Regulierung in China

Peking fährt Internetriesen erneut in die Parade

Chinesische Internet- und Technologiekonzerne müssen neue Restriktionen und Kontrollverstöße der heimischen Marktregulatoren befürchten, die unmittelbar in ihre Wettbewerbspraxis eingreifen. Für neue Unsicherheit im Sektor sorgen Verlautbarungen...

Peking fährt Internetriesen erneut in die Parade

nh Schanghai

Chinesische Internet- und Technologiekonzerne müssen neue Restriktionen und Kontrollverstöße der heimischen Marktregulatoren befürchten, die unmittelbar in ihre Wettbewerbspraxis eingreifen. Für neue Unsicherheit im Sektor sorgen Verlautbarungen des chinesischen Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT), denen zufolge chinesische Internetplattformen mit gravierenden Konsequenzen zu rechnen haben, wenn sie den Nutzerzugang zu verwandten Diensten von rivalisierenden Anbietern blockieren.

Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, es gebe es noch immer eine weit verbreitete Praxis, die App-Nutzer daran hindere, Zugang zu Internetlinks – sogenannten Sharing-Funktionen oder Zahlungssystemoptionen – zu finden, die von rivalisierenden App-Anbietern verantwortet werden. Dabei handele es sich um eine Praxis, die Verbraucherinteressen zuwiderlaufe und gleichzeitig die Marktordnung störe.

Seitens des MIIT wurden zwar keine spezifischen Unternehmen ge­nannt, die mit entsprechend wettbewerbswidrigen Praktiken unterwegs sind, doch gibt es wenig Zweifel daran, dass sich die Drohung an Chinas führende Tech-Konzerne Alibaba, Tencent, Meituan und Ant Group und deren sogenannte Super-Apps richtet. Erhärtet wird dies durch eine Nachricht der vom Staat kontrollierten chinesischen Wirtschaftszeitung „21st Century Business Herald“, die berichtet, dass Vertreter von Alibaba, Tencent, Meituan und einer anderen Gesellschaft kürzlich zu einer entsprechenden Sitzung mit MIIT-Vertretern und anderen Regulierern zusammengetrommelt worden waren.

Im chinesischen Nutzungsalltag von populären Online-Diensten finden sich immer wieder Barrieren, an denen sich Verbraucher stören. Der Internetriese Tencent beispielsweise verhindert auf seinen allseits verbreiteten und konkurrenzlosen Instant-Messaging- und Social-Media-Plattformen Wechat und QQ, dass Videoclips des vom Konkurrenten Bytedance betriebenen Tiktok-Dienstes geteilt werden. Alibaba wiederum verhindert es zum Beispiel, dass Transaktionen auf ihren E-Commerce-Plattformen Taobao und Tmall mit dem von Tencent betriebenen Zahlungssystem Wechatpay abgewickelt werden, und lenkt sämtliche Online-Handels­geschäfte über die Alipay-Zahlfunktion ihrer Schwestergesellschaft Ant Group.

Am Montag haben sich sowohl Alibaba als auch Tencent zu dem Vorstoß des Ministeriums geäußert und betont, dass sie auf die neuen Anweisungen reagieren wollen. Tencent erklärte, dass man die „Orientierungshilfe“ des MIIT unterstütze und die notwendigen Maßnahmen phasenweise angehen werde. Alibaba betonte, dass man die Anforderungen des Ministeriums beherzige und darauf hinarbeite, „gemeinsamen Boden“ mit anderen Plattformen zu finden. Bei Meituan wiederum hieß es, dass man neuen Vorschriften zu Arbeitsbedingungen von Personal im Lieferdienste- und Kurierbereich Folge leisten werde. Bereits am Freitagabend hatte die chinesische Regierung Online-Dienstbetreiber dazu aufgefordert, sogenannten Gig Workers – also nicht festangestelltem Personal, das nach Auftragsabwicklung bezahlt wird, – bessere Arbeitsbedingungen zu bieten.

Tech-Werte unter Druck

An den seit Monaten von Pekings unablässiger Tech-Regulierungskam­pagne verunsicherten Börsen kam es am Montag zu entsprechend negativen Reaktionen. Die Tencent-Aktie büßte in Hongkong knapp 2,5% ein, während Meituan, die von Arbeitsschutzregelungen besonders betroffen ist, sogar 5% verlor. Alibaba wiederum fielen in Hongkong um 4,2%. Hier werden die Anleger zusätzlich von Gerüchten verunsichert, dass die Fintech-Schwester Ant Group, an der Alibaba mit 33% beteiligt ist, Restriktionen bei der Nutzung der Alipay-App für die Anbahnung von Konsumkrediten zu erwarten hat.

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