AstraZeneca und Gilead sorgen für Fusionsfieber
hip London – Ein Bloomberg-Bericht über eine mögliche Übernahme von Gilead Sciences durch AstraZeneca hat am Montag das Fusionsfieber an den Märkten steigen lassen. Angeblich ist die FTSE-100-Gesellschaft auf das US-Biotechnologieunternehmen zugegangen. Käme es zu einer solchen Transaktion, wäre sie der größte Pharmadeal aller Zeiten. Gemeinsam sind die beiden Gesellschaften an der Börse fast 250 Mrd. Dollar wert. Beide stehen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie an vorderster Front. AstraZeneca hat sich Produktionskapazitäten für zwei Milliarden Dosen eines Impfstoffs gesichert. Gilead produziert das Präparat Remdesivir, das von der US-Gesundheitsbehörde FDA zur Behandlung von Covid-19 zugelassen wurde.Die Übernahme von Celgene durch Bristol-Myers Squibb und der Kauf von Allergan durch Abbvie haben gezeigt, dass Megadeals in der Branche durchaus noch ein Thema sind. Beide kamen für viele überraschend und in beiden Fällen war das Zielobjekt vergleichsweise günstig bewertet.Gilead zeigt derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12, AstraZeneca kommt dagegen auf ein KGV von 18 und könnte ihre Aktie als Übernahmewährung nutzen. Auf den ersten Blick gibt es keine Überschneidungen zwischen den beiden Unternehmen. Analysten konnten so schnell keine strategischen Gründe für einen Zusammenschluss ausmachen. “Allerdings hat Gilead, was AstraZeneca nicht hat: einen Haufen Geld”, schrieb UBS-Analyst Michael Leuchten in einer ersten Einschätzung. Im Auftaktquartal waren es 24 Mrd. Dollar. Gilead brauche eine Pipeline, über die wiederum AstraZeneca verfüge. Der britisch-schwedische Pharmakonzern könnte auf der Suche nach Cash sein, nicht zuletzt um seine Dividende zu zahlen. Obwohl ein Deal möglicherweise keinen offensichtlichen strategischen Sinn ergebe, “glauben wir, dass es unbedacht wäre, das zu schnell abzutun”, schrieb Leuchten.”Uns fällt es für beide Parteien schwer, ein Motiv dafür zu erkennen, weitere Gespräche zu führen”, schrieben dagegen die Pharma-Analysten von Jefferies. Der Schuldenberg von AstraZeneca mache eine Übernahme im Aktientausch nahezu unumgänglich. Medienberichten zufolge ist Gilead derzeit nicht daran interessiert, geschluckt zu werden, und will sich stattdessen auf seine eigene Strategie von Partnerschaften und Zukäufen wie Forty Seven und Arcus konzentrieren. Dan O’Day trat sein Amt als Chairman und CEO erst vor 15 Monaten an. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem, die Werbetrommel für das HIV-Geschäft von Gilead zu rühren, dem an der Börse kein großer Wert zugesprochen wird.Ein Verkauf von Gilead käme “sehr früh und schnell”, schrieb Michael Yee, der Gilead für Jefferies beobachtet. Er hält einen Abschluss für unwahrscheinlich, allerdings sei der Deal “interessant und gut für den Aktienkurs von Gilead”.