Pharmaindustrie

50 Milliarden Dollar – Auch AstraZeneca kündigt Mega-US-Investition an

Mit AstraZeneca kündigt der nächste europäische Pharmakonzern Milliardeninvestitionen in den USA an. Dort droht Präsident Donald Trump der Branche gerade mit massiven Zöllen. Sein Ziel: Die Unternehmen sollen weniger Fertigarzneien importieren und mehr im Land produzieren.

50 Milliarden Dollar – Auch AstraZeneca kündigt Mega-US-Investition an

AstraZeneca geht in den USA aufs Ganze

Pharmakonzern will in den nächsten Jahren 50 Mrd. Dollar in den Vereinigten Staaten investieren – Umsatzanteil soll steigen

Mit AstraZeneca kündigt der nächste europäische Pharmakonzern milliardenschwere Investitionen in den USA an. Dort droht Präsident Donald Trump der Branche gerade mit hohen Importzöllen. Sein Ziel: Die Unternehmen sollen weniger Fertigarzneien importieren und mehr Medikamente im Land produzieren.

kro/Reuters Frankfurt

Inmitten der Zoll-Drohungen von US-Präsident Donald Trump kündigt der schwedisch-britische Pharmakonzern AstraZeneca Investitionen von 50 Mrd. Dollar in den USA an. Das Geld solle bis zum Jahr 2030 unter anderem in den Ausbau von Produktions- und Forschungskapazitäten gesteckt werden, teilte Firmenchef Pascal Soriot am Montag in Washington mit. Damit könnten zehntausende neue Arbeitsplätze geschaffen werden, so der Konzern. AstraZeneca hat derzeit rund 18.000 Mitarbeiter in den USA und weltweit etwa 90.000.

AstraZeneca reiht sich mit der Ankündigung ein in die Riege anderer großer Pharmafirmen wie Roche, Eli Lilly, Johnson & Johnson, Novartis und Sanofi, die zuvor schon Großinvestitionen in Aussicht gestellt hatten. Roche hatte etwa im April angekündigt, in den kommenden fünf Jahren ebenfalls 50 Mrd. Dollar in den USA zu investieren. Novartis plant im gleichen Zeitraum mit 23 Mrd. Dollar. Der US-Rivale Johnson & Johnson hat seinerseits innerhalb der nächsten vier Jahre US-Investitionen von mehr als 55 Mrd. Dollar angekündigt. Bei Eli Lilly war Mitte Februar von 27 Mrd. Dollar die Rede, die in den nächsten vier Jahren in den heimischen Markt fließen sollen.

Trump hat Pharmafirmen zuletzt aufgefordert, mehr der in den USA verkauften Medikamente im Land selbst herzustellen, anstatt Wirkstoffe oder Fertigarzneimittel zu importieren. Das US-Handelsministerium führt derzeit eine Untersuchung in dem Bereich durch, die den Weg für neue Zölle ebnen könnte. Trump hat wiederholt mit Zöllen für die Branche gedroht, im Juli war von einem möglichen Satz von etwa 200% die Rede. Der US-Präsident hatte aber auch gesagt, die Unternehmen hätten bis zu 18 Monate Zeit, um sich umzuentscheiden. Bei der Ankündigung von AstraZeneca am Montag war auch der Gouverneur des Bundesstaates Virginia, Glenn Youngkin, anwesend. Er ist ein erklärter Verbündeter Trumps.

Hoffnung auf Umsatzschub

Der US-Pharma-Markt gilt mit einem Volumen von 635 Mrd. Dollar als der weltgrößte – das liegt unter anderem an den hohen Medikamentenpreisen, die Hersteller dort durchsetzen können. Trump ist das ein Dorn im Auge – im Mai hatte er angekündigt, die Arzneimittelpreise per Dekret senken zu wollen.

Aus Sicht des Pharmaexperten Holger Schmidt sei es „tatsächlich nicht nachvollziehbar, warum Patienten in den USA je nach Therapiegebiet das Doppelte bis das Vierfache der Preise zahlen, die etwa in Europa gezahlt werden.“ Die Wohlstandslevel seien schließlich miteinander vergleichbar und das Gesundheitssystem in den USA teilweise sogar schlechter – etwa mit Blick auf die Lebenserwartung.

Dass mit den Investitionen der Pharmakonzerne die Preise in den USA langfristig sinken werden, glaubt der Partner bei EY Parthenon aber nicht. Vielmehr dürften die Hersteller beim Start neuer Produkte außerhalb der USA künftig eher zurückhaltend agieren. Hintergrund sei die sogenannte „Most favored nation“-Regulierung, die besagt, dass US-Preise für bestimmte Medikamente nicht über den niedrigsten Preisen in ausgewählten OECD-Ländern liegen dürfen. Indem sie sich mit ihren neuen Produkten zunächst ausschließlich auf die USA konzentrieren, könnten die Pharmafirmen also versuchen, die Preise erst mal hoch zu halten.

Das könnte auch Folgen für Europa haben, sagt Schmidt. „Aus meiner Sicht lauert hier das größte Risiko darin, dass wir deutlich schwierigeren Zugang zu innovativen Medikamenten haben werden, weil wir nicht bereit sind, den Preis zu zahlen, den aktuell Amerika bezahlt“, sagt Schmidt.

AstraZeneca will bis 2030 einen Jahresumsatz von 80 Mrd. Dollar erwirtschaften. Die Hälfte davon soll dann aus den USA kommen. 2024 standen die USA für rund 40% des Konzernumsatzes.

AstraZeneca hat sich wiederholt kritisch zum Investitionsklima in Großbritannien geäußert. Im Januar hatte der Konzern Pläne für Ausgaben von 520 Mill. Euro in seine Impfstoffproduktion in Nordengland mit der Begründung aufgegeben, die staatliche Unterstützung sei gekürzt worden. Andere Investitionen, die AstraZeneca außerhalb der USA tätigen will, fallen zudem bedeutend schmaler aus: Für China hatte der Konzern im März Investitionen von 2,5 Mrd. Dollar in den kommenden fünf Jahren angekündigt. Bis 2029 will er in Singapur eine Fabrik errichten und dafür 1,5 Mrd. Dollar in die Hand nehmen. Ein Standort in Indien soll für rund 20. Mill. Dollar erweitert werden.

Jüngst hatte die britische Zeitung „Times“ berichtet, AstraZeneca erwäge, seine Börsennotierung von London in die USA zu verlegen. Der Konzern ist mit einer Bewertung von rund 183 Mrd. Euro der wertvollste Konzern der Londoner Börse.