Fleischbranche

Neue Spekulationen um Verkauf von Tönnies

Die Spekulationen um einen Milliardendeal in der deutschen Fleischbranche haben neue Nahrung erhalten. Die Familie Tönnies erwägt angeblich den Verkauf des größten deutschen Schlachthofunternehmens, heißt es.

Neue Spekulationen um Verkauf von Tönnies

ak Köln

Die Spekulationen um einen Milliardendeal in der deutschen Fleischbranche haben neue Nahrung erhalten. Die Familie Tönnies erwägt angeblich den Verkauf des größten deutschen Schlachthofunternehmens. Der Konzern könnte mit bis zu 4 Mrd. Euro bewertet werden, schreibt Bloomberg. Zwei Interessenten seien an Tönnies dran, die Eigentümer führten derzeit erste Gespräche mit beiden potenziellen Bietern, berichtet die Nachrichtenagentur mit Verweis auf ungenannte Quellen. Über ein Interesse von JBS, dem größten Fleischproduzenten der Welt, war schon im Frühjahr spekuliert worden. Auch ein namentlich nicht genannter asiatischer Bieter soll im Rennen sein. Noch im Sommer könnten die nächsten Schritte eingeleitet werden.

Tönnies nimmt zu den Gerüchten nicht Stellung. In einem Brief an die Mitarbeiter im März, aus dem das „Manager Magazin“ zitiert hatte, hatten die Eigner die Spekulationen über einen Verkauf thematisiert, aber nicht eindeutig dementiert.

Eine Veräußerung des Familienkonzerns könnte einer halb öffentlich ausgetragenen Fehde den Boden entziehen. Clemens Tönnies, der schillernde und streitbare „Wurstkönig“, der das Unternehmen seit 27 Jahren führt, und sein Neffe Robert gelten als zerstritten. Beide halten jeweils etwa die Hälfte der Anteile.

Laut Bloomberg hatten die Besitzer Anfang des Jahres begonnen, Verkaufsoptionen für den Konzern auszuloten, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert. Tönnies hatte sich hierfür an eine kleine Gruppe von Unternehmen aus der Branche gewandt, darunter JBS, Tyson Foods und die WH-Gruppe Ltd., das chinesische Unternehmen, welches 2013 Smithfield Foods gekauft hatte.

Die im westfälischen Rheda-Wiedenbrück ansässige Tönnies-Holding verzeichnete 2020 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 7,05 Mrd. Euro. International befindet sich der Konzern auf Expansionskurs und ist Großbritannien, Frankreich, Spanien, Dänemark und Polen aktiv. In Deutschland bezeichnet sich Tönnies als Marktführer bei Bio-Fleisch und hat mit „Vevia“ und „Gutfried veggie“ auch zunehmend vegetarische Produkte im Angebot.

Viel stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit drang jedoch der Corona-Ausbruch im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück vor einem Jahr, als sich fast 1500 Beschäftigte infiziert hatten. Das Werk musste vorübergehend schließen. Außerdem wurden die problematischen Arbeitsbedingungen und die Praxis ausbeuterischer Werkverträge mit Beschäftigten, die überwiegend aus Osteuropa kommen, thematisiert.

Clemens Tönnies selbst ist hochumstritten. Nach dem Corona-Ausbruch in seinem Werk trat er als Aufsichtsratschef von Schalke 04 zurück. Seine Ablösung war schon von vielen ein Jahr zuvor gefordert worden, nachdem er einen Vortrag in Paderborn mit als rassistisch kritisierten Aussagen gehalten hatte. Laut einem Bericht aus dem vergangenen Jahr hat sich Clemens Tönnies auch über Jahre Forderungen des Miteigentümers Robert Tönnies widersetzt, auf Werkverträge zu verzichten und für mehr Tierwohl zu sorgen.