Airbus kommt Vergleich näher

Konzern stellt 3,6 Mrd. Euro für Korruptionsstrafe zurück - Anhörung am Freitag

Airbus kommt Vergleich näher

wü Paris – Airbus steht eigenen Angaben zufolge kurz davor, die vor fast vier Jahren gegen den Konzern eingeleiteten Korruptionsermittlungen mit einem Vergleich beizulegen. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern teilte mit, dass in der Bilanz Rückstellungen von 3,6 Mrd. Euro gebildet wurden. Gerichtsanhörungen in Frankreich, Großbritannien und den USA sollen Freitag stattfinden. Man habe mit dem britischen Serious Fraud Office (SFO), dem französischen Parquet National Financier (PNF) und amerikanischen Behörden eine Grundsatzvereinbarung getroffen, die aber noch von zuständigen Gerichten in den drei Ländern und US-Regulierern abgesegnet werden müsse, erklärte Airbus. Details zum Inhalt der Vereinbarung könnten aus rechtlichen Gründen nicht gegeben werden.Der endgültige Vergleich könnte möglicherweise diese Woche oder Anfang Februar geschlossen werden, heißt es in Paris. Analysten schätzen, dass sich die Strafzahlungen auf mehr als 3 Mrd. Euro belaufen und damit deutlich höher ausfallen könnten als die 671 Mill. Pfund, zu deren Zahlung sich Triebwerkshersteller Rolls-Royce in einem Korruptionsverfahren Anfang 2017 verpflichtete. Sollte sich die Zahl bewahrheiten, läge sie am oberen Ende der Erwartungen, meint Analyst Sandy Morris von Jefferies. Er schätzt den Bargeldmittelbestand von Airbus Ende 2019 auf 13,7 Mrd. Euro netto. Airbus hat mehrmals gewarnt, dass die Korruptionsermittlungen schwere finanzielle Konsequenzen für das Unternehmen haben könnten.Der Konzern hatte die Ermittlungen mit einer Selbstanzeige ins Rollen gebracht. Daraufhin hatte die britische, für schwere Betrugsdelikte zuständige Strafverfolgungsbehörde SFO im Juli 2016 ein Verfahren eröffnet. Im März 2017 leitete dann auch die auf Finanzdelikte spezialisierte Einheit der französischen Staatsanwaltschaft PNF Ermittlungen ein. Im Kern der Untersuchungen standen externe Berater der inzwischen aufgelösten Einheit Strategy & Marketing Organisation (SMO), mit deren Hilfe Flugzeugverkäufe eingefädelt wurden. Die SMO wurde offenbar immer dann gerufen, wenn Airbus bei Verkaufsverhandlungen in bestimmten Ländern nicht weiterkam. Die Einheit setzte dann ihr Netzwerk an Mittelsmännern ein.In den USA gab es zudem Untersuchungen zu Rüstungsexporten mit amerikanischer Waffentechnik, zu denen jetzt ebenfalls eine Grundsatzvereinbarung getroffen wurde. Zusätzlich dazu ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft gegen mehrere Mitarbeiter von Airbus und Beamte wegen des möglichen Verrats von Bundeswehrgeheimnissen im Zusammenhang mit zwei künftigen Beschaffungsmaßnahmen. Im Fall der Korruptionsermittlungen können die britischen, französischen und amerikanischen Behörden auch nach einem Vergleich gegen einzelne Personen weiter ermitteln. Das britische SFO soll mit Airbus ein sogenanntes Deferred Prosecution Agreement geschlossen haben. Die Behörde steht in ihrer Heimat in der Kritik, weil sie zwar bereits mehrmals solche Vergleiche eingegangen ist, jedoch nie Manager der beteiligten Unternehmen verurteilt hat.Bei Airbus hatten die Korruptionsermittlungen auch zahlreiche Personalwechsel und Machtkämpfe ausgelöst. Letztes Jahr stoppte der Konzern die Veröffentlichung eines von ihm in Auftrag gegebenen Buches zum 50-jährigen Jubiläum des Flugzeugbauers, da es in einem Kapitel um die Korruptionsvorwürfe ging, was die Ermittlungen hätte beinträchtigen können. Nach den von Ex-Konzernchef Tom Enders angestoßenen internen Untersuchungen mussten etliche Mitarbeiter den Hut nehmen. Enders selber trat nicht mehr für ein weiteres Mandat an, und der damalige Chef der Flugzeugbausparte Fabrice Brégier, der bis dahin als designierter Nachfolger gehandelt worden war, verließ 2018 den Konzern. Genau wie Verkaufschef John Leahy, der sich vor zwei Jahren in den Ruhestand verabschiedete, und Ex-Finanzchef Harald Wilhelm, der zu Daimler ging. Der jetzige Airbus-Chef Guillaume Faury hat im April letzten Jahres das Ruder von Enders übernommen und den Vorstand weitestgehend erneuert. Mit dem Generationswechsel reagierte der Konzern auch auf die Forderungen der ermittelnden Behörden, das Management auszutauschen.Die Airbus-Aktie legte am Dienstag an der Börse von Paris 1,2 % auf 137,98 Euro zu. – Wertberichtigt Seite 8