Airline-Caterer Do & Co fasst im US-Markt Fuß
Martin Dunzendorfer.
Herr Neumeister, wie stark ist Do & Co als österreichisches Unternehmen vom jüngsten dreiwöchigen Lockdown in Ihrem Land betroffen gewesen?
Die Auswirkungen waren verkraftbar, da weniger als 10% des Umsatzes in unseren drei Geschäftsbereichen Airline Catering, Internationales Event Catering und Restaurants, Lounges & Hotels in Österreich generiert werden. Zudem wurden hierzulande Ausfallzahlungen und Kostenzuschüsse seitens der österreichischen Bundesregierung beschlossen, wenn Geschäfte geschlossen werden müssen. Das hat unsere Erlösausfälle deutlich abgefedert.
Auch in großen Teilen Europas wurden abermals Einkaufs-, Reise- und Kontaktbeschränkungen verhängt. Beunruhigt Sie das?
Das Geschäft in Europa ist im vergangenen halben Jahr nicht so angesprungen wie an anderen Orten der Welt. In den USA sehen wir zum Beispiel mehr Passagiere auf Inlandsflügen als 2019, dem Jahr vor Beginn der Coronakrise. Im Airline Catering in Deutschland haben wir im ersten Geschäftshalbjahr per Ende September nur 4 Mill. Euro Umsatz gemacht, bei einem Konzernumsatz von 286 Mill. Euro. Wenn es also auch in Deutschland zu einem Lockdown käme, würde uns das kaum tangieren.
Wie hat sich Do & Co in den vorherigen Lockdowns geschlagen?
Wir haben schon in den Lockdowns 2020 und Anfang dieses Jahres große Flexibilität hinsichtlich unserer Kosten gezeigt. So haben wir unsere Fixkosten, die Anfang vorigen Jahres etwa 20% unserer Gesamtkosten ausmachten, um die Hälfte reduziert, so dass rund 90% der Gesamtkosten variabel waren. Dieser hohe Anteil ist gerade in Zeiten, in denen die Nachfrage stark schwankt, von Vorteil, da wir so sehr flexibel sind; das ist eine Besonderheit unseres Geschäftsmodells.
Wie beurteilen Sie die jüngsten Zahlen in Ihrem Halbjahresbericht?
Sie sind sensationell gut ausgefallen und haben den Markt positiv überrascht. Tatsächlich haben wir alle Ziele und Versprechen, die wir unseren Investoren gemacht haben, eingehalten und in vielen Fällen sogar übertroffen.
Welche Ziele und Versprechen meinen Sie konkret?
Wir hatten uns vor allem zwei Kernziele gesetzt: Zum einen wollten wir unsere fundamentalen Finanzkennzahlen wieder in Ordnung bringen. Dazu zähle ich das Nettoergebnis, die Verschuldungsquote und unsere Cash-Position. Wir haben nun das vierte Geschäftsquartal in Folge ein positives Nettoergebnis erwirtschaftet – da sind wir also voll auf Kurs. Nach sechs Monaten liegt der Überschuss mit 7,3 Mill. Euro wieder im Plus nach einem Minus von 37,3 Mill. Euro in der Vorjahreszeit.
Und die Verschuldungsquote?
Auch die Verbesserung des Verhältnisses der Nettoverschuldung zum Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; die Red.) ist vorangekommen. Das ist für uns wichtig, weil wir Finanzierungen aufgenommen haben, auf denen die Quote von Net Debt zu Ebitda mit 5,5 als Covenant liegt. Am Ende des Geschäftsjahres 2020/21 per 31. März lag dieses Verhältnis bei 7,4 – also darüber. Bereits nach dem ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hatten wir die Verschuldungsquote aber auf 4,4 verringert und per Ende September sogar auf 3,7. Wenn man den Leasingstandard IFRS 16 berücksichtigt, der Bewertung und Ausweis von Leasingverhältnissen neu regelt, wären wir nach den früheren Bilanzierungsregeln schon unter 3. So aber weisen wir nun 160 Mill. Euro mehr Schulden aus.
Und die liquiden Mittel?
Wir haben unsere Cash-Position per Ende September auf 209 Mill. Euro ausgebaut, um Wachstum zu finanzieren. Dabei schließe ich übrigens die Nutzung von Opportunitäten, also Zukäufe, ein.
