CFO-InterviewChristian Danninger

Aixtron setzt auf disruptive Display-Technik

Aixtron profitiert stark von der wachsenden E-Mobilität und der Energiewende, wo Leistungselektronik-Halbleiter gebraucht werden. CFO Christian Danninger beschreibt im Interview die künftigen Märkte des MDax-Konzerns und sagt, warum er nicht an eine feindliche Übernahme glaubt.

Aixtron setzt auf disruptive Display-Technik

Im Interview: Christian Danninger

Aixtron setzt auf disruptive Display-Technik

Nach der Leistungselektronik versprechen Mikro-LEDs großes Wachstumspotenzial — China-Anteil am Umsatz sinkt

Von Antje Kullrich, Aachen

Aixtrons Geschäfte laufen wegen des Booms der E-Mobilität und der Energiewende glänzend, die künftigen Märkte sind auch schon in Sicht. Um das Potenzial ausschöpfen zu können, investiert der MDax-Konzern 100 Mill. Euro in ein neues Innovationszentrum. CFO Christian Danninger erläutert, warum Aixtron großes Wachstum allein stemmen kann.

Herr Danninger, die Zahlen des dritten Quartals waren gut, nur der Auftragseingang fiel etwas ab. Sind Sie nach der Hälfte des Schlussquartals 2023 weiterhin zuversichtlich für Ihre Jahresziele?

Wir stehen voll dahinter. Es gibt gewisse unterjährige Muster in unserem Geschäft. Traditionell kommt eine große Zahl von Aufträgen gegen Ende des Jahres herein. Wir haben eine große Pipeline an Aufträgen in der Mache – über viele unterschiedliche Regionen, Endmärkte und Kunden verteilt.

Früher war es das LED-Geschäft, jetzt macht Aixtron einen großen Teil des Umsatzes mit Leistungselektronik. Ist das nicht ein neues Klumpenrisiko?

Die optoelektronischen Märkte sind immer noch sehr wichtig für uns. Auf die Leistungselektronik haben wir jahrelang hingearbeitet. Der gesamte adressierbare Markt ist dort sehr groß und wächst auch noch weiter, denn wir sprechen über die gesamte Stromversorgung von allen elektrischen Geräten – von Handys, Laptops, Fernsehern über Wärmepumpen und Klimanlagen bis hin zu Autos. Im Moment basiert der Markt noch auf der sehr ausgereiften Siliziumtechnik. Die neuen Materialien Galliumnitrid und Siliziumkarbid sind in ihren physikalischen Eigenschaften jedoch deutlich überlegen. Die beiden haben begonnen, das Silizium zu ersetzen. Galliumnitrid hat derzeit erst eine Penetrationsrate von 3%.  Das Potenzial ist groß, weil das Galliumnitrid immer günstiger wird und gleichzeitig deutlich energieeffizienter ist Wir gehen davon aus, dass Galliumnitrid bis zum Ende der Dekade großes Wachstum für uns bringen wird.

Verschieben sich dabei die Kundengruppen?

Ja, es sind andere Halbleiterhersteller als bei LEDs. Unser Geschäft war sehr Asien-lastig, jetzt diversifiziert es sich. Es sitzen starke Leistungselektronik-Hersteller in Europa und den USA, z.B. Texas Instruments, Wolfspeed oder Bosch, die zu unseren Kunden gehören. Für die wachsende E-Mobilität müssen die Ladeinfrastrukturen ja erst aufgebaut werden, da ist der Bedarf an Chips auf Basis von Siliziumkarbid groß. Seit dem Launch unserer entsprechenden Anlage im September 2022 haben wir mittlerweile einen Marktanteil von rund 50% erreicht in diesem schnell wachsenden Markt.

Welches sind denn die größten Risiken für Aixtron im Moment?

Die allgemeinen Zyklen in der Halbleiterindustrie sorgen uns derzeit weniger, da die Galliumnitrit- und Siliziumkarbid-Anwendungen bestehende Techniken substituieren und wir hier eine gewisse Sonderkonjunktur in ohnehin schnell wachsenden Märkten sehen. Das Technik-Risiko ist in unserer Industrie natürlich immer da.

Was man bei der gescheiterten OLED-Strategie von Aixtron ja auch gesehen hat, in der Aixtron sich nicht durchsetzen konnte.

Wir haben uns in der Vergangenheit sehr stark auf die pure Technologie in ihrer besten Qualität fokussiert und den Kostenaspekt etwas vernachlässigt. Wir konzentrieren uns seit mehreren Jahren nicht nur auf die Qualität, sondern auch auf die Produktivität und die Kosteneffizienz. Das war ein Learning. Bei OLED waren wir technologisch etwas spät dran, bei unseren aktuellen Technologien sind wir absoluter Vorreiter. Wir haben daraus auch den Schluss gezogen, eng bei unseren Kernkompetenzen zu bleiben und das ist die Abscheidung anorganischer Verbindungshalbleiter.

Wie wichtig ist der chinesische Markt für Aixtron? In der Vergangenheit war der Umsatzanteil dort ja sehr hoch.

China ist und bleibt ein wichtiger Markt. Der Umsatzanteil ist aber auf rund 20 bis 30% zurückgegangen, einfach weil die anderen Märkte vor allem im Bereich der Leistungselektronik stärker gewachsen sind.

