Airbus bläst zur Aufholjagd

Europäer schicken sich an, Boeing vom Thron zu stoßen - Beim Börsenwert noch Nachholbedarf

Airbus bläst zur Aufholjagd

Der amerikanische Luftfahrtkonzern Boeing steckt derzeit tief in Schwierigkeiten, derweil läuft es für Wettbewerber Airbus wie geschmiert. Analysten rechnen mit weiterem Auftrieb für den Aktienkurs der Europäer, die sich im laufenden Jahr zum weltgrößten Flugzeugbauer aufschwingen könnten. lis/dpa Frankfurt – Während die Serie der Probleme beim weltgrößten Flugzeugbauer Boeing nicht abreißt, schickt sich sein Konkurrent Airbus an, die Amerikaner vom Thron zu stoßen. Airbus könnte 2019 zum größten Flugzeugbauer weltweit aufsteigen. Der Erfolg des Mittelstreckenjets A320neo steht im krassen Gegensatz zu dem Desaster, das sich Boeing mit seinem Konkurrenzmodell 737 Max eingebrockt hat. Und die Airbus-Aktie düst von einem Rekord zum nächsten.Boeing musste nun erneut schlechte Nachrichten verkünden, dieses Mal zum Thema Ultralangstrecken-Flugzeug 777X. Der US-Konzern musste aufgrund von Schwierigkeiten mit den Triebwerken den geplanten Start der Auslieferungen einer Ultralangstreckenversion seines neuen Modells 777X verschieben. Man habe das Entwicklungsprogramm für den Flieger überprüft und den Zeitplan angepasst, sagte ein Sprecher. Damit dürfte es schwierig für Boeing werden, fristgerecht Maschinen des Typs an die australische Fluglinie Qantas zu liefern, damit diese wie geplant 2023 einen 21-stündigen Non-Stop-Flug von Sydney nach London anbieten kann. Qantas hatte darauf gehofft, erste Flugzeuge 2022 geliefert zu bekommen. Boeing konkurriert mit Airbus um den Qantas-Auftrag für die 17 000 Kilometer lange Strecke zwischen London und Sydney. Die Airline wolle sich bis Ende des Jahres entscheiden, sagte ein Sprecher. Ein Airbus-Sprecher erklärte, der europäische Konzern stehe mit seinem Modell A350 bereit, um die Bedürfnisse von Qantas zu erfüllen.Boeing leidet derzeit unter den Folgen des Flugverbots für seine Maschinen vom Typ 737 Max. Airbus kann indes davon bisher nicht richtig profitieren. Angesichts prall gefüllter Auftragsbücher ist die Produktion der A320neo bis ins Jahr 2024 hinein ausgebucht. Die Zulieferer sind damit beschäftigt, den geplanten Ausbau der Produktionsrate auf 63 Jets pro Monate zu ermöglichen. Ein weiterer Ausbau ist im Gespräch. Die Ausfälle bei Boeing könnte Airbus aber nicht abdecken.Insgesamt will Airbus in diesem Jahr 880 bis 890 Passagier- und Frachtmaschinen ausliefern – mindestens 80 mehr als im vergangenen Jahr. Die Amerikaner hatten sich ursprünglich rund 900 Auslieferungen vorgenommen. Doch seine Jahresziele hat Boeing-Chef Dennis Muilenburg längst kassiert.Allerdings herrscht auch bei Airbus nicht nur eitel Sonnenschein. Die Produktion des weltgrößten Passagierjets A380 lässt der Flugzeugbauer im Jahr 2021 auslaufen – nur 14 Jahre nach seinem ersten Linienflug. Zudem sind die seit 2016 laufenden Korruptionsermittlungen gegen den Konzern noch immer nicht abgeschlossen. Airbus könnten dabei in Europa und den Vereinigten Staaten Strafen in Milliardenhöhe drohen. Und im Dauerstreit zwischen den USA und der EU über Subventionen für Boeing und Airbus denken die Amerikaner über Strafzölle auf Flugzeuge und Hubschrauber nach. Die Airbus-Führung fürchtet für diesen Fall “erhebliche Auswirkungen” auf Lieferungen in die USA – und negativen Folgen auf die Finanz- und Ertragslage ihres Unternehmens. Kursziel 136 EuroDie Luftfahrt-Experten unter den Finanzanalysten sind größtenteils Fans von Airbus. Von den 16 im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten empfehlen 11 die Aktie zum Kauf, die übrigen raten zum Halten der Papiere. Obwohl der Aktienkurs in diesem Jahr bereits von Rekordhoch zu Rekordhoch eilte, sehen Analysten weiterhin Luft nach oben. Im Schnitt schreiben sie der Aktie ein Kursziel von fast 136 Euro zu. Derzeit notiert das Papier bei rund 122 Euro.UBS-Analystin Celine Fornaro erwartet, dass Airbus trotz der ausgebuchten Produktion für die A320neo von Boeings Krise profitieren kann. Derzeit liege Airbus` Marktanteil in diesem Segment bei 57 %, doch er dürfte wohl auf über 60 % wachsen. Sollte es Airbus gelingen, die Neo-Produktion auf 70 Maschinen pro Monat zu steigern, dürfte das den operativen Gewinn um 600 Mill. Euro nach oben treiben, schätzt sie.Gefahren wittern Analysten weiterhin durch die möglicherweise milliardenschweren Strafen infolge der Korruptionsermittlungen – und die drohenden Strafzölle in den USA. Immerhin gingen 12 % der Airbus-Maschinen an US-amerikanische Fluggesellschaften.Für die Airbus-Aktionäre waren die vergangenen Jahre eine Erfolgsgeschichte – trotz aller Schwierigkeiten. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Kurs der Aktie mehr als verdoppelt. Nach dem Aus für die A380 und glänzenden Geschäftszahlen ging es für die Aktie bis zum Sommer immer weiter aufwärts – bis auf ein Rekordhoch von 133,86 Euro Mitte Juli. Trotz des Höhenflugs ist Airbus an der Börse aber immer noch viel weniger wert als Boeing. Zwar ist der Aktienkurs des US-Konzerns seit dem zweiten Absturz und dem Flugverbot um mehr als ein Fünftel eingebrochen. Insgesamt kommt der US-Konzern aber immer noch auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet etwas mehr als 160 Mrd. Euro. Airbus hat bisher lediglich vorübergehend die Marke von 100 Mrd. Euro geknackt.