Sie haben Ihre Verschuldungsquote inzwischen deutlich gesenkt. Zeitweise lag sie über 20. Hatte das Folgen für die Verzinsung der dieses Jahr zurückgezahlten Anleihe?
Die Verschuldungsquote von 5,5 ist für uns ein Financial Covenant, der nur einmal im Jahr gemessen wird, um saisonale Schwankungen zu eliminieren. Er gilt für den unbesicherten 300-Mill.-Euro-Kredit, den wir von drei österreichischen Banken im März 2020 – also unmittelbar vor Beginn der Coronakrise – zu einem sehr günstigen Zinssatz von 1,5% bekommen haben; er galt nicht für die Anleihe. Mit dem Bankkredit haben wir zum einen den Retail-Bond refinanziert, zum anderen haben wir uns damit frische Liquidität zur Wachstumsfinanzierung gesichert. Vor diesem Konsortialkredit hatten wir dank der 150-Mill.-Euro-Anleihe keine Bankschulden.
Wie hoch war die Verzinsung auf die 2014 emittierte Anleihe? Wie sind die Konditionen der in diesem Jahr ausgegebenen Wandelschuldverschreibung?
Die dieses Jahr zurückgezahlte Anleihe über 150 Mill. Euro hatte einen Festzinssatz von 3,125%. Die neue Wandelschuldverschreibung im Volumen von 100 Mill. Euro wird mit 1,75% verzinst und 2026 fällig.
Wieso haben Sie sich dieses Mal für einen Wandler entschieden? Rechnen Sie damit, dass die Inhaber ihre Option ziehen und in Aktien tauschen?
Wir haben einen Wandler gewählt, um die Kapitalstruktur des Unternehmens zu verbessern. Wir hoffen und erwarten, dass das aufgenommene Fremdkapital durch die Ausgabe des Convertible Bonds bis zur Fälligkeit in fünf Jahren sich in Eigenkapital wandelt. Der Wandlungspreis liegt bei 80 Euro (aktueller Kurs: rund 77 Euro; die Red.). Dadurch würde sich erneut unsere Verschuldungsquote verbessern.
Wie sehen Ihre Wachstumspläne und Margenziele aus?
Wir haben noch viele große Wachstumsziele. Aber wir wollen nicht wachsen um des Wachsens Willen oder um jeden Preis. Oberstes Ziel ist, profitabel und nachhaltig zu wachsen.
Wo liegen Ihre mittelfristigen Umsatzziele?
Unser Umsatzpotenzial wird vom Markt nicht richtig wahrgenommen. Vor der Krise, im Geschäftsjahr 2019/20, haben wir 935 Mill. Euro erlöst. Durch die Krise sind uns mindestens 65 Mill. Euro weggebrochen. Zu Pre-Corona-Levels würden wir heute dank neuer Kunden bei 1,5 Mrd. Euro stehen. Mit jedem weiteren Ausschreibungsgewinn werden wir uns Stück um Stück Richtung 2 Mrd. Euro bewegen.
Sie sprachen vorhin von zwei Kernzielen
Das zweite Kernziel war und ist, bei aller Restrukturierung aufgrund des volatilen Umfeldes das Wachstum und die Kunden nicht aus den Augen zu verlieren. Das betrifft insbesondere unseren größten Geschäftsbereich Airline Catering, der etwa drei Viertel zum Konzernumsatz beiträgt. Auch in dieser Division ist ein ganz besonderer Erfolg zu vermelden. Wir sind stolz, mit Delta Air Lines einen neuen Partner gewonnen zu haben. Bis vor einem Jahr hatten wir keine US-amerikanischen Kunden. Nun haben wir im März mit Delta Air Lines die nach Umsatz größte Fluggesellschaft der Welt als Kunden gewonnen. Dadurch haben wir in Detroit unseren 33. Standort weltweit mit einer permanenten Küche eröffnet.
Besteht die Aussicht auf den Gewinn weiterer Standorte?
Das ist bereits geschehen. Nur sechs Monate nach dem Start in Detroit konnten wir am 8. Dezember bekannt geben, dass Do & Co vom kommenden Quartal an für die nächsten zehn Jahre der alleinige Hub-Caterer von Delta in Boston sein wird und alle Kurz- und Langstreckenflüge – insgesamt 170 bis 180 – versorgt. Der Standort Boston zählt zu den wichtigsten US-Hubs der Fluglinie. Es wird unser 34. Standort weltweit sein und neben New York, Los Angeles, Chicago und Detroit der fünfte Standort in den USA.
