Iveco-Verkauf an Tata

Ausverkauf der italienischen Fahrzeugindustrie geht weiter

Der Nutzfahrzeugproduzent Iveco ist eine italienische Ikone, könnte aber schon bald nach Indien verkauft werden. Noch gibt es einige Fragezeichen.

Ausverkauf der italienischen Fahrzeugindustrie geht weiter

Ausverkauf der italienischen Fahrzeugindustrie geht weiter

Lkw-Bauer Iveco steht vor Veräußerung an indische Tata – Rüstungssparte könnte an deutsche Konzerne gehen

bl Mailand

Ein weiterer großer Name der italienischen Fahrzeugbranche könnte schon bald in ausländische Hände fallen. Der Nutzfahrzeugkonzern Iveco steht nach unbestätigten Medienberichten vor dem Verkauf nach Indien. Die von der Familie Agnelli/Elkann kontrollierte Holding Exor verhandelt demnach mit Tata. Die Rüstungssparte Iveco Defence Vehicles (IDV) könnte separat verkauft werden, vielleicht nach Deutschland.

Italiens Fahrzeugindustrie, die bis Anfang der 1990er-Jahre mit der deutschen um die Führungsrolle in Europa konkurrierte, ist schon heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Im ersten Halbjahr produzierten die italienischen Werke des Autokonzerns Stellantis nur noch 123.000 Pkw, 36% weniger als im Vorjahr. Und mit Ausnahme des sehr profitablen Sportwagenherstellers Ferrari, der 2024 etwas mehr als 13.000 Autos verkaufte, gibt es keinen nationalen Hersteller mehr.

Mit einem Verkauf von Iveco ginge der Ausverkauf der italienischen Autoindustrie weiter: Die einstige Fiat-Tochter Magneti Marelli, die 2017 von KKR übernommen und mit der japanischen Calsonic Kansei zusammengelegt wurde, ist insolvent und soll saniert werden. Die Sportwagen-Marke Lamborghini ist, wie Ferrari, ein Nischenproduzent und gehört zu Audi. Die frühere Fiat Chrysler (FCA) fusionierte 2021 mit dem französischen PSA (Peugeot Citroen)-Konzern zu Stellantis. Insbesondere der italienische Teil steckt in einer tiefen Krise: Die Luxusauto-Tochter Maserati steht vor dem Ende oder einem Verkauf; Alfa Romeo und Lancia fristen ein Schattendasein.

Ein weiterer Verkauf aus dem früheren Fiat-Imperium ist politisch heikel. Die Gewerkschaften laufen bereits Sturm gegen eