Hoher Anteil im spekulativen Segment

Firmen aus Private-Equity-Besitz rutschen an den Rand des finanziellen Abgrunds

Der Anteil ausfallgefährdeter deutscher Unternehmen im spekulativen Rating-Segment steigt bei Moody’s auf 14 Prozent. Zwischen 2024 und 2026 müssen sie rund 43 Mrd. Euro refinanzieren.

Firmen aus Private-Equity-Besitz rutschen an den Rand des finanziellen Abgrunds

Private-Equity-Firmen in Bredouille

Anteil ausfallgefährdeter deutscher Unternehmen im spekulativen Rating-Segment steigt bei Moodys auf 14 Prozent

cru Frankfurt
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Die Zinswende hat die Private-Equity-Branche auf dem falschen Fuß erwischt. Die Bonität deutscher Unternehmen mit spekulativem Rating – der überwiegende Teil davon im Besitz von Finanzinvestoren – hat sich 2023 verschlechtert, wie die Ratingagentur Moody’s konstatiert. Damit nicht genug: „Wir erwarten einen weiteren Rückgang im Jahr 2024“, sagt Senior Ratings Associate Jonathan Rosengren voraus. „Bei Unternehmen, die wir im Jahr 2022 bewertet haben, stieg der Anteil der mit ‚Caa1‘ und schlechter bewerteten Firmen von 5% im Dezember 2022 auf 14% im April 2024.“ Gleichzeitig sei der Anteil der Emittenten mit dem Rating B3 mit negativem Ausblick und darunter von 14% auf 19% gestiegen.

Die Herabstufungen der Ratings waren vor allem eine Folge der Refinanzierungsrisiken (47% der Downgrades) und einer Verschlechterung der operativen Leistung (27%), da die Inflation die Kosten in die Höhe trieb und die schwächere Verbrauchernachfrage die Erhöhung der Preise erschwerte. „Im Jahr 2024 werden die anhaltende Inflation und die immer noch hohen Zinssätze die Verbrauchernachfrage weiter schwächen“, glaubt Analyst Rosengren. „Das bringt Risiken für die Kreditqualität mit sich.“

Druck durch Zinsanstieg

Der Zinsanstieg kostet die oft hoch verschuldeten Firmen in Private-Equity-Besitz Milliarden an zusätzlichen Zinsen und droht zahlreiche von ihnen in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Hinzu kommt: Für die erfolgreiche Platzierung einer Unternehmensanleihe braucht man derzeit ein Rating von „B3“ oder besser. Unterhalb dieser Bonitätsnote gilt der Markt als geschlossen.

Ratings unterhalb von „B3“ bedeuten: Es muss nicht viel falsch laufen, damit das Unternehmen in Schieflage gerät. Oft bleibt solchen Unternehmen nur noch Private Debt oder ein sehr teuer verzinster Bond. In Deutschland sind die meisten Unternehmen mit einem spekulativen Rating unterhalb von „B3“ im Besitz von Finanzinvestoren.

Zur Liste der ausfallgefährdeten deutschen Unternehmen zählen Firmen aus Private-Equity-Portfolios wie der Spezialist für häusliche Pflege GHD Gesundheits GmbH aus dem Bestand von Nordic Capital oder der Industrie-Luftvorwärmer Arvos, der Triton gehört, und die Plexiglas-Chemiefirma Roehm Holding des Private-Equity-Riesen Advent. Alle drei sind auf „Caa1“ oder tiefer gerutscht – aus unterschiedlichen Gründen: Bei der Pflegefirma GHD war es die operative Geschäftsentwicklung, bei Arvos war es das inzwischen für drei Jahre behobene Refinanzierungsrisiko und bei Roehm das Liquiditätsrisiko. Arvos hat bei der Refinanzierung durch einen Eigenkapitalbeitrag von Triton auch 210 Mill. Euro Schulden abgebaut. Dadurch veränderte sich der Moody´s-„Ausblick“ auf „positiv“.

Die meisten Emittenten verfügen über ausreichende Liquidität, um ihre 2024 und 2025 fälligen Schulden zu bedienen. „Aber einige Emittenten haben nicht genügend Liquidität – und die Fälligkeiten der 2026er Schulden drohen“, sagt Rosengren. „Deutsche Unternehmen mit spekulativem Rating müssen zwischen 2024 und 2026 rund 43 Mrd. Euro refinanzieren, während 46% ihrer nicht in Anspruch genommenen revolvierenden Kreditfazilitäten (RCFs) in diesem Zeitraum fällig werden.“ Im Jahr 2026 allein werden 25 Mrd. Euro fällig. Positiv sei, dass nur etwa 7% der in den kommenden drei Jahren fällig werdenden Schulden auf Anleihen entfallen, die bei geschlossenen Märkten schwieriger zu refinanzieren sein können.

Die Refinanzierungsbedingungen hätten sich in den letzten zwölf Monaten verbessert. Die durchschnittlichen Tranchenkupons für deutsche hochverzinsliche Unternehmensanleihen lägen nun unter 6% – zum ersten Mal seit dem ersten Quartal 2022. „Wir erwarten, dass mehr dieser Emittenten versuchen werden, sich im Jahr 2024 zu refinanzieren, um die Fälligkeiten weiter hinauszuschieben“, erklärt Moody’s-Mann Rosengren.

Roehm und Wittur klamm

Dass Moody’s das Chemieunternehmen Roehm Holding (Caa1 stabil) im Dezember 2023 herabstufte, war beispielsweise das Ergebnis eines geringeren freien Cashflows (FCF), da die operative Leistung zu sinken begann. Hinzu kam eine erhebliche Erhöhung der Investitionsausgaben zur Sicherung zukünftiger Erträge.

In ähnlichen Schwierigkeiten steckt der Aufzugskomponentenhersteller Wittur, der der Private-Equity-Firma Bain Capital gehört und über die Stundung einer Zinszahlung für sein zweitrangiges Darlehen von Februar 2023 auf Juni 2023 verhandelte.

Die hoch verschuldeten Firmen Arvos, GHD, Wittur und Roehm haben eines gemeinsam: Sie gehören Finanzinvestoren und ihre Anleihen oder Kredite sind ausfallgefährdet. Die Probleme nehmen zu: Deutsche Unternehmen mit spekulativem Rating müssen laut Moody’s zwischen 2024 und 2026 rund 43 Mrd. Euro refinanzieren.