Ist Delta bis auf Weiteres Ihr einziger Kunde in den USA?
Nein, wir konnten auch American Airlines und Spirit in Detroit gewinnen. Besonders erfreulich ist, dass wir seit 15. Dezember auch den Jet-Blue-Hub am John-F.-Kennedy-Flughafen in New York betreuen.
In welcher Größenordnung müssen Sie wegen der drei neuen Standorte in den USA Personal aufbauen?
Wir werden allein im Geschäftsjahr 2021/22 mehr als 1000 neue Mitarbeiter in den USA anstellen.
Delta und Jet Blue sind zwei US-Airlines. Da stellt sich grundsätzlich die Frage nach der Risikoverteilung, da Do & Co viele Jahre stark abhängig vom Türkei-Geschäft war.
Wir stehen heute wesentlich breiter da als noch vor ein paar Jahren, als unter anderem das Geschäft mit unserem langjährigen Kunden Turkish Airlines einen Großteil des Konzernumsatzes ausmachte. Der Game Changer war sicher der Gewinn von British Airways als Kunde 2018. Kurz danach konnten wir auch Iberia, die ja mit BA und Vueling die International Airlines Group bildet, als Kunden gewinnen. Hinzu kommt, dass wir für Delta und Jet Blue nur Inlandsflüge betreuen, für die meisten anderen Kunden aber vor allem internationale Flüge. Auch das trägt zu einer besseren Risikoverteilung bei.
Stichwort Türkei. Anfang 2020 kostete ein Euro 6,67 türkische Lira. Ende des Vorjahres waren es 9,07 und vor kurzem 18,64 Lira. Zuletzt mussten für einen Euro rund 13 türkische Lira gezahlt werden. Der Währungskollaps der türkischen Währung muss Do & Co doch empfindlich treffen?
Einerseits ja. In den vergangenen Jahren wurde ein großer Teil der Umsätze in türkischer Lira generiert. Diese hat dann im Vorjahr um rund 30% abgewertet. Wenn wir dennoch stabile Erlöse gezeigt haben, bedeutet das, dass wir in den anderen Divisionen um 100 Mill. Euro zugelegt haben. Tatsache ist: Wir sind immer gewachsen, auch wenn das wegen der Wechselkursverluste nicht immer sichtbar war.
Aber wie wirkt sich die sich beschleunigende Abwertung in diesem Jahr aus?
Im zweiten Quartal betrug der Verlust im Umsatzausweis, bedingt durch die Abwertung der türkischen Lira, rund 12 Mill. Euro, im ersten Geschäftshalbjahr waren es 19 Mill. Euro. In der Türkei haben wir aber seit 16 Jahren ein Cost-plus-System vereinbart, und das gilt auch noch für die nächsten 13 Jahre. Das heißt, die Marge ist fixiert und ist unabhängig von Inflation oder einer Währungsschwankung. Einzig das Translation Risk in unserer Gewinn-und-Verlust-Rechnung bleibt.
Was unterscheidet Do & Co von den Wettbewerbern?
Wir sind die Einzigen mit einem „Branded Product“. Das ist das größte Versprechen an unsere Kunden für Qualität. Do & Co ist eine Marke. Wenn Sie mit British Airways nach London fliegen und danach ins Wembley-Stadion zu einem Champions-League-Finale gehen oder zum Grand Prix von Silverstone, werden Sie jedes Mal mit Do & Co in Berührung kommen. Deswegen ist es uns nicht egal, was in einem Flugzeug oder in einem Stadion serviert wird. Wir versuchen uns in einem von Commodity und Convience Food geprägtem Umfeld mit täglich frischen Essen, frei von Geschmacksverstärkern und Konservierungsmitteln, zu unterscheiden.
Im Airline Catering ist einiges in Bewegung geraten.
Ja. Der Branchenführer, Gate Gourmet, hat 2019 der Deutschen Lufthansa die Nummer 2, LSG Sky Chefs, abgekauft. Allerdings nicht vollständig, sondern nur das Europa-Geschäft. Die Lufthansa sucht derzeit noch einen Käufer für den Rest.
Wie wirkt sich die Konsolidierung auf Do & Co aus?
