Abschlussprüfer wollen den Mund auftun

Kammer fordert Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht und mehr Transparenz in der Berufsaufsicht

Abschlussprüfer wollen den Mund auftun

swa Frankfurt – Mit Blick auf die Diskussion über den Fall Wirecard fordert die Wirtschaftsprüferkammer das Ende der Verschwiegenheitspflicht und mehr Einblick in die Ergebnisse der Berufsaufsicht. Dabei warnen Vertreter des Berufsstands vor unüberlegten Reformschritten. “Entscheidend ist jetzt, keinen fehleranfälligen regulatorischen Schnellschuss abzugeben, sondern vor einer zielgerichteten Therapie möglichst umfassend zu diagnostizieren”, sagt Gerhard Ziegler, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer. Er sehe jedoch Möglichkeiten, “die Abschlussprüfung im Sinne des öffentlichen Interesses zu stärken”.Das ungleiche Machtverhältnis zwischen Mandant und Prüfer, wenn es um die Darstellung strittiger Themen geht, soll aus Sicht der Kammer beendet werden. Vorgeschlagen wird, dass sich der Prüfer bei berechtigtem Interesse zu der von ihm durchgeführten Abschlussprüfung äußern und verteidigen darf. Das soll auf den Mandantenkreis der Unternehmen öffentlichen Interesses begrenzt werden. Für dringend erforderlich hält es die Kammer zudem, dass der deutsche Gesetzgeber die zuständigen Behörden benennt, an die Abschlussprüfer im Fall des Falles Mitteilungen richten können. Diese Notwendigkeit bestehe bei wesentlichen Rechtsverstößen, bei wesentlichen Gefährdungen hinsichtlich der Fortführung eines Unternehmens oder bei der Verweigerung/Einschränkung/Versagung eines Bestätigungsvermerkes. Bislang darf sich der Prüfer nicht direkt an die Staatsanwaltschaft wenden. Falls der Aufsichtsrat auf Hinweise nicht reagiert, muss der Prüfer bei börsennotierten Unternehmen aber die BaFin informieren.Mehr Transparenz soll auf Betreiben der Kammer auch in der internen und externen Berufsaufsicht einziehen. Der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) und der Kammer selbst solle es ermöglicht werden, bei öffentlichem Interesse über die Einleitung eines berufsaufsichtlichen Verfahrens berichten zu können. Auch die Ergebnisse der Aufsichtsverfahren sollen nicht mehr geheim bleiben. APAS und Wirtschaftsprüferkammer sollen “über wesentliche rechtskräftige berufsaufsichtliche Maßnahmen” unter Nennung des Namens gegenüber der Öffentlichkeit berichten dürfen. Somit würden beide Aufsichtsstellen von der Verschwiegenheitspflicht entbunden. Konzentration könnte steigenPolitische Forderungen einer stärkeren Trennung von Prüfung und Beratung sowie einer erhöhten Rotationsfrequenz lehnt der Berufsstand ab. Nicht ersichtlich ist nach Meinung der Kammer, “wie ein Beratungsverbot zur Aufdeckung eines mit krimineller Energie begangenen Betrugs beitragen soll”. Abschlussprüfer von kapitalmarktorientierten Unternehmen seien schon nach geltendem Recht in ihrer Beratungstätigkeit weitreichend beschränkt, wird argumentiert. Bei Wirecard habe die Beratung durch den Abschlussprüfer, gemessen an den mit der Abschlussprüfung erzielten Umsatzerlösen, keine Rolle gespielt. Die Kammer befürchtet eine weitere Verstärkung der Konzentration im Prüfermarkt, wenn der Abschlussprüfer noch häufiger gewechselt werden müsse, hegt aber auch Zweifel, dass dies helfen könne, vergleichbare Betrugsfälle aufzudecken.”Bei Wirecard konnte auch im Rahmen einer Sonderprüfung durch eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betrügerisches Handeln offenbar nicht vollständig belegt werden, obwohl mögliche Unregelmäßigkeiten Anlass für die Sonderprüfung waren, die Sonderprüfung im Unterschied zur Abschlussprüfung einen forensischen Ansatz hatte und entsprechende Spezialisten eingesetzt wurden”, erklärt die Prüferkammer. Auch die diskutierte Erhöhung der bislang bei 4 Mill. Euro angesiedelten gesetzlichen Haftungsobergrenze für Abschlussprüfungen halten die Berufsvertreter für “kontraproduktiv, selbst wenn sie auf Unternehmen von öffentlichem Interesse beschränkt bliebe”. Mit einer Ausweitung der Haftung sei zu befürchten, dass sich viele Wirtschaftsprüferpraxen aus dem Markt zurückziehen würden.