M&A

Aktivistische Investoren umtriebiger denn je

So umtriebig wie im Jahr 2023 waren aktivistische Investoren noch niemals zuvor. Weltweit kamen die meisten Kampagnen von Elliott. Dahinter folgten Starboard Value, Oasis Management und ValueAct gleichauf. Das geht aus dem "Review of Shareholder Activism" der Investmentbank Lazard hervor.

Aktivistische Investoren umtriebiger denn je

Aktivistische Investoren aktiver denn je

Lazard: Kräftiger Anstieg im Jahr 2023 auf Rekordzahl von 252 Kampagnen – Elliott, Starboard Value und Oasis führen

cru Frankfurt

Mit 252 neuen Kampagnen weltweit im Jahr 2023 waren aktivistische Investoren umtriebiger denn je - mit einem Anstieg von 7% im Vergleich zum Jahr 2022. Das geht aus dem “Review of Shareholder Activism” der Investmentbank Lazard hervor. Vor allem im sonst ruhigeren vierten Quartal kletterte die Zahl der neuen Kampagnen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 19% auf 87. Bemerkenswert ist der starke Anstieg der Zahl der „First-Timers“ - also solcher Investoren, die erstmals direkten Einfluss auf Firmen nehmen: 77 von insgesamt 183 Investoren starteten das erste Mal Aktivismus-Kampagnen gegen Unternehmen. Auch dies ist eine Rekordzahl.

Vor allem Technologieunternehmen wurden zum Ziel von Attacken. Auf sie richteten sich 16% der Kampagnen. Ein Beispiel dafür ist der Einstieg von ValueAct Capital beim US-Online-Reisebüro Expedia mit der Begründung das an der Börse mit 17 Mrd. Dollar bewertete Unternehmen sei bereit für starkes Wachstum.

In Deutschland musste sich der weltweit größte Chemiehandelskonzern Brenntag mit gleich zwei aktivistischen Investoren herumschlagen. Nach Prime Stone forderte mit Engine Capital aus New York noch ein zweiter Hedgefonds die Aufspaltung des Unternehmens. Das Spezialitätengeschäft soll separiert werden.

Es gibt laut Lazard insgesamt weiterhin erhöhte “Schwarmaktivitäten”, bei denen mehrere Aktivisten gleichzeitig oder kurz hintereinander dasselbe Ziel verfolgen. In Europa gab es dafür im Jahr 2023 ein Dutzend Beispiele.

Noch stärker als die Zahl der Kampagnen allgemein wuchs die Zahl der Attacken von Newcomern mit 43%. Die "First Timers" hatten einen Rekordanteil von mehr als einem Drittel. Obwohl Elliott in Europa sehr aktiv blieb, sank der Anteil der etablierten Hedgefonds insgesamt von 25% auf weniger als 10%, weil viele der sonst führenden Adressen keine neuen Kampagnen lancierten.

Auch in ganz Europa waren Aktivisten so umtriebig wie nie zuvor. 69 neue Kampagnen machten das Jahr 2023 zum aktivsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Europäische Kampagnen machten knapp 30% aller weltweiten Aktivitäten aus und konzentrierten sich vor allem auf zwei Länder: Den größten Anteil hatte wie auch in den Jahren davor Großbritannien mit 41% der europäischen Kampagnen. In Deutschland war der Anteil mit 20% der europäischen Kampagnen so hoch wie nie zuvor und deutlich höher als im Jahr 2022. Insgesamt stieg auch der Anteil von Kampagnen mit ESG-Hintergrund deutlich von 1% auf 9% an im Vergleich zum Fünf-Jahres Durchschnitt seit 2018. Verantwortlich dafür sind die vielen Newcomer unter den Aktivisten, darunter auch Einzelpersonen, Gründer und Family Offices.

Das erste volle Jahr nach der Einführung der "Universal Proxy Card" in den USA, die alle zur Wahl gestellten Kandidaten auf einer Liste versammelt, hat gezeigt, dass nun neuerdings verstärkt hinter den Kulissen zwischen Konzernführungen und Aktivisten verhandelt wird, um Kampfabstimmungen zu vermeiden. So erhielten Aktivisten noch immer in 70% der Kampagnen ein oder zwei Sitze im Verwaltungsrat. Doch gut ein Drittel der Übereinkünfte zu Verwaltungsratssitzen erfolgte schon eine Woche nach Beginn einer Kampagne, was für vertrauliche Absprachen im Vorfeld spricht.

Die Aktivisten schickten auch weniger eigene Angestellte in die Verwaltungsräte. So waren 83% der von ihnen vorgeschlagenen Verwaltungsratsmitglieder unabhängig. Nur 17% waren noch eigene Angestellte. Zuvor lag dieser Anteil bei 25%. Nur bei einem Drittel der Kampagnen zog sich der Kampf um die Verwaltungsratssitze länger als drei Monate hin.

Der Fokus auf Fusionen und Übernahmen hat sich in Europa 2023 noch weiter verstärkt. Trotz eines schwierigen M&A-Umfelds stieg der Aktivismus im Zusammenhang mit Fusionen und Übernahmen auf 64% aller Kampagnen an und lag damit sowohl über dem weltweiten Niveau als auch über dem langjährigen Durchschnitt in Europa. Forderungen nach Transaktionen machten zwei Drittel aller M&A-Aktivitäten aus, wobei mehr Kampagnen denn je auf den Verkauf des Unternehmens (14) und die Auflösung des Unternehmens (16) drängten. Demgegenüber sank der Anteil der M&A-Aktivismus-Kampagnen, die sich gegen eine Transaktion richteten, auf 32% und damit auf ein mehrjähriges Tief, obwohl die absolute Zahl solcher Kampagnen weiterhin hoch blieb.

Laut "Activism Report" der Kanzlei Skadden rechnen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (60%) mit einem Anstieg des Aktionärsaktivismus. Zwei Drittel der Aktivisten (67 %) wollen sich in den nächsten zwölf Monaten an mindestens drei Kampagnen beteiligen. Und eine überwältigende Mehrheit von 98% der Befragten glaubt, dass Aktivisten in Europa im Jahr 2024 zunehmend öffentlich sichtbaren Aktivismus gegenüber "stillen", vertraulichen Ansätzen bevorzugen werden.

Aktivistische Investoren haben noch niemals zuvor so viele Attacken auf Unternehmen gestartet wie im Jahr 2023 – und noch nie waren so viele Newcomer im Geschäft dabei. Das gilt sowohl global als auch für Europa. Weltweit stammten dabei die meisten Kampagnen von Elliott, Starboard Value und Oasis.

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