Für uns ist das positiv, denn die Airlines möchten kein Duopol oder gar Monopol auf dem Catering-Markt. Deswegen diversifizieren sie bei ihren Aufträgen, wovon auch wir profitieren. Wir halten einen Anteil von weniger als 10% am etwa 15 Mrd. Euro schweren Airline-Catering-Markt weltweit und sind damit die Nummer 3 oder 4. Dabei muss man berücksichtigen, dass für uns nur rund die Hälfte des Gesamtmarktes von Bedeutung ist, denn die Low-Cost-Carrier dieser Welt sind nicht an Premiumprodukten interessiert.
Stimmt es, dass die Zufriedenheit Ihrer Kunden in die Bezahlung einfließt?
Ja. Den Focus auf Performance haben wir nicht zuletzt in der Formel 1 gelernt. Wir lassen uns gerne an unserer Leistung messen. Tatsächlich ist es eine Besonderheit in unseren Verträgen, dass wir die Qualität unserer Produkte und die Kundenzufriedenheit als Commitment aufnehmen. Das könnte uns bei einer negativen Beurteilung ein bis zwei Prozentpunkte an Marge kosten, doch das zeigt, wie sehr wir an unsere Performance glauben. Im Gegenzug können wir bei einer positiven Entwicklung unsere Margen erhöhen.
Welche Airline-Kunden haben Sie in den vergangenen Jahren verloren?
Wir haben über die Jahre kaum Kunden verloren – und wenn, dann weil ein Kunde zum Beispiel unter Chapter 11 fiel, also insolvent wurde und sich Do & Co nicht mehr leisten konnte. Aber die Zahl dieser Fälle und der Umsatzwegfall sind absolut vernachlässigbar.
Wie sieht es im Geschäftsbereich Internationales Event Catering hinsichtlich neuer Verträge oder Vertragsverlängerungen aus? Die Kontaktbeschränkungen, die vielerorts gelten, müssen Do & Co doch zusetzen?
Tatsächlich haben wir den Vertrag mit der Formel 1 zu verbesserten Konditionen verlängert. Auch der Vertrag mit Bayern München wurde bis 2030 prolongiert. Darüber hinaus betreuen wir hochkarätige Großveranstaltungen wie das PGA Golfturnier in Madrid, das ATP-Tennisturnier in Wien und das Hahnenkamm-Skirennen Kitzbühel. Das bedeutet für unsere Investoren, dass es hinsichtlich des künftigen Geschäfts große Sicherheit und Transparenz gibt.
Do & Co ist im Retail, also dem Geschäft mit Privatkunden, groß geworden. Spielt das aus heutiger Sicht noch eine Rolle?
Unbedingt. Das ist unsere Stärke. Wir verkaufen unser Essen in unseren eigenen Restaurants – das ist die Benchmark für Qualität. Unsere Köche wissen nicht, ob das von ihnen zubereitete Essen in einem unserer Restaurants verkauft, abends auf einem Staatsempfang angeboten oder in der Business Class auf einem Austrian-Airlines-Flug gereicht wird. Schon von daher darf es keine Qualitätsunterschiede geben.
Eine Dividende wurde letztmals im Juli 2019 für 2018 ausgeschüttet. Damals waren es 0,85 Euro je Aktie. Wieso fiel die Dividende jetzt schon zwei Jahre aus? Wird für 2021/22 voraussichtlich etwas ausgeschüttet?
Ich finde, wir sollten zu unserer alten Dividendenpolitik zurückkehren, wonach 25% des Nettoergebnisses ausgeschüttet werden. Ich glaube, dass es unsere Zuversicht unterstreichen würde, wenn wir bei einem anhaltend positiven Ergebnis dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung vorschlagen würden, eine Dividende auszuschütten. Wenn wir zum Beispiel einen Überschuss von 10 Mill. bis 12 Mill. Euro erwirtschaften sollten, würde uns eine Dividendensumme von rund 3 Mill. Euro angesichts unserer hohen liquiden Mittel bei der Finanzierung nicht fehlen.
Do & Co ist seit dem 30. Juni 1998 an der Wiener Börse gelistet. Seit Dezember 2010 gibt es ein Zweitlisting an der Börse in Istanbul. Warum?
Die Türkei ist und bleibt für uns ein wichtiger Markt. Wir zeigen damit unser ganz klares Commitment.
Das Interview führte