Streit in der Bilanzpolizei spitzt sich zu

Zwei Gremienmitglieder treten zurück - Vorwurf der mangelnden Unabhängigkeit von Präsident Ernst

Streit in der Bilanzpolizei spitzt sich zu

swa Frankfurt – Die Diskussion über mögliche Interessenkonflikte des Präsidenten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung eskaliert. Der Berliner Hochschulprofessor und Corporate-Governance-Experte Axel v. Werder und sein Frankfurter Kollege, der Aktienrechtler Theodor Baums, haben ihren Rücktritt aus Gremien der Prüfstelle erklärt, wie aus Schreiben hervorgeht, die der Börsen-Zeitung vorliegen. Werder ist Mitglied im Nominierungsausschuss, Baums sitzt im Beirat der Bilanzpolizei. Beide Wissenschaftler sind Mitglieder der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Fünf AufsichtsratsmandateBaums und v. Werder ziehen die Konsequenzen aus langwierigen Diskussionen innerhalb der Prüfstelle über mögliche Interessenkonflikte des seit 2011 und inzwischen in zweiter Amtszeit aktiven Präsidenten Edgar Ernst (vgl. BZ vom 3. 12. 2014). Die Kritiker halten ihn in seiner Aufgabe nicht für unabhängig, weil der ehemalige Post-Finanzchef fünf Aufsichtsratsmandate ausübt und in drei der Unternehmen Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist, in einem Stellvertreter. Diese Doppelrolle schade dem Ansehen der Prüfstelle und könne in der Öffentlichkeit Zweifel an der Unabhängigkeit der Bilanzpolizei wecken. Da ihre Kritik abprallt, wollen die beiden Wissenschaftler die Praxis nicht mehr mittragen.Auch Dietmar Hexel, ebenfalls Mitglied der Kodex-Kommission und ehemals im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds, gehört zu den Mitstreitern von Baums und v. Werder. Er stimme inhaltlich mit der Kritik der beiden weiterhin überein, habe aber noch nicht über einen Rücktritt entschieden, sagte Hexel der Börsen-Zeitung.Für die Vertragsgestaltung des Präsidenten ist der Vorstand der als Verein organisierten Prüfstelle zuständig, dem der ehemalige SAP-Finanzvorstand Werner Brandt vorsitzt. Vorstand und Geschäftsstelle hatten auf die Vorwürfe erwidert, es gebe ausreichend Regeln, die die Unabhängigkeit der Prüfstelle gewährleisteten. Ziel sei, für das Präsidentenamt eine Person zu gewinnen, die bei einem kapitalmarktorientierten Unternehmen gearbeitet hat. Wenn also ein ehemaliger Finanzvorstand aus diesem überschaubaren Kreis das Amt übernimmt, werde er in der Regel Aufsichtsratsmandate haben, von deren Bilanzprüfung er dann aber ausgeschlossen sei. Der “Erfahrungsschatz” aus der Aufsichtsratstätigkeit komme der Bilanzpolizei aber in anderen Prüfverfahren zugute, argumentiert die Geschäftsstelle.Die Widersacher dieser Doppelrolle halten es indes nicht für ausreichend, dass sich Ernst von den Fällen fernhält, die seine Mandate betreffen. Sie bezweifeln, dass seine Mitarbeiter unabhängig agieren, wenn es um die Untersuchung eines Konzerns geht, bei denen ihr Präsident den Prüfungsausschuss leitet. Sorge um AußenwirkungAuch um die Außenwirkung fürchten sie und verweisen auf den undenkbaren Fall, dass ein BaFin- oder Bundesbankpräsident zeitgleich in Aufsichtsräten säße, die der Aufsicht unterstehen. Die Prüfstelle sei zwar privatrechtlich organisiert, erfülle in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit aber mit der Prüfung von Konzernbilanzen im Verbund mit der BaFin einen öffentlichen Auftrag.