ABB brechen die Aufträge weg

Seitenhieb von Vorstandschef Spiesshofer gegen Großaktionär Cevian - Aktie unter Druck

ABB brechen die Aufträge weg

Beim Anlagenkonzern ABB ist der Bestelleingang im dritten Quartal unerwartet kräftig um 14 % eingebrochen. Konzernchef Ulrich Spiesshofer führte einen Teil des Rückgangs auch auf die Aktionärsseite aufgezwungene Diskussion um eine mögliche Trennung vom Netzgeschäft zurück. Die Aktie gab um 6,5 % nach.dz Zürich – Der Auftragseingang von ABB ist in den Monaten Juli bis September im Vorjahresvergleich um 14 % oder 1,2 Mrd. auf 7,5 Mrd. Dollar eingebrochen. Der heftige Rückgang erschreckte viele Investoren. Die Aktien tauchten um 6,5 % auf nur mehr knapp 20 sfr ab. Konzernchef Ulrich Spiesshofer bemühte sich um gute Begründungen. Er sprach vom Brexit, der das ohnehin flaue Nachfrageverhalten der europäischen Kundschaft negativ beeinflusse. Er erwähnte die schwierige Situation der weltweiten Öl- und Gasindustrie und den amerikanischen Präsidentenwahlkampf.Richtig aufhorchen ließ der Deutsche aber erst mit der Bemerkung, Stromnetze, die größte der vier Geschäftssparten, die allein ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortet, habe die Verunsicherung der Kunden im Zusammenhang mit der bis vor wenigen Wochen (halböffentlich) geführten Diskussion über eine mögliche Verselbstständigung zu spüren bekommen. Die Sparte, die zu einem großen Teil hoheitliche Abnehmer aus dem Versorgungssektor bedient, musste einen Auftragseinbruch um 22 % hinnehmen. So schlecht lief es nur noch in dem halb so großen Bereich Prozessautomation, wo die Aufträge der schon lange unter den gedrückten Rohstoffpreisen ächzenden Berbau- und Minenindustrie sowie der Öl- und Gasproduzenten fakturiert werden.Spiesshofer zielte mit seiner Bemerkung unmissverständlich auf die schwedische Großaktionärin Cevian. Der Finanzinvestor hält 6,2 % aller ABB-Aktien. Mehr Anteile besitzt nur noch die im Einflussbereich der schwedischen Industriellenfamilie Wallenberg stehende Investor AB (10,5 %). Cevian war im September mit der Forderung an die Öffentlichkeit gegangen, ABB solle die Stromnetzsparte über einen Spin-off abtrennen. Der Bereich erwirtschaftet im konzerninternen Vergleich klar unterdurchschnittliche Profitraten. Diesem Ansinnen erteilte die ABB-Führung Anfang Oktober anlässlich des jährlichen Investorentages aber eine deutliche Absage. Unter dem Dach von ABB schaffe die Division “den größtmöglichen Wert für die Aktionäre”. Cevian wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren. Der Aktionär ist bekannt für seine Hartnäckigkeit, und die aktuelle Schwäche von ABB spielt den Skandinavieern zweifellos in die Hände.Spiesshofers Seitenhieb an Cevian ist bei Lichte betrachtet auch nicht wirklich überzeugend. Immerhin hatte er die strategische Überprüfung der Stromnetz-Sparte schon vor einem Jahr selber angekündigt und öffentlich wurde der Konflikt mit Cevian erst im September.Auch das Brexit-Argument zieht wenig, um die schwache Auftragsentwicklung zu erklären. In Großbritannien war der wechselkursbereinigte Bestellungsrückgang in den Monaten unmittelbar vor und nach der Abstimmung fast exakt gleich hoch (20 %). Immerhin ist der Auftragsbestand immer noch groß genug. Dank der noch abzuarbeitenden Orders konnte ein knapp gehaltener Umsatz (-3 %) von 8,3 Mrd. Dollar eingefahren werden.Unverkennbar ist aber, dass ABB auch bei den in der Vergangenheit durchaus erfolgreichen Bemühungen um eine Verbesserung der Profitabilität langsam Schwächen erkennen lässt. Der operative Gewinn sank im Berichtsabschnitt ebenfalls um 3 % auf 1 Mrd. Dollar, sodass sich die von Spiesshofer als wichtige Leistungskennzahl in den Vordergrund gerückte Umsatzmarge nur noch marginal auf 12,6 % verbessert hat. Spiesshofer hatte vor einem Jahr ein zweites Kostensparziel bis 2017 im Umfang von 1 Mrd. Dollar ausgegeben. Wenn die Nachfrage nicht anspringt, wird er das Margenziel nur unter Inkaufnahme weiterer Sparmaßnahmen verteidigen können. Die Frage ist, ob sich die Zitrone noch weiter auspressen lässt.