ROUNDUP: Handelskrieg verschärft Lieferengpässe bei Airbus - Gewinnsprung
TOULOUSE (dpa-AFX) - Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus <NL0000235190> ist trotz weniger Jet-Auslieferungen überraschend gut ins Jahr gestartet. Doch der von den USA angezettelte Handelskrieg droht die schon bestehenden Engpässe bei wichtigen Bauteilen zu verschärfen. Vorstandschef Guillaume Faury hielt am Mittwochabend zwar an seinem Ziel fest, in diesem Jahr 820 Verkehrsflugzeuge auszuliefern und einen bereinigten operativen Gewinn von sieben Milliarden Euro zu erzielen. Die Folgen von Zöllen klammert er dabei jedoch weiterhin aus.
Am Finanzmarkt kamen die Neuigkeiten gut an: Die Airbus-Aktie gewann im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs rund zwei Prozent.
Faury zufolge würden neue Zölle die Komplexität für Airbus erhöhen. Zudem blieben ihr Umfang ebenso ungewiss wie ihre Dauer und ihre Umsetzung. Zwar zielt US-Präsident Donald Trump mit seiner Zollpolitik derzeit nicht auf die Luftfahrtindustrie. Allerdings hätten geplante oder schon verhängten Zölle trotzdem Folgen für die Luftfahrtbranche, sagte Faury. So lehnen chinesische Fluggesellschaften inzwischen die Abnahme neuer Flugzeuge des US-Herstellers Boeing <US0970231058> ab.
Andere Fluggesellschaften haben bereits klargestellt, dass sie mögliche Mehrkosten durch Zölle nicht tragen wollen. Keine Airline der Welt könne 20-prozentige Zölle auf neue Jets verkraften, sagte etwa Lufthansa-Chef <DE0008232125> Carsten Spohr.
Schon seit der Corona-Pandemie kämpft Airbus mit Lieferengpässen bei Flugzeug-Bauteilen wie Triebwerken und Sitzen. Der Bedarf an neuen und weniger spritdurstigen Jets scheint bisher ungebremst, und Airbus kann die starke Nachfrage kaum stillen. Zwar will Faury die Produktion der Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo einschließlich der neuen Langstreckenversion A321XLR auf monatlich 75 Stück ausweiten. Doch die Zulieferer kommen nicht hinterher, und der Manager musste sein Produktionsziel auf das Jahr 2027 verschieben.
Auch im ersten Quartal hatte Airbus mit Engpässen zu kämpfen. Der Hersteller übergab 136 Passagierjets an seine Kunden, sechs weniger als ein Jahr zuvor. Die Auslieferung von Maschinen verlagere sich daher stärker ins Spätjahr, räumte Faury ein. Schon in den vergangenen Jahren hatten sich Airbus' Auslieferungen regelmäßig kurz vor Jahresende geballt.
Faury und seine Leute verfolgen die Entwicklung in der Zollpolitik nach eigenen Angaben genau. Allerdings sei es noch „zu früh, die Auswirkungen zu beziffern“. Das Geschäft von Flugzeug- und Triebwerksherstellern basiert auf komplexen internationalen Lieferketten über Ländergrenzen hinweg. Für manche Materialien gibt es auf der ganzen Welt nur wenige Zulieferer, die die strengen Anforderungen der Luftfahrtbranche erfüllen.
Finanziell lief es für Airbus im ersten Quartal trotz der Engpässe besser als von Analysten erwartet. So wuchs der Umsatz im Jahresvergleich um sechs Prozent auf gut 13,5 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sonderposten (bereinigtes Ebit) legte um acht Prozent auf 624 Millionen Euro zu. Bessere Geschäfte mit Hubschraubern, Rüstung und Raumfahrt machten die schwächere Entwicklung bei den Passagierjets mehr als wett.
Zwar schlug der angekündigte Stellenabbau in der Rüstungs- und Raumfahrtsparte mit 105 Millionen Euro negativ zu Buche. Weil Airbus andererseits den Wert mehrerer Beteiligungen nach oben schraubte, sprang der Überschuss um ein Drittel auf 793 Millionen Euro nach oben. Mit den Kennzahlen übertraf der Konzern durchweg die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Auch der erwartete Barmittelabfluss vor Kundenfinanzierungen fiel mit 310 Millionen Euro deutlich geringer aus als von Analysten geschätzt./stw/tih/he