Apple kommt spät zur Video-Streaming-Party
Der US-Elektronikkonzern Apple hat angekündigt, im Herbst ein Konkurrenzangebot zum Video-Streaming-Dienst Netflix zu starten. Auf diese Idee sind unter anderem Amazon, Walt Disney und AT&T mit ihrer neuen Tochter Time Warner bereits früher gekommen. Investoren zeigten sich zunächst wenig beeindruckt. sp New York – “Apple steht seit Jahren für Weltklasse-Hardware und Weltklasse-Software”, sagte Apple-Chef Tim Cook am Montag gleich zu Beginn einer mit Spannung erwarteten Produktpräsentation am Firmensitz in Cupertino. Außerdem entwickle der Konzern Weltklasse-Services. “Und das ist es, worum es heute geht “, lenkte Cook die Erwartungen gleich in die richtige Richtung. Was folgte, waren knapp zwei Stunden einer wie immer makellosen Präsentation in dem nach dem Firmengründer benannten Steve-Jobs-Theater auf dem Apple-Campus. Konkret stellte Cook in dieser Reihenfolge neue Serviceangebote rund um Nachrichten, Bezahldienste, Videospiele und Fernsehen vor, die Konkurrenten wie Facebook, Square, Youtube und Netflix das Fürchten lehren sollen. Doch zumindest auf Investoren machten die neuen Services wenig Eindruck. Der Aktienkurs von Apple lag nach Ende der Vorstellung knapp 2 % im Minus, während Facebook und Netflix fester notierten. Alphabet, die Holding der Youtube-Mutter Google, lagen ebenso wie Square knapp 1 % im Minus.Vor allem die Aussicht auf ein eigenes Video-Streaming-Angebot von Apple hatte in den vergangenen Wochen die Erwartungen an den Termin am Montag geschürt. Tatsächlich will Apple ab Herbst bestehenden Angeboten von Netflix, Amazon und Hulu Konkurrenz machen und muss sich für den Wettbewerb mit neuen Herausforderern wie Walt Disney und AT&T mit ihrer Tochter Time Warner wappnen, die eigene Streaming-Offensiven planen. Der Abo-Dienst werde keine Werbung beinhalten, teilte Apple bei der Vorstellung unter Mitwirkung von Hollywoodstars wie Reese Witherspoon, Jennifer Aniston und Steven Spielberg mit. Der Konzern steckt in diesem Jahr rund 1 Mrd. Dollar in eigene Inhalte, die exklusiv für den neuen Dienst produziert werden. Wie viel die Kunden monatlich für das Angebot zahlen werden, ließ Apple offen.Intern wird das neue Angebot, das als Apple TV+ auf den Markt kommt, auch als “Netflix Killer” bezeichnet, wie das “Wall Street Journal” unter Berufung auf Insider berichtet. Bei dem Streaming-Dienst aus Los Gatos, der das Fernsehen in den vergangenen Jahren in ähnlichem Ausmaß revolutioniert hat, wie Apple mit ihren Smartphones die Definition für Handy-Telefone umschrieb, dürfte sich die Nervosität noch in Grenzen halten. Allein in diesem Jahr steckt der Konzern rund 15 Mrd. Dollar in eigene Inhalte. Marktbeobachter von Morgan Stanley trauen Apple bis 2025 dennoch einen Umsatz von bis zu 22 Mrd. Dollar mit Medieninhalten zu, wobei die Marktbeobachter in dieser Kalkulation Video- und Musik-Streaming zusammenwerfen. Apple Music erreicht dreieinhalb Jahre nach dem Start bereits mehr als 50 Millionen Nutzer, liegt damit aber immer noch weit abgeschlagen hinter Marktführer Spotify.Der Streaming-Dienst aus Schweden hat bei den europäischen Wettbewerbern gerade eine Klage gegen Apple eingereicht. Marktbeobachter sehen für den US-Konzern das Risiko, dass die Ausweitung des Serviceangebotes Apple künftig häufiger in diese Lage bringen könnte. Mit dem App-Store kontrolliert Apple, auf welche Services die Nutzer ihrer Smartphones Zugriff haben. Bietet der Konzern künftig mehr eigene Services an, die in Konkurrenz zu anderen Apps stehen, schafft das Konflikte wie bei Apple Music und Spotify. Nachrichten, Spiele und KreditNeben Apple TV+ stellte Cook ein neues Angebot im Rahmen von Apple News vor. In Zukunft sollen Nutzer für 9,99 Dollar pro Monat Zugang zu den Inhalten von mehr als 300 Magazinen und Zeitungen wie dem “Wall Street Journal” sowie der “Los Angeles Times” erhalten. Wer Abonnements für alle in dem Bündel enthaltenen Titel abschließen wollte, müsste 8 000 Dollar pro Jahr hinblättern, hieß es bei der Produktvorstellung. Kostenpflichtige Videospiele sollen künftig mit dem neuen Apple Arcade im Bündel erhältlich sein. Außerdem stellte Apple die jüngste Version von Apple Pay vor und kündigte eine Kreditkarte für das iPhone an, die im Herbst mit Goldman Sachs lanciert werden soll.