in Höhe von 2,8 Mill. Euro verhängt. Das entspricht gut einem Zehntel der im Vorjahr ergangenen Bußgeldbescheide, und dieser Wert war bereits der niedrigste seit 16 Jahren. Doch Kartellamtschef Andreas Mundt beschwichtigt im Jahresrückblick der Behörde: „Die Kartellverfolgung bleibt effektiv.“

Der niedrige Wert sei auf Nachwirkungen der Pandemie zurückzuführen. Diese hatte die Kartellverfolgung sichtlich erschwert. Inzwischen sei „die Corona-Delle jedoch überwunden“. Das belege „eine beachtliche Zahl an neuen Hinweisen von Kronzeugen und sonstigen Informanten“, führt Mundt aus.

Wie im Vorjahr führte die Bonner Behörde 2023 zwölf Durchsuchungen durch. Mehrere große Fälle würden bald abgeschlossen, kündigt der Kartellamtspräsident an. Zudem informierten 14 Unternehmen unter Nutzung der Kronzeugenregel über Verstöße in ihrer Branche. „Viele wertvolle Hinweise erhalten wir auch über die seit Mitte des Jahres eingerichtete Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz“, ergänzt Mundt.

Als eine der schwierigsten Aufgaben hat sich die Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen entpuppt, welche die Wettbewerbshüter seit Beginn des Jahres ausüben. Bislang seien Prüfverfahren gegen 57 Versorger (Gas, Strom, Wärme) eingeleitet worden, heißt es.

Dem Kartellamt obliegt es, sicherzustellen, dass die Versorger keine überhöhten Preise aufrufen. Aus der „großen Masse“ von Entlastungsanträgen pickt sich die Behörde jene mit auffälligen Sachverhalten heraus.

Fokus Energiepreisbremse

Bislang habe die Behörde Anträge im Volumen von 2 Mrd. Euro erfasst. Gemessen an den beantragten Entlastungsbeträgen werden nach den Angaben bei Gas- und Fernwärme 15% der Entlastungsbeträge geprüft, bei Strom ist es sogar ein Fünftel. Allerdings weist das Kartellamt auch darauf hin, dass die endgültige Beurteilung erst nach dem Auslaufen der Energiepreisbremsen vom kommenden Jahr an möglich sein wird.

Im Rahmen der Fusionskontrolle hat das Kartellamt im zu Ende gehenden Jahr knapp 800 Fusionen geprüft. Davon landeten sieben Zusammenschlussvorhaben in der vertieften Prüfung. Unter Auflagen wurde die Übernahme von Teilen des Molkereigeschäfts von Royal Friesland Campina durch Theo Müller genehmigt, ebenso eine Übernahme in der Entsorgungsbranche. Vier Fusionen wurden freigegeben, eine Prüfung läuft noch.

Mehr Kontrollmöglichkeiten für Verbraucher

Einen Schwerpunkt in der Arbeit der Wettbewerbshüter bietet unverändert die Digitalwirtschaft. Dank der erweiterten Missbrauchsaufsicht sei es gelungen, dem Verbraucher bessere Kontrollmöglichkeiten über seine Daten bei Google-Diensten oder bei der Nutzung der VR-Brillen von Meta an die Hand zu geben.

„Viele weitere Verfahren gegen die großen Digitalkonzerne laufen und sind zum Teil weit fortgeschritten“, sagt Mundt. Im Rahmen der klassischen Missbrauchsaufsicht sei auch ein Verfahren gegen PayPal wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Wettbewerbs eingeleitet worden.

Doch auch gegen Deutsche Bahn und Deutsche Post zog das Kartellamt 2023 ins Feld. Gegen die Aufforderung an die Bahn, Verkehrsdaten für Mobilitätsplattformen freizugeben und andere wettbewerbsbehindernde Verhaltensweisen zu ändern, legte der Staatskonzern Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.

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