Atommüll macht RWE zu schaffen

Konzern muss 6,8 Mrd. Euro an Staatsfonds zahlen - Niedriger Strompreis drückt Gewinn - Kurs knickt ein

Atommüll macht RWE zu schaffen

Milliardenkosten für die Atommüll-Entsorgung und niedrige Strompreise belasten RWE. Mit seinen Neunmonatszahlen hat der Konzern die Investoren an der Börse enttäuscht. Dabei hat sich der Ausblick auf das Gesamtjahr 2016 sogar leicht aufgehellt.cru Düsseldorf – RWE hat in den ersten neun Monaten weniger Gewinn gemacht als erwartet, bekräftigt aber den Ausblick für das Gesamtjahr 2016 am oberen Ende der Spanne. Grund für den Ergebnisrückgang des Essener Energiekonzerns sind sowohl die niedrigen Strompreise im Großhandel als auch die Kosten für die öffentlich-rechtliche Stiftung zur Entsorgung des Atommülls. Zudem war die Handelssparte im zweiten Quartal wegen misslungener Geschäfte in die roten Zahlen gerutscht. Von Januar bis September sank der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um 13 % auf 3,8 Mrd. Euro. Der um Sondereffekte bereinigte Überschuss fiel um fast 60 % auf 227 Mill. Euro ab, wie das Unternehmen mitteilte.Die Margen der Steinkohle- und Gaskraftwerke hätten sich aber zuletzt wegen gesunkener Beschaffungskosten teilweise verbessert, hieß es. Unter anderem deshalb rechnet der Konzern 2016 mit einem Betriebsgewinn am oberen Ende der angepeilten Spanne von 5,2 Mrd. bis 5,5 Mrd. Euro sowie mit einem betrieblichen Ergebnis von 2,8 Mrd. bis 3,1 Mrd. Euro und einem bereinigten Nettoergebnis von 500 Mill. bis 700 Mill. Euro. Im Gesamtjahr werde das betriebliche Ergebnis der konventionellen Stromerzeugung, für das bisher ein deutlicher Rückgang erwartet worden war, wohl in der Größenordnung des Vorjahreswertes von 596 Mill. Euro liegen. Keine KapitalerhöhungRWE steht jedoch wegen der Altlasten aus dem Kernenergieausstieg unter Druck. Der Konzern muss in die geplante öffentlich-rechtliche Stiftung zur Finanzierung der Entsorgung des Atommülls 6,8 Mrd. Euro in bar einzahlen, wie Finanzchef Markus Krebber am Montag in einer Telefonkonferenz anlässlich der Neunmonatsbilanz ankündigte. Der Konzern will voraussichtlich die Option nutzen, den Gesamtbetrag schon sieben Monate nach Inkrafttreten des Atomgesetzes zu zahlen, dessen Verabschiedung Anfang 2017 erwartet wird.Überweist RWE in diesem Zeitraum die gesamte Summe, dann fallen keine hohen Zinsen für eine Stundung von Teilbeträgen an. Alternativ wäre auch eine Zahlung des Risikoaufschlags auf die Rückstellungen von 1,8 Mrd. Euro bis Ende des Jahres 2022 möglich. Dann müsste dieser Betrag jedoch bis dahin mit jährlich 4,6 % hoch verzinst werden.Deshalb will RWE nach Möglichkeit schon deutlich früher zahlen. Dem Konzern stehen dafür zum einen die Einnahmen aus dem Börsengang der Stromnetz-Tochter Innogy zur Verfügung. Für rund 13 % der Innogy-Anteile aus dem Bestand hatte RWE 2,6 Mrd. Euro erhalten. Zum anderen verfügt RWE nach Angaben von Finanzchef Krebber – inklusive Emissionserlös – über eine freie Liquidität von 5 Mrd. bis 6 Mrd. Euro. Anders als beim Konkurrenten Eon werden daher nach aktuellem Stand keine Kapitalmaßnahmen erwogen, obwohl RWE mit 27 Mrd. Euro hoch verschuldet ist.Die Kosten für den Atommüll haben sich aber schon in der Neunmonatsbilanz niedergeschlagen. Um sich darauf vorzubereiten, schichtete der Konzern bei seinen Finanzanlagen um und ersetzte längerfristige Wertpapiere durch kürzer laufende. Das drückte angesichts des Niedrigzinsumfelds auf das Finanzergebnis.Der Konzern will gegenwärtig trotz der schwierigen Finanzlage an seiner 77-Prozent-Beteiligung an der Netztochter Innogy festhalten, die im Oktober an die Börse gegangen war. “Es gibt derzeit keine konkreten Pläne, weitere Innogy-Aktien zu verkaufen”, sagte Finanzchef Krebber. Die Möglichkeit bestehe aber weiterhin. Ob RWE nach Ablauf der Lock-up-Frist von sechs Monaten weitere Innogy-Aktien verkaufen werde, hänge von der eigenen Finanzlage und dem zu erzielenden Preis ab. Aktie auf SechsmonatstiefDer Aktienkurs von RWE reagierte am Montag auf die Neunmonatszahlen mit einem Minus von bis zu 3,6 % auf ein Sechsmonatstief von 11,89 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich binnen eineinhalb Jahren halbiert auf 7 Mrd. Euro.Kein Wunder: RWE drücken nicht nur die Altlasten aus der Atomkraft und der Braunkohle. Auch die Geschäftsaussichten für den verbleibenden Kraftwerkspark und die Energiehandelssparte bleiben bestenfalls gemischt. Wegen Versorgungsengpässen bei Kohle und Ausfällen bei französischen Kernkraftwerken waren die Energiepreise in Europa zuletzt am Spotmarkt stark gestiegen. Fachleute erwarten jedoch, dass sie 2017 schon wieder zurückgehen dürften.