iPhone-Konzern unter Druck

Apple enttäuscht ungeduldige Anleger mit neuem KI-System

Apple reagiert auf Druck von Anlegern und präsentiert auf ihrer Entwicklerkonferenz neue Software auf Basis generativer künstlicher Intelligenz. Die Begeisterung über die angeblich hochleistungsfähige Apple Intelligence hält sich aber in Grenzen.

Apple enttäuscht ungeduldige Anleger mit neuem KI-System

Apple reagiert mit neuem KI-System auf Konkurrenzdruck

xaw New York

Apple hat unter Zugzwang ein neues System auf Basis künstlicher Intelligenz (KI) vorgestellt – Sorgen der Aktionäre vor einem Bedeutungsverlust des iPhone-Konzerns damit aber kaum gedämpft. Durch die neue „Apple Intelligence“ will der Technologieriese das Nutzererlebnis auf seinen Endgeräten stärker personalisieren und den Sprachassistenten Siri smarter und leistungsfähiger machen. Das System werde „unentbehrlich für die Produkte sein, die schon eine so wesentliche Rolle in unserem Leben spielen“, sagte CEO Tim Cook im Rahmen seiner Eröffnungsrede auf der jährlichen weltweiten Entwicklerkonferenz des Konzerns am Montag.

Bei der Apple-Entwicklerkonferenz in Cupertino herrscht großer Andrang. Foto: picture alliance/dpa | Andrej Sokolow.

Zuvor machten ungeduldige Aktionäre Druck auf Apple, bei Anwendungen generativer KI größere Fortschritte vorzuzeigen. Andere Tech-Riesen wie Microsoft und Alphabet haben lernfähige Algorithmen über die vergangenen anderthalb Jahre in deutlich höherem Tempo in ihre Anwendungen integriert. Insbesondere der Windows-Konzern profitiert dabei stark von seiner Partnerschaft mit dem für seinen Textgenerator ChatGPT bekannten Startup OpenAI, in das er seit 2019 rund 13 Mrd. Dollar gesteckt hat. Im Gegenzug sicherte sich Microsoft eine effektive Beteiligung von 49% an den künftigen Gewinnen des jungen Unternehmens, rüstete die Suchmaschine Bing auf und lancierte einen KI-Copiloten für die Office-Produktsuite.

Von der Börsenspitze verdrängt

Durch Kooperationen mit dem französischen Start-up Mistral und der in Palo Alto ansässigen Inflection AI hat sich Microsoft zudem breiter aufgestellt. Der Assetmanager Alliance Bernstein bezeichnet die KI-Produkte des Konzerns aus Redmond, Washington, als „bedeutend fortschrittlicher als das, was vonseiten der Konkurrenz verfügbar ist“. Zu Jahresbeginn überholte Microsoft Apple bei der Marktkapitalisierung und stieg damit zum wertvollsten Unternehmen der Welt auf, inzwischen ist der iPhone-Konzern auch hinter den ebenfalls zu den größten Nutznießern des KI-Booms zählenden Chipdesigner Nvidia zurückgefallen.

Apple will nun mit weitreichenden KI-basierten Assistenzfunktionen den Anschluss an die Big-Tech-Konkurrenz halten. Die neue Software soll sich Informationen aus verschiedenen auf dem iPhone oder dem iPad installierten Apps ziehen und persönliche Daten auswerten können, um komplexe Befehle ausführen zu können. Beispielsweise soll sie auf Basis verschiedener Nachrichten im Mail- oder SMS-Postfach mögliche Terminkollisionen ausfindig machen.

Fähig zu komplexen Aufgaben

Ein Beispiel dafür führte Craig Federighi, als Senior Vice President für die Software-Entwicklung von Apple zuständig, auf der Konferenz vor: Dabei bittet ein Kollege um die Verschiebung eines Meetings auf einen späteren Zeitpunkt – der Apple-Nutzer fragt sein Gerät daraufhin, ob er es bei Zustimmung noch rechtzeitig zur Theateraufführung seiner Tochter schaffen kann. Der KI-Assistent sei angeblich in der Lage, anhand der in den verschiedenen Nachrichten genannten Zeitpunkte und Standorte sowie aktueller Verkehrsdaten selbstständig eine Route vom Arbeitsplatz zum Ort der Aufführung zu planen.

Apple-Entwicklungschef Craig Federighi stellt iPhone-Nutzern deutliche Effizienzgewinne durch KI in Aussicht. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jeff Chiu.

Zudem soll Apple Intelligence Texte passend zum jeweiligen Kontext gegenlesen und korrigieren sowie Nutzern auf Wunsch gezielt Fotos von bestimmten Personen aus der eigenen Bibliothek anzeigen können. Für Nutzer soll es zudem möglich werden, über die Eingabe von Informationen selbst KI-basiert Bilder und Emojis erstellen oder sogar grobe Skizzen in detaillierte Diagramme zu verwandeln. Siri werde infolge des Updates unterdessen besser in der Lage sein, natürliche Sprache zu verstehen, den Kontext von Aussagen zu erkennen und auf Befehle hin gezielter innerhalb einer Vielzahl an Apps zu agieren.

