Aluminiumindustrie

Metallhütten stehen vor dem Aus

Hohe Energiepreise machen der Aluminiumindustrie zu schaffen. Branchenexperten erwarten das Aus für viele Betriebe in dem Markt.

Metallhütten stehen vor dem Aus

Bloomberg Frankfurt

In der Aluminiumindustrie ist die Schließung einer Hütte eine schwierige Entscheidung. Sobald die Stromzufuhr unterbrochen ist und die Produktionsanlagen auf Raumtemperatur abgekühlt sind, kann es viele Monate und zig Millionen Euro kosten, sie wieder in Betrieb zu nehmen.

Dennoch bereitet sich Norsk Hydro diesen Monat darauf vor, genau das in einem riesigen Werk in der Slowakei zu tun. Die europäische Aluminiumproduktion ist auf den niedrigsten Stand seit den 1970er Jahren gesunken. Mit der sich verschärfenden Energiekrise rechnen Branchenkenner mit einem Massensterben in weiten Teilen der Branche.

Die Erklärung liegt im Stromverbrauch. Das zur Herstellung verwandte Verfahren der Schmelz-Elektrolyse ist sehr energieintensiv. Für eine Tonne Aluminium werden etwa 15 Megawattstunden Strom benötigt, genug, um fünf Haushalte in Deutschland ein Jahr lang zu versorgen. Einige Hütten sind durch staatliche Subventionen, langfristige Stromverträge oder den Zugang zu eigener erneuerbarer Energie ge­schützt. Der Rest aber steht vor einer ungewissen Zukunft.

„Die Geschichte hat bewiesen, dass Aluminiumhütten, wenn sie einmal weg sind, nicht mehr zurück­kommen”, sagte Markus Hansen, Ge­schäftsführer des Metallhandelshauses Concord Resources Ltd. Dies habe nicht nur Auswirkungen auf die Beschäftigung, schließlich gehe es um ein wichtiges Grundmetall, das für die Herstellung von Flugzeugen, Waffen, Transportmitteln und Maschinen verwendet wird.

Angesichts des Produktionsrückgangs sind Hunderte von europäischen Herstellern, die Aluminium zu Teilen für deutsche Autos oder französische Flugzeuge verarbeiten, zu­nehmend auf Importe angewiesen, die teurer werden könnten. Einige Käufer versuchen auch, Metall aus Russland zu vermeiden, das normalerweise ein wichtiger Lieferant für Europa ist. Die Industrie fordert staatliche Unterstützung zum Überleben. Maßnahmen wie feste Preisobergrenzen, um stromhungrige Kraftwerke am Laufen zu halten, könnten schwer zu rechtfertigen sein, während die Verbraucher mit steigenden Stromrechnungen konfrontiert sind – und Rationierung und Stromausfall droht.

Auch Dünger gefährdet

Die Probleme des Aluminiumsektors sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, was sich in Europas energieintensiven Industrien abspielt: Überall auf dem Kontinent schließen auch Düngemittelhersteller, Zementwerke, Stahlwerke und Zinkhütten, um die horrenden Preise für Gas und Strom nicht zahlen zu müssen. Am besorgniserregendsten für das verarbeitende Gewerbe der Region ist, dass es womöglich nicht bei einer einfachen Schließung über den Winter bleibt. Die Strompreise für 2024 und 2025 sind ebenfalls in die Höhe geschnellt und bedrohen die langfristige Überlebensfähigkeit.

Bei den aktuellen Marktpreisen würde sich die jährliche Stromrechnung für die Slovalco-Hütte auf rund 2 Mrd. Euro belaufen, so der Vorstandschef Milan Vesely. Slovalco beschloss die Stilllegung des Werks, weil die Energiepreise in die Höhe geschnellt sind und es keine Emissionsausgleichszahlungen gibt, die für Hüttenwerke in anderen Ländern der Union zur Verfügung stehen.

Die Wiederinbetriebnahme des Werks – die bis zu einem Jahr dauern könnte – wird nur durch eine Kombination aus billigerem Strom, einem starken Anstieg der Aluminiumpreise und zusätzlicher staatlicher Unterstützung möglich sein, sagte Vesely diese Woche in einem Interview am Standort. „Dies ist eine echte Existenzkrise”, sagte Paul Voss, Generaldirektor von European Aluminium, der die größten Hersteller und Verarbeiter der Region vertritt. „Wir müssen wirklich schnell eine Lösung finden, sonst gibt es nichts mehr zu reparieren.” In Verbindung mit den Einfuhrzöllen, für deren Einführung Europas angeschlagene Produzenten hart gekämpft haben, könnten die steigenden Energiekosten dazu führen, dass die verarbeitende Industrie einen immer höheren Aufschlag auf die internationalen Preise zahlen muss, um ihre Versorgung zu sichern – ein weiterer Schlag für die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der globalen Industriewirtschaft. Hersteller anderer Metalle wie Zink und Kupfer sind ebenfalls stark betroffen. Die riesigen Mengen an Strom, die für die Herstellung von Aluminium benötigt werden, haben diesen Sektor besonders unrentabel gemacht.