Pharmaindustrie

Nierenmedikament schürt Zweifel bei FMC-Anlegern

Ein Studienerfolg von Novo Nordisk bei einem Nierenmedikament hat die Anleger von FMC und der Mutter Fresenius in die Flucht geschlagen. Sie fürchten fallende Patientenzahlen. FMC hält dagegen.

Nierenmedikament schürt Zweifel bei FMC-Anlegern

Nierenmedikament schürt Zweifel bei FMC-Anlegern

Novo Nordisk erzielt Studienerfolg mit Ozempic – Mögliche Behandlungsalternativen belasten Dialysekonzern schwer – Aktie bricht ein

Ein Studienerfolg von Novo Nordisk bei einem Nierenmedikament hat die Anleger von FMC und der Mutter Fresenius in die Flucht geschlagen. Sie fürchten fallende Patientenzahlen in der Dialyse. FMC hält dagegen und verweist auf mögliche positive Effekte wie eine längere Lebenserwartung der Patienten.

hei Frankfurt

Ein unerwartet schneller und deutlicher Studienerfolg bei einem Nierenmedikament des dänischen Pharmaherstellers Novo Nordisk hat die Investoren von Fresenius und insbesondere der Tochter Fresenius Medical Care (FMC) in die Flucht geschlagen. Die Titel des Dax-Konzerns stürzten um bis zu 13% ab, die Papiere der im MDax notierten FMC brachen in der Spitze um fast ein Viertel ein. Novo Nordisk hatte die Wirkung ihres Blockbusters Ozempic auf das Fortschreiten von chronischen Nierenerkrankungen mit der 2019 gestarteten Studie untersucht, die nun wegen erwiesener Wirksamkeit fast ein Jahr früher als gedacht beendet wurde. Das Medikament wird in einem Fertigpen angeboten und unter die Haut gespritzt – zur Behandlung von Diabetes ist es bereits seit einigen Jahren zugelassen.

Nach Ansicht von Experten unterstreicht die Studie die Effektivität der entsprechenden Wirkstoffklasse. Derartige Antidiabetika seien wirksam gegen eine ganze Reihe von Erkrankungen, heißt es. Die Daten dürften die Bedeutung von Ozempic am Medikamentenmarkt weiter erhöhen. Entsprechend wächst die Befürchtung, dass das Geschäft von FMC schon bald durch medikamentöse Therapien von Nierenerkrankungen belastet werden könnte.

Das Unternehmen spielt diese Gefahren bisher herunter. Der Konzern geht davon aus, dass eine medikamentöse Therapie, die die Notwendigkeit einer Dialysebehandlung verzögert, sich auf der anderen Seite sogar positiv für FMC auswirken kann, weil die Lebenserwartung der
Patienten dann voraussichtlich steigt.
DZ-Bank-Analyst Sven Kürten geht dennoch davon aus, dass „eine längerfristige Unsicherheit“ die FMC-Aktie belasten könnte, und nimmt einen deutlichen Risikoabschlag auf den Discounted-Cashflow-Wert von bisher 45 Euro vor. Daraus ergebe sich für das Papier nun ein Fair Value von 36 (46) Euro.

FMC ist der weltweit größte Anbieter von Dialysetherapien mit einem Jahresumsatz von zuletzt 19,4 Mrd. Euro. Davon entfielen rund 70% auf Nordamerika. Der US-Anteil im Kerngeschäft lag sogar bei 81%. Aufgrund eines Ertragseinbruchs – operativ hatte der Konzern 2022 ein Viertel weniger verdient als im Vorjahr – unterzieht sich FMC derzeit einer finanziellen Rosskur. Bis 2025 sollen die Kosten nachhaltig um 650 Mill. Euro gesenkt werden, zugleich wird eine operative Marge in einer relativ breiten Spanne von 10 bis 14% avisiert. Im vergangenen Jahr war ohne Sondereffekte eine Rendite von 7,9% gezeigt worden. Nach sechs Monaten hatte sich FMC zuletzt zuversichtlich gezeigt. Denn der Umsatz kam schneller voran als erwartet und die Kostensenkungen greifen, so dass schon 2023 rund 250 bis 300 Mill. Euro an Ersparnissen absehbar seien. Die positive Entwicklung gab der Aktie Auftrieb. Sie hatte seit Jahresbeginn rund 30% zugelegt.

Die Zuversicht der Investoren stützte sich nicht zuletzt auf ein starkes Marktwachstum auf längere Sicht, insbesondere im Hauptmarkt USA. Die globale Nachfrage nach Dialyse dürfte sich Schätzungen zufolge von rund 90 Mrd. Dollar im Vor-Corona-Jahr 2019 auf 178 Mrd. Dollar im Jahr 2026 erhöhen, der US-Markt dürfte sich in der Zeit glattweg verdoppeln. FMC selbst stellt bis 2025 ein eher moderates Wachstum in Aussicht, geht aber bisher auch davon aus, dass Diabetes-Erkrankungen bis 2035 um 40% zunehmen und die Zahl der Dialysepatienten sich verdoppelt. Hintergrund ist der wachsende Anteil einer älteren Bevölkerung. Der Anteil der über 65-Jährigen soll bis dahin auf 1,2 Milliarden von zuletzt 750.000 Millionen Menschen steigen.

Der Studienerfolg von Novo Nordisk untermauert indes jüngste Entwicklungen, die zu grundlegenden Verschiebungen auf dem Dialysemarkt führen könnten, fall es gelingt, mehr wirksame Medikamente zu entwickeln. Dazu gehören neben Ozempic etwa auch das Mittel Farxiga von AstraZeneca sowie Jardiance von Boehringer Ingelheim und Eli Lilly. Die Ergebnisse der Studie von Novo Nordisk werden allerdings erst in der ersten Hälfte des nächsten Jahres öffentlich einsehbar sein, um ihre Integrität zu schützen.

Die Aktie von Novo Nordisk kletterte gestern um 4,3%. Das Papier des weltweit führenden Insulinherstellers hat im laufenden Jahr schon große Sprünge gemacht, weil das forschungsstarke und innovative Unternehmen bereits mit dem Schlankheitsmittel Wegovy Furore gemacht hat. Es enthält auch den Wirkstoff Semaglutid.


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