Kooperation mit OpenAI

Bei komplizierteren Aufgaben soll Apple Intelligence überdies ChatGPT hinzuziehen können. Die OpenAI-Software wird für iPhone-Nutzer kostenlos in das neue System integriert. Der bei der Entwicklerkonferenz in Cupertino anwesende Chef des Startups, Sam Altman, schrieb auf der Plattform X, er sei „sehr glücklich“ über die Zusammenarbeit, deren Früchte im weiteren Jahresverlauf für Apple-Kunden zugänglich werden sollten. Diese sollen dabei entscheiden können, ob und wann sie ChatGPT nutzen. Laut Entwicklungschef Federighi sollen künftig weitere externe KI-Anwendungen an Apple Intelligence angeschlossen werden.

OpenAI-Chef Sam Altman will die Technologie seines Unternehmens auf Apple-Systemen bereitstellen. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jeff Chiu.

Der Konzern dürfte sich erhoffen, durch die vorgestellten Features die Nachfrage nach neuer Hardware anzukurbeln. Denn viele Apple-Kunden benötigen ein Upgrade ihrer Endgeräte, um auf Apple Intelligence zugreifen zu können. So wird die KI-unterstützte Assistenz lediglich auf dem iPhone 15 Pro, dem iPhone 15 Pro Max und mit Chips der auf Arm-Technologie basierenden M1-Serie oder neueren Halbleitern des Konzerns versehenen iPads und Macs zur Verfügung stehen. Der Analysedienst DA Davidson verweist darauf, dass Apple das System lediglich für noch vor dem Marktstart stehende Endgerät hätte auflegen sollen, um den bullishsten Effekt zu erzielen.

Harter Konkurrenzdruck in China

Zuletzt beunruhigte schließlich eine anhaltende Schwäche der iPhone-Verkäufe die Anleger. Die Erlöse aus dem wichtigsten Produkt des Konzerns setzten zwischen Januar und März um 10,5% auf 45,96 Mrd. Dollar zurück. Zwar versucht Apple, Kunden in die teureren Pro-Varianten der Geräte zu lenken. Diese Strategie schlägt sich aber nicht wie erhofft im Umsatz nieder. Laut dem Research-Anbieter IDC wuchs der globale Smartphone-Markt im ersten Quartal zum Vorjahr um 7,8%, Apple musste die kurzzeitig eroberte Spitzenstellung unter den Anbietern dabei wieder an Samsung abtreten.

Huawei macht mit dem Mate 60 in China gewaltigen Druck auf Apple. Foto: picture alliance / CFOTO | CFOTO.

Gerade der Blick auf die Plätze dahinter macht Anlegern aber Sorgen. Die chinesische Xiaomi hat laut IDC global zuletzt stark aufgeholt, und in China wächst der Druck gerade durch Huawei bedeutend. Der seit 2019 mit US-Sanktionen belegte Konzern aus Shenzhen stellte im vergangenen September das Mate 60 Pro vor, das zu ultraschneller Datenkonnektivität in der Lage ist. Gemäß Daten der Analysefirma Counterpoint Research schnellten die Smartphone-Verkäufe von Huawei in der Volksrepublik im ersten Quartal um 70% in die Höhe.

Zum wachsenden Druck auf Apple trägt laut Analysten auch das Vorgehen der Regierung in Peking bei: Diese hat im vergangenen Jahr einen Bann verhängt, gemäß dem Beamte keine iPhones mehr im Arbeitsumfeld nutzen dürfen. Bei dem US-Anbieter ging der Absatz in der Großregion China – zu der auch Hongkong, Macau und Taiwan gehören – laut Unternehmensmitteilung über alle Produkte hinweg um 8,1% zurück.

Pessimistische Investoren

Ebenfalls für Unruhe sorgen eine Kartellklage des US-Justizministeriums und der Digital Markets Act der Europäischen Union – beide zielen auf den Umgang von Apple mit Drittparteien-Software ab. In diesem Umfeld gilt es für den Konzern als besonders wichtig, mit neuen Produkten und Anwendungen die Fantasie der Anleger zu wecken. Zumindest die Analysten der Investmentfirma Wedbush sehen Apple „auf dem richtigen Weg, um KI über ihr Ökosystem hinweg zu implementieren und die Grundlage für die mehrjährige Strategie des Unternehmens zu legen“. Die Wachstumsperspektiven des Konzerns und die Nachfrageaussichten bezüglich des für Herbst erwarteten iPhone 16 würden sich damit aufhellen.

Bei den Anlegern hält sich der Optimismus allerdings noch in Grenzen. Die Aktie gab während Cooks Keynote am Montag zeitweise um mehr als 2% nach und schloss mit einem Minus von 1,9%, auch im nachbörslichen New Yorker Handel ging es zunächst weiter abwärts. Analysten verwiesen darauf, dass die Ankündigungen gegenüber dem im Vorfeld an der Wall Street kursierenden Spekulationen zu wenig neue Punkte enthielten, um Investoren positiv zu überraschen. Bei weiteren vorgestellten Entwicklungen für die Apple-Betriebssysteme abseits der Apple Intelligence habe es sich zudem um reine Schönheitskorrekturen ohne entscheidende Auswirkungen auf das Nutzererlebnis gehandelt.

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