Equity Capital Markets

Aktienemissionsmarkt "besser, aber nicht einfacher"

Das Aktienemissionsvolumen in Europa ist im ersten Halbjahr kräftig gestiegen. Es waren aber hauptsächlich Sekundärplatzierungen, bei denen Großaktionäre ihre Anteilspakete versilberten, wie etwa Blackstone bei der Londoner Börse. Neue Aktien aus Börsengängen oder Kapitalerhöhungen machten nur 20% aus.

Aktienemissionsmarkt "besser, aber nicht einfacher"

Aktienemissionsmarkt “besser, aber nicht einfacher”

Investmentbank Berenberg konstatiert 2023 bis dato ein Drittel mehr Volumen – Viel Sekundärplatzierungen – Wenig IPOs und Kapitalerhöhungen

cru Frankfurt

Seit fast eineinhalb Jahren kämpfen die Notenbanken mit Zinserhöhungen gegen die Inflation. Das hat den Markt für Aktienemissionen gedämpft. Doch jetzt gibt es erste Anzeichen einer Verbesserung. Das Volumen der Börsengänge und Kapitalerhöhungen von Unternehmen in Europa ist in der ersten Hälfte dieses Jahres im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum um 36% auf 48 Mrd. Euro geklettert – wenngleich die Anzahl der Transaktionen mit jeweils mehr als 50 Mill. Euro Umfang um 10 auf 135 schrumpfte. Das geht aus den Daten hervor, die die Investmentbank Berenberg zusammengestellt hat.

Der Zuwachs beim Volumen ist demnach das Ergebnis eines Anstiegs der ABO-Volumina (Accelerated Bookbuilding) um ca. 34%. Die IPO-Volumina (ohne Spacs) dagegen fallen um rund 30% niedriger aus als zu diesem Zeitpunkt im vergangenen Jahr – und sogar um rund 88% niedriger als in der ersten Hälfte des Jahres 2021, als der offene Geldhahn der Notenbanken und billionenschwere staatliche Konjunkturprogramme den Markt antrieben. Auch der Umfang der Bezugsrechtsemissionen ist 2023 erneut gesunken. Deren Volumina haben gegenüber der ersten Hälfte des Jahres 2021 um rund 60% abgenommen und auch im Vergleich zu längerfristigen Mittelwert liegt das Minus bei fast 40%.

“Die Aktienmärkte und die Anleger suchen nach Hinweisen darauf, wann und wo die Zinssätze ihren Höchststand erreichen und wie sich die Zinserhöhungen auf die globale Wirtschaft und die Aktienmärkte auswirken”, sagt Bastian Schiedat, Head of European Equity Syndicate Desk. “Die globale Ungewissheit überträgt sich auf die Börsengänge, die Stabilität und Transparenz bräuchten.” Das Vertrauen in die Aussichten werde der Schlüssel zu einem nachhaltigen Aufschwung der IPO-Aktivität sein. Es sei im ersten Halbjahr 2023 “besser, aber nicht einfacher” geworden.

Weltweit ist das Volumen der Aktienemissionen im ersten Halbjahr gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 8% gestiegen. Der Anteil Europas am weltweiten Equity-Capital-Markets-Emissionsvolumen stieg von 16% auf 21%. Die USA sind wieder an die Spitze der Rangliste der aktivsten Aktienemissionsmärkte zurückgekehrt – mit einem Anteil am globalen Volumen, der von 21% auf 30% stieg, nachdem die USA 2022 erstmals hinter China zurückgefallen waren. Chinas Anteil dagegen dampfte im laufenden Jahr von 35% auf 25% ein. Das gesamte Transaktionsvolumen in den USA ist gegenüber der ersten Hälfte des Jahres 2022 um 60% gestiegen, mit 80% mehr Transaktionen. Der Anteil des Nahen Ostens am weltweiten IPO-Volumen ist von 15% im Jahr 2022 auf jetzt 10% gesunken.

In Europa haben italienische Börsengänge einen Großteil der Aktivitäten im ersten Halbjahr 2023 dominiert. “Ein erfolgreicher Börsengang zu Beginn des Jahres wie der des Autozulieferers Eurogroup Laminations, der Komponenten für Elektromotoren herstellt, mit 432 Mill. Euro Emissionserlös trägt viel dazu bei, das Vertrauen in den IPO-Markt wieder zu stärken”, sagt Berenberg-Banker Schiedat. “Seitdem haben wir die italienischen IPOs des Glücksspielanbieters Lottomatica (690 Mill. Euro), des Möbeldesignspezialisten Italian Design Brands (70 Mill. Euro), die Zweitnotiz des in Hongkong gelisteten Yachtenbauers Ferretti in Mailand (292 Mill. Euro) und die Vermarktung des Behörden-Digitalisierers Maggioli gesehen, die noch läuft.” Sinnvoll strukturierte Transaktionen, bei denen ungefähr drei Viertel des Emissionserlöses an das Unternehmen fließen, mit hochwertigen Vermögenswerten zu angemessenen Bewertungen in Sektoren, die in letzter Zeit vom globalen Rückenwind profitiert haben – wie Luxusgüter, globale Industrieunternehmen oder erneuerbare Energien –, konnten laut Schiedat das schwierige Marktumfeld überwinden. Die Unterstützung von Investoren aus Italien sei oft groß gewesen: “Das war ein natürliches Sprungbrett für eine erfolgreiche Notierung in Mailand.”

Sekundärplatzierungen trugen am stärksten zu den Volumina in Europa bei. Da der Stoxx 600 seit dem Tiefststand im September 2022 um 18% gestiegen ist und seit Februar 2023 neue 52-Wochen-Höchststände erreicht hat, konnten die Verkäufer kurze Marktfenster nutzen, um im ersten Halbjahr Sekundärplatzierungen im Wert von rund 23 Mrd. Euro zu bepreisen. Das entspricht rund 50% des gesamten Emissionsvolumens. Da die Volatilität nachgelassen hat – der Volatilitätsindex Vix, auch “Angstbaromter” genannt, liegt nun unter 15 –, haben sich die Abschläge schnell auf einen gewichteten Durchschnitt von 4,4% für sekundäre beschleunigte Bookbuildings (ABOs) in diesem Jahr verringert – verglichen mit 6,1% im Jahr 2022. Das war in erster Linie auf eine Handvoll großer Transaktionen zurückzuführen ist, darunter die London Stock Exchange mit 2,7 Mrd. Pfund. Verkäufer der Aktien waren hier unter anderem Blackstone und Thomson Reuters.

Das Aktienemissionsvolumen in Europa ist im ersten Halbjahr kräftig gestiegen. Es waren aber hauptsächlich Sekundärplatzierungen, bei denen Großaktionäre ihre Anteilspakete versilberten, wie etwa Blackstone bei der Londoner Börse. Neue Aktien aus Börsengängen oder Kapitalerhöhungen machten nur 20% aus.

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