Verzögerte Exportlizenzen hatten Aixtrons Geschäfte zu Beginn des Jahres belastet, einige ihrer Konkurrenten leiden immer noch darunter. Bleibt das nach Ihrer Einschätzung ein Problem?

Uns beschäftigt das Thema seit etwa einem Jahr. Wie sehen aber, dass sich die Situation allmählich normalisiert und die Bearbeitungszeiten wieder kürzer werden. Wir haben keinen einzigen Auftrag aufgrund der Verzögerung bei den Exportlizenzen verloren.  Wir gehen davon aus, dass sich die Problematik im Laufe des Jahres 2024 vollständig auflöst und dann kein Thema für uns mehr sein wird. Wir haben uns darauf auch eingestellt, indem wir sehr früh direkt bei Auftragseingang den Antrag auf die Exportlizenz stellen.

Aixtron investiert 100 Mill. Euro in ein neues Innovationszentrum. Warum brauchen Sie das?

Aixtron hat immer frühzeitig Technologien und Trends erkannt und sie über viele Jahre zur Marktreife gebracht. Das galt bei der Gründung der Aixtron für den LED-Bereich, das gilt jetzt für die Leistungselektronik, das gilt langfristig für weitere Anwendungen unserer Technologie. Wir brauchen viele Reinraumkapazitäten – für unsere eigene F&E, aber auch, weil wir die Zusammenarbeit mit unseren Kunden intensivieren und gemeinsame Entwicklungen forcieren.

Wie stark wird der Bau Ihr Investitionsbudget belasten?

Wir werden temporär schon merklich erhöhte Investitionen sehen. Der größte Teil wird im kommenden Jahr über die Quartale verteilt verbucht werden, da jetzt der Spatenstich erfolgt und die Fertigstellung für 2025 geplant ist. Unsere Gewinn- und Verlustrechnung wird wegen der langen Abschreibungszeiten geringer belastet.

Was plant Aixtron langfristig, was sind die kommenden Märkte?

Micro-LED wird die nächste disruptive Display-Technologie sein, die LCD- und OLED-Displays ersetzen wird.  Die Bildqualität ist der bestehenden Technik weit überlegen, zum Beispiel bei offenem Sonnenlicht. Das Ganze ist außerdem verbunden mit deutlich höherer Energieeffizienz, das heißt, Micro-LED-Displays werden bis zu 90% weniger Strom verbrauchen. Die großen Unterhaltungselektronik-Hersteller treiben ihre Entwicklung zu Micro-LED sehr konsequent voran. Es gibt jedoch noch technische Herausforderungen, die nicht auf unserer Wertschöpfungsstufe liegen. Wir sind bereit.

Wo steht der Markt?

Heute kostet ein Micro-LED-Fernseher noch 100.000 Euro. Es ist aber nicht die Frage, ob die Technik kommt, sondern wann sie im kommerziellen Maßstab zur Verfügung stehen wird. Für uns ist das Marktpotenzial bei Micro-LED ähnlich groß wie in der Leistungselektronik. Wir sehen Geschäftschancen ähnlich wie bei Galliumnitrid oder Siliziumkarbid.

Da Aixtron nach Ihren Worten immer sehr langfristig denkt: Und was kommt danach?

Wir haben langfristig viele Ideen und Ansätze für weitere Materialsysteme und neuartige Verbindungshalbleiter, die ein enormes Potenzial für weitere Anwendungen haben – etwa im Bereich Quantencomputing. . Mehr kann ich hier aber noch nicht verraten, denn es liegt in der Natur unseres Geschäfts, dass diese Innovationszyklen 10 bis 15 Jahre dauern.

Vor sieben Jahren war Aixtron Ziel einer aufsehenerregenden Übernahmeofferte von chinesischer Seite, die letztlich durch politische Intervention der USA scheiterte. Der Konzern hat weiterhin keinen Ankeraktionär. Wie stark ist Aixtron ein M&A-Kandidat?

Wir verfügen über die Strategie, das notwendige Kapital und die Technologien und Kompetenzen, um unsere Ideen auch in Zukunft eigenständig umzusetzen und das Potenzial realisieren zu können. Uns fehlt nichts. Wir haben keinen Bedarf. Feindliche Übernahmen sind in unserer Industrie auch eher unüblich, weil die Branche sehr innovations- und Personen-getrieben ist.

Kann Aixtron das angestrebte Wachstum denn alleine stemmen?

Wir haben bisher das Wachstum sehr gut alleine bewältigen können. Texas Instruments hat uns kürzlich nicht nur für unser Produkt, sondern auch für den Kundenservice ausgezeichnet. Wir haben zudem ein sehr flexibles Operating Model in dem Sinn, dass unsere Wertschöpfungstiefe in der Produktion relativ gering ist. Wir machen bei uns die Endmontage, die Komponentenfertigung übernehmen aber Lieferanten Deshalb müssen wir auch keine großen neuen Produktionskapazitäten aufbauen. Das Wachstum ist deshalb für uns nicht so kapitalintensiv.

Reicht die „Standleitung“ zur RWTH in Aachen – Aixtron war ja eine Ausgründung –, um dem Fachkräftemangel zu begegnen?

Wir haben innerhalb weniger Jahre die Belegschaft fast verdoppelt. Am Arbeitsmarkt braucht man mittlerweile wie an der Börse eine gute Story. Die haben wir. Hier können Talente an Technologie arbeiten, wie sie es sonst an nicht vielen Stellen können.

Das Interview führte Antje Kullrich.

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