Akorn-Deal von Fresenius wackelt

Verdacht auf Verstöße gegen FDA-Vorgaben - Untersuchung dauert an - Rekordjahr und weitere Dividendenerhöhung

Akorn-Deal von Fresenius wackelt

Der Gesundheitskonzern Fresenius prüft Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Produktentwicklung des US-Generikaanbieters Akorn. Sollten die Vorwürfe stichhaltig sein, könnte die geplante Übernahme platzen. Das Akorn-Management geht dagegen davon aus, dass die Transaktion nicht gefährdet ist.hek Frankfurt – Die zweitgrößte Akquisition in der Firmengeschichte von Fresenius könnte scheitern. Hintergrund sind mögliche Verstöße gegen Vorgaben der US-Gesundheitsbehörde FDA zur Datenintegrität in der Produktentwicklung von Akorn, die Fresenius für 4,75 Mrd. Dollar übernehmen will. “Sollten sich die Vorwürfe als stichhaltig erweisen und so materiell sein, dass dadurch unsere Ziele beeinträchtigt würden, können wir von dem geschlossenen Vertrag zurücktreten”, sagte Chief Executive Officer Stephan Sturm am Dienstag.Bei der Untersuchung, die bereits seit einigen Wochen läuft, zieht Fresenius externe Berater und Anwälte zurate. Ausgelöst wurden die Recherchen durch anonyme Hinweise auf Missstände im Produktentwicklungsprozess von Akorn. Die Überprüfungen würden vermutlich noch einige Wochen dauern, sagte Sturm. Es sei viel zu früh, über den Ausgang der Untersuchungen zu spekulieren.”Sollten sich die Vorwürfe als nicht materiell erweisen, werden wir die Transaktion selbstverständlich durchziehen”, betonte der Konzernchef. Er zeigte sich überzeugt davon, dass flüssige Nachahmermedikamente in den USA ein großer Wachstumsmarkt seien. Akorn-Aktie bricht einBei Fresenius-Aktionären kam die Nachricht über die Untersuchung bei Akorn gut an. Denn angesichts der zuletzt schwachen operativen Geschäftsentwicklung des US-Unternehmens befürchten Investoren, dass Fresenius einen zu hohen Preis bezahlt. Akorn war im dritten Quartal 2017 sogar in rote Zahlen gerutscht, Daten zum Verlauf des vierten Quartals liegen bisher nicht vor. Fresenius-Aktien legten am Dienstag um gut 4 % zu. Die Akorn-Papiere rauschten dagegen an der US-Börse um 30 % in die Tiefe. Sturm wehrte sich gegen den Verdacht, Fresenius habe Akorn vor Unterzeichnung des Kaufvertrags nicht genau genug geprüft. Keine andere Due Diligence seit 2005, als der frühere Investmentbanker zu Fresenius kaum, sei so aufwendig und intensiv gewesen wie die bei Akorn. Allerdings gab es Restriktionen – die Produktentwicklung war bei der Due Diligence laut Sturm weitgehend ausgeklammert. Stattdessen machte der Verkäufer vertragliche Zusicherungen, die nun Gegenstand der Prüfung sind. Auch der eher zweifelhafte Ruf Akorns, der auf frühere Bilanzunregelmäßigkeiten und Mängel in der Produktherstellung zurückgeht, sei bekannt gewesen. Die bisherigen Kosten für den Akorn-Deal einschließlich des Aufwands für die noch laufende Untersuchung veranschlagt Sturm auf einen zweistelligen Millionenbetrag, “aber kein hoher”.Akorn versuchte dagegen, mit einer Stellungnahme die Gemüter zu beruhigen. Demnach geht das Management davon aus, dass der Abschluss der Transaktion nicht gefährdet ist. Bisher seien keine Fakten entdeckt worden, die einen wesentlichen Einfluss auf die eigene Geschäftstätigkeit hätten. “Stabil und dynamisch”Geschäftszahlen und Ausblick gerieten auf der Bilanzpressekonferenz angesichts der Akorn-Vorgänge in den Hintergrund. Dabei war 2017 geschäftlich “ein herausragendes Jahr”, wie Sturm sagte. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte um 15 % auf 4,9 Mrd. Euro zu, der Nachsteuergewinn um 21 % auf 1,9 Mrd. Euro. Der Umsatz kletterte auf 33,9 Mrd. Euro, bereinigt um Wechselkursverschiebungen ein Plus von 16 %. 2017 sei das 14. Rekordjahr in Folge: “Die Zahlen zeigen, dass wir stabil und dynamisch wachsen.” Die Aktionäre sollen eine von 0,62 auf 0,75 Euro erhöhte Dividende erhalten. Bei den Segmenten ragt die Kliniksparte Fresenius Helios heraus, die einen Umsatz- und Ergebnissprung um rund die Hälfte ausweist, der vor allem auf die Übernahme der spanischen Krankenhauskette Quirónsalud zurückgeht. Sturm zeigte sich “ausgesprochen zufrieden” mit der Akquisition, die alle Erwartungen mindestens erfüllt habe. Das deutsche und das spanische Klinikgeschäft werden nun unter einer Holding gebündelt.Für 2018 stellt Fresenius 5 bis 8 % Umsatzwachstum und einen Anstieg des Konzerngewinns von 6 bis 9 % in Aussicht, jeweils währungsbereinigt. Werden darüber hinaus die Aufwendungen für die Entwicklung von Biosimilars (biotechnologisch erzeugte Nachahmermedikamente) herausgerechnet, liegt das Ziel bei 10 bis 13 % Ertragsplus. Vergleichsweise bescheiden fällt der Ergebnisausblick für Fresenius Kabi aus. Bei der auf flüssige Generika spezialisierten Tochtergesellschaft steht ein Gewinnrückgang vor Zinsen und Steuern von 3 bis 6 % im Raum, was neben den Biosimilars-Aufwendungen auf Probleme bei HES-Blutvolumenersatzstoffen zurückgeht.Enttäuscht zeigten sich Investoren von der Dialysetocher Fresenius Medical Care (FMC), deren Aktie zeitweise um 5 % nachgab. FMC stellt für das laufende Jahr 8 % währungsbereinigtes Umsatzplus in Aussicht. Das Konzernergebnis, das 2017 bei 1,28 Mrd. Euro lag, soll um 13 bis 15 % vorankommen. Allerdings ist der Anstieg vor allem dem niedrigeren US-Steuersatz zu verdanken. Die wiederkehrenden Effekte aus der US-Steuerreform werden auf 140 bis 160 Mill. Euro veranschlagt. FMC will eine um 0,10 Euro auf 1,06 Euro erhöhte Dividende ausschütten.