Industriekonzern

Sulzers wundersame Wertvermehrung

Am 20. September werden die Sulzer-Aktionäre eine Abspaltung beschließen. Diesmal geht die Sache aber harmonisch über die Bühne, denn das Management und die Aktionäre sind sich einig.

Sulzers wundersame Wertvermehrung

Von Daniel Zulauf, Zürich

Der Schweizer Sulzer-Konzern ist auch ein Experimentierlabor für neue Geschäfte. So wurde Medizintechnik in der 187-jährigen Industrieikone schon in den 1970er Jahren ein etabliertes Geschäftsfeld. Vor gut 20 Jahren entdeckten Aktionäre den besonderen Wert der Sulzer-Gelenke. Es kam zu einem Machtkampf mit dem Management, zur Abspaltung und bald darauf (2003) zum Verkauf an den US-Konzern Zimmer. Der Kampf zahlte sich aus für die widerspenstigen Aktionäre. Sie strichen einen Verkaufserlös von mehr als 4 Mrd. sfr Franken ein.

Am 20. September werden die Sulzer-Aktionäre nun erneut eine Abspaltung beschließen. Diesmal geht die Sache aber harmonisch über die Bühne, denn das Management und die Aktionäre sind sich einig. „Applicator Systems“, wie die abzuspaltende Einheit mit einem Jahresumsatz von rund 450 Mill. sfr jetzt heißt, erzielt als eigenständige Firma an der Börse einen deutlich höheren Wert als Sulzer-Konzerndivision. Der Realitätstest dieser These ist längst gelungen. Seit Sulzer im Mai den Spin-off angekündigt hat, ist der Aktienkurs von 105 sfr auf mehr als 140 sfr hochgeschnellt. Das entspricht einer Wertvermehrung von rund einer 1 Mrd. sfr.

Am 30. September sollen die Aktien der auf „Medmix“ umgetauften Einheit dann erstmals direkt an der Schweizer Börse gehandelt werden. Aktienanalysten bescheinigen dem auf die Herstellung von präzisen Plastikinstrumenten zur Applikation von Flüssigkeiten (Insulin, Dentalfüllungen, High-Tech-Klebstoffe, Mascara) spezialisierten Unternehmen eine Bewertung von bis zu 2 Mrd. sfr. Das ist mehr als 40 % dessen, was die fast sieben Mal größere Rest-Sulzer auf die Waage bringt.

Für diese Divergenz gibt es gute Gründe. Zunächst ist die Ebitda-Marge von Medmix von etwa 25 % fast doppelt so hoch wie jene von Rest-Sulzer. Hinzu kommt, dass Sulzer immer noch fast 30 % des Umsatzes von rund 3 Mrd. sfr in der Öl- und Gasindustrie erzielt. So kommen Sulzer-Pumpen in der Förderung wie auch im Weitertransport von Öl zur Anwendung. Mithilfe von Sulzer-Destillationsanlagen wiederum ge­winnen die Erdölkonzerne die Ausgangschemikalien, die zur Produktion von Kunststoffen eingesetzt werden.

Deshalb dürfen die Sulzer-Aktionäre hoffen, dass sich der Wert ihres Unternehmens auch nach der Abspaltung von Medmix weiter positiv entwickeln wird. Medmix entspringt übrigens auch einem Business-Experiment aus der Sulzer-Forschung, das vor rund zehn Jahren begonnen hatte. Das zeigt: Was an der Börse nach schnellem Geld aussieht, hat tatsächlich oft eine lange Geschichte.