Alibaba weiß zu glänzen
Der chinesische Amazon-Rivale Alibaba hat am sogenannten Singles` Day einen neuen Umsatzrekord erwirtschaftet. Allerdings hat sich der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr auf 27 % abgeschwächt.Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie Schlacht ist geschlagen – und wieder gewonnen. Chinas dominanter Onlinehändler Alibaba hat es auch in diesem Jahr geschafft, beim chinesischen E-Commerce-Shopping-Festival zum Singles` Day am 11. November gut auszusehen und die jedes Jahr höher gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Das mit einer großen Fernsehgala und dem Aufbieten von Film – und Musikstars flankierte Event soll China ein jährliches E-Commerce-Highlight mit besonderen Rabatt- und Werbeaktionen bieten und sorgt stets dafür, dass Alibaba im Schlussquartal des Kalenderjahres seine Umsatzspitzen einzufahren pflegt.In diesem Jahr hat der überall von Alibaba publik gemachte Zähler für das Transaktionsvolumen der 24 Stunden laufenden Aktion bei 213,5 Mrd. Yuan beziehungsweise 30,7 Mrd. Dollar (26,5 Mrd. Euro) zu ticken aufgehört. Das war eine Steigerung zum Vorjahr um 27 %. Die Zahlen beziehen sich dabei auf den Bruttowarenumschlag (Gross Merchandise Value) auf den von Alibaba betriebenen Onlineplattformen.Die mittlerweile zehnte Auflage der im Jahr 2009 vom Alibaba-Gründer und Chairman Jack Ma erdachten und anfangs in einem sehr bescheidenen Rahmen ablaufenden Onlineshopping-Gala stand diesmal unter besonderen Vorzeichen. Zum einen aus nostalgischen Gründen, weil Jack Ma als Leitwolf der chinesischen E-Commerce-Szene zum letzten Mal in der Verantwortung für das Gala-Event steht. Ma hatte im Herbst überraschend angekündigt, dass er sich im September 2019 aus dem aktiven Geschäftsleben zurückziehen und dann die Chairman-Rolle an den Kronprinzen und Chief Executive, Daniel Zhang, abtreten wird. Zum anderen hatte man sich in der Szene Sorgen gemacht, dass der in diesem Jahr für eine eher trübe Konsumstimmung in China sorgende Handelsstreit zwischen China und den USA sich auf den Elan der Schnäppchenjäger übertragen könnte, was der Branche einen atmosphärischen Dämpfer versetzt hätte. Freilich hatten die Experten schon zuvor darauf verwiesen, dass Chinas heimische Rabattschlacht nicht sonderlich viel mit den handelspolitischen Spannungen zu tun hat, zumal auch Alibaba bislang nur ein minimales US-Geschäft aufweist.Der US-Auftritt wird sich unter den gegenwärtigen Voraussetzungen kaum ausweiten lassen. Ma, der des Öfteren mit wütenden und dezidiert patriotischen Parolen zur Verdammung des von den USA losgetretenen Konflikts aufgefallen ist, hat deutlich gemacht, dass die internationalen Expansionsbestrebungen von Alibaba auf andere Gefilde gerichtet werden, wobei vor allem der südostasiatische Raum und andere Schwellenländer im Fokus stehen sollen. Neue RetailkonzepteIm heimischen Markt wiederum ist Alibaba mit der Verzahnung von Online- und Offlinediensten auf der Wachstumsschiene. Hohe Umdrehungen, aber auch hohe Anlaufkosten bringt das Geschäft mit Essenslieferungen, wo Alibaba nach der insgesamt 9,5 Mrd. Dollar schweren Übernahme des Start-up-Unternehmens Eleme zum Marktführer aufgestiegen ist. Darüber hinaus setzt Alibaba ähnlich wie Amazon in den USA immer stärker auch auf physischen Einzelhandel und hat dies mit Akquisitionen und Beteiligungen bei chinesischen Warenhausketten sowie dem Aufziehen von eigenen Convenience-Store-Ketten unterstrichen.Die Einbindung der neuen retailhandelsbezogenen Aktivitäten und auch des mittlerweile von Alibaba voll übernommenen südostasiatischen Onlinehändlers Lazada hat diesmal ein wenig mit dazu beigetragen, das für den 11. November generierte ausgewiesene Warenumschlagsvolumen in die Höhe zu treiben. Allerdings rechnen die Experten damit, dass es Alibaba zunehmend schwerer fallen wird, die Dynamik der E-Commerce-Gala aufrechtzuerhalten. Der diesmalige Zuwachs von 27 % vergleicht sich mit 39 % im vergangenen Jahr und über 40 % in den Vorjahren.Alibaba geht es über die atmosphärische Bedeutung der E-Commerce-Gala hinaus auch darum, ein besonderes Testgelände für neue Technologien, digitale Verkaufsstrategien und logistische Abwicklungskonzepte zu nutzen. Alibaba hofft dabei als Technologiekonzern mit immer breiteren Anwendungen für die Digitalisierung der Wirtschaft auch über die Konsumzyklen hinweg überdurchschnittlich wachsen zu können.Die Investoren sind indes weniger gnädig gestimmt. In diesem Jahr haben ein Amalgam aus Sorgen über den Konjunktur- und Konsumtrend in China, die Auswirkungen eines verschärften Handelsstreits und eine allgemeine Ernüchterung bei Technologiewerten der Alibaba-Aktie eine schwere Delle mit einem Rückgang des Aktienkurses an der New Yorker Börse um gut 18 % verpasst. Der Glanz der Shopping-Gala scheint den Anlegern auch diesmal nicht zu imponieren. Zum Start in die neue Woche eröffneten Alibaba knapp 3 % tiefer. Das hat allerdings genauso Tradition wie das Rekordhaschen zum 11. November. Seit dem Börsendebüt von Alibaba im September 2014 ist der Kurs nach jedem der Festivals am ersten Handelstag nach unten gegangen.