Adidas reagiert zu langsam
Adidas hat die Gewinnprognose für dieses Jahr erhöht. Damit hatte der Aktienmarkt schon gerechnet. Doch die Umsatzerwartung musste der Sportartikelkonzern leicht senken. Das kam überraschend. Der Vorstandsvorsitzende Kasper Rorsted zieht Konsequenzen und vereinfacht die Vertriebsorganisation in Westeuropa. jh München – Der Sportartikelkonzern Adidas kann sich auf die größten Schubkräfte für sein Wachstum verlassen: Im dritten Quartal 2018 legte der Umsatz in China um 26 % zu, in Nordamerika um 16 % und im Online-Handel sogar um 76 %. Auch die Profitabilität verbesserte sich. Die Bruttomarge stieg auf 51,8 (i. V. 50,4) %, die operative Marge auf 15,3 (14,0) % und übertraf damit den jüngsten Wert von Branchenprimus Nike.Dass Adidas die Gewinnprognose für das gesamte Jahr nach neun guten Monaten und vor dem saisonal mit Abstand schwächsten vierten Quartal erhöht, war keine Überraschung. Doch das Unternehmen senkte die Erwartung für den Anstieg des währungsbereinigten Umsatzes von rund 10 % auf 8 bis 9 %. Grund ist die Wachstumsschwäche in Westeuropa und eine langsame Reaktion auf den Trendwechsel für Schuhmode. Das veranlasste Aktionäre zu Verkäufen, möglicherweise auch, um Gewinne mitzunehmen. Am Mittwoch verlor die Aktie von Adidas 3,6 % an Wert auf 198,60 Euro. “Nicht nah genug dran”Für den Konzerngewinn (aus dem fortgeführten Geschäft) rechnet Adidas nun mit einer Spanne von 1,66 Mrd. bis 1,72 (1,43) Mrd. Euro. Für das aktuelle Quartal bedeutet dies einen erwarteten Gewinn von 50 Mill. bis 104 Mill. Euro. Die Bruttomarge soll im Gesamtjahr auf 51,4 (50,4) % steigen, die operative Marge auf 10,8 (9,8) %. Die gute Ertragsentwicklung begründet Adidas mit einem “verbesserten Preis-, Vertriebskanal- und Kategoriemix”. Dahinter verbergen sich unter anderem steigende Umsätze im Online-Handel, höhere Margen von neuen Produkten und weniger Rabattaktionen. So lassen sich nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Kasper Rorsted “der bedeutende Anstieg der Marketinginvestitionen und deutlich negative Währungseffekte” mehr als ausgleichen.In Westeuropa läuft es für Adidas allerdings nicht so gut. Im dritten Quartal sank hier der währungsbereinigte Umsatz um 1,3 %. “Wir sind nicht nah genug am Verbraucher gewesen und haben nicht schnell genug auf Markttrends reagiert”, sagte Rorsted in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Das Geschäft mit “Originals”-Produkten stagniert, nachdem es in den vergangenen drei Jahren im Durchschnitt um 15 % gewachsen war, wie Finanzvorstand Harm Ohlmeyer ergänzte. “Wir gewinnen nicht mehr Marktanteile. Darüber sind wir nicht glücklich.” Zu den “Originals” zählen klassische Sportschuhe wie die Modelle “Stan Smith” und “Superstar” im Stil der achtziger und neunziger Jahre für den Alltagsgebrauch.Zudem sei Adidas verglichen mit aggressiven Wettbewerbern in einem reifen Markt mit manchen Produkten zu teuer gewesen, berichteten die Vorstände. Das sei geändert worden. Die Organisation in Westeuropa werde vereinfacht und konzentriere sich auf die Kunden, kündigte Rorsted an. Auf die Frage, ob der heiße Sommer Adidas einen Strich durch die Rechnung gemacht habe, antwortete er, die Witterung dürfe keine Ausrede sein: “Das Wetter ist für keine Branche relevant, außer für die Anbieter von Eiscreme.”Dass Adidas das Ziel, den Umsatz in Westeuropa um 5 % zu steigern, nicht erreichen wird, hatte sich schon im Frühjahr abgezeichnet. Rorsted tauschte den Chef für Westeuropa aus. Seit Juli ist Arthur Hoeld auf diesem Posten. Er ist seit 20 Jahren im Adidas-Konzern, war von 2011 bis 2017 für die Kategorie “Originals” zuständig und löste den Franzosen Alain Pourcelot ab. Reebok mit Plus und MinusDer Umsatz der Marke Reebok ging im dritten Quartal um knapp 5 % zurück. Priorität habe die Profitabilität, sagte Rorsted. Danach gehe es um das Wachstum der 2006 übernommenen US-Marke und anschließend um beides. Zuletzt sei die Bruttomarge von Reebok dank des Fitnessprogramms um 4,4 Punkte auf 45,3 % gestiegen, berichtete der Vorstandschef.—– Wertberichtigt Seite 8