Antreiber
md – Was war zuerst da: die Henne oder das Ei? In diesem Fall: Die Entschlossenheit der Nestlé-Konzernführung, mit tiefgreifenden Maßnahmen den Lebensmittelriesen wachstumsstärker und deutlich rentabler zu machen, oder die Forderung des aktivistischen Investors Daniel Seth Loeb nach einer Verbesserung der Gewinnmarge und einem Verkauf von Firmenteilen, die nicht zum Kerngeschäft zählen?Für den 57-jährigen Gründer und Chef des Hedgefonds Third Point wäre die Antwort klar. Die zahlreichen Transaktionen, die der Schweizer Konzern im vergangenen Jahr in die Wege geleitet oder abgeschlossen hat, wird Loeb als Folge seiner Optimierungsforderungen und Verbesserungsvorschläge sehen. Hat der passionierte Kunstsammler doch schon einige Management-Teams vor sich hergetrieben, etwa Yahoo, Sony, Sotheby’s und zuletzt Campbell Soup – stets mit der Absicht, dadurch den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. 1,25 Prozent an Nestlé Mitte 2017 hatte Third Point den Einstieg bei Nestlé publik gemacht. Doch auch für einen erfahrenen Finanzhai wie Loeb ist Nestlé nicht ein Investment unter vielen. Noch nie hat sich sein Hedgefonds an ein solches Dickschiff – der Börsenwert des weltgrößten Lebensmittelkonzerns liegt bei umgerechnet 266 Mrd. Dollar – herangewagt. Third Point hat bei einem verwalteten Vermögen von rund 15 Mrd. Dollar nach eigenen Angaben rund 3,5 Mrd. Dollar in den Markenanbieter (u. a. Nescafé, Nespresso, Nesquik, Vittel, Kitkat, Smarties, Maggi, Thomy, Schöller) gesteckt und damit einen Anteil von 1,25 % erlangt (vgl. BZ vom 27.6.17). Die Aktien von Nestlé sind breit gestreut, so dass Loeb mit dieser relativ geringen Quote bereits zu den zehn größten Anteilseignern gehört.Doch ob es wirklich der US-Amerikaner war, der die Nestlé-Führung um CEO Mark Schneider dazu brachte, in den vergangenen 18 Monaten einige im Umsatz stagnierende Assets zu verkaufen und dafür – auf Basis hoher Multiples – wachstums- und ertragsstarke Unternehmen bzw. Geschäfte zu übernehmen, darf bezweifelt werden. Zum einen, weil die äußerst selbstsichere Nestlé-Führung sich nicht von einem 1-Prozent-Aktionär herumscheuchen lässt. Zum anderen war Schneider Anfang 2017 fast genau mit den Zielvorgaben angetreten, die auch Loeb fordert – vielleicht mit einer Ausnahme: Der Hedgefonds drängt Nestlé, ihren 23-Prozent-Anteil am französischen Kosmetikhersteller L’Oréal zu verkaufen. Dass im September die Hautpflegesparte Skin Health ins Schaufenster gestellt wurde, mag aber darauf hindeuten, dass auch Schneider das L’Oréal-Paket nicht heilig ist. Was Loeb mit dem Erlös von mindestens 27 Mrd. Euro anfangen würde, ist klar: an die Aktionäre ausschütten.