"Als Vollversorger chancenlos"
Beim angeschlagenen Energieversorger RWE haben sich die Ertragsaussichten im klassischen Kraftwerksgeschäft weiter verschlechtert. Der Konzern setzt jetzt ganz auf die geplante Ausgliederung der noch gesunden Geschäftsfelder. Allerdings lässt auch der Turnaround im verlustreichen britischen Vertriebsgeschäft noch auf sich warten. Und der Atomausstieg birgt auch noch weitere finanzielle Risiken.ahe Essen – Nach Einschätzung von RWE-Chef Peter Terium sind Vollversorger “chancenlos” auf dem Energiemarkt der Zukunft. Die angekündigte Umstrukturierung des Konzerns sei aber “keine Notgeburt”, betonte der Niederländer bei der Bilanzvorlage in Essen. Sie sei vielmehr ein strategischer Schritt, der allen Stakeholdern, der neuen Tochtergesellschaft und auch dem Mutterkonzern RWE neue unternehmerische Perspektiven gebe. Auch bei fantastischen Geschäftszahlen wäre ein Umbau notwendig gewesen.RWE will das Erneuerbare-Energien-, das Netz- und Vertriebsgeschäft in eine neue Tochter auslagern, die Anfang April zunächst unter dem Namen RWE International SE an den Start gehen und ihren Sitz ebenfalls in Essen haben wird. Im Sommer sollen dann der endgültige Name und der Markenauftritt verkündet werden. Der Börsengang soll dann Ende des Jahres folgen.”Wir werden in Zukunft besser aufgestellt sein – mit zwei klar fokussierten Unternehmen, die ihre Herausforderungen individuell angehen können”, unterstrich Terium, der nach dem Initial Public Offering (IPO) den Vorstandsvorsitz von RWE abgeben und ganz zur International SE wechseln wird. Der Konzern will über die Ausgliederung einen weiteren Zugang zum Kapitalmarkt schaffen, der Geld für die Wachstumsgeschäfte generieren und finanzielle Flexibilität schaffen soll. Terium zeigte sich überzeugt vom Erfolg dieser Strategie: “Aufwärts geht es ab dem ersten Tag nach dem Börsengang.” Ergebnis sinkt weiterBei der RWE AG verbleibt der Energiehandel sowie das konventionelle Kraftwerksgeschäft, in dem der Margenverfall ungebremst weitergeht. Teriums Stellvertreter Rolf Martin Schmitz, der künftige Vorstandschef von RWE, verwies auf die aktuell historisch niedrigen Strombörsenpreise von nur noch 20 Euro je Megawattstunde. Auf diesem Niveau verdiene kein Kraftwerk mehr seine Kapitalkosten, sagte er.Ein Verlust im Kraftwerksgeschäft erwartet RWE in diesem Jahr noch nicht. Dies hängt auch damit zusammen, dass der Konzern die diesjährige Stromproduktion bereits heute zu 90 % vorab verkauft hat und dabei noch deutlich höhere Preise einstreichen konnte – im Schnitt noch 35 Euro je Megawattstunde.Dass sich an der dramatischen Preissituation absehbar etwas ändert, ist nicht zu erwarten. 2015 war das Betriebsergebnis in der Kraftwerkssparte bereits um 45 % auf 543 Mill. Euro eingebrochen.Im Gesamtkonzern ergab sich ein Rückgang um 4,5 % auf 3,84 Mrd. Euro. Vorläufige Eckdaten des vergangenen Jahres sind bereits seit Mitte Februar bekannt. Das Vertriebsgeschäft in Osteuropa und Benelux konnte deutlich zulegen. Das deutsche Vertriebs- und Netzgeschäft – der Kern der künftigen International SE und im heutigen RWE-Konzern der mittlerweile mit Abstand wichtigste Ergebnislieferant – blieb stabil. Und besonders erfolgreich zeigten sich die Erneuerbaren Energien: Hier sprang das Betriebsergebnis durch die Fertigstellung von zwei großen Offshore-Windparks um das 2,5-fache in die Höhe.Im britischen Vertrieb verbuchte RWE einen operativen Verlust von 137 Mill. Euro. Terium sprach von einem “Desaster”. Die Restrukturierungen mit einem neuen Managementteam in Großbritannien sind bereits eingeleitet. RWE rechnet aber damit, dass der Konzern in UK erst 2018 wieder “aus dem Tal der Tränen heraus sein” wird.2016 werden hier noch einmal weitere Belastungen erwartet. Im Gesamtkonzern wird das Betriebsergebnis 2016 auf 2,8 Mrd. bis 3,1 Mrd. Euro zurückgehen, wie der Konzern bekräftigte. Beim bereinigten Nettoergebnis wird nur noch ein Niveau von 0,5 Mrd. bis 0,7 (i.V. 1,13) Mrd. Euro prognostiziert.Finanzchef Bernhard Günther mahnte unterdessen eine konstruktive Lösung mit der Atomkommission an. Diese dürfe RWE finanziell nicht überfordern und das Rating weiter unter Druck bringen, sagte er. Eine Fondslösung sei eine Verschlechterung der aktuellen Situation, da Rückstellungen früher zahlungswirksam ausfinanziert werden müssten.—– Wertberichtigt Seite 6- Personen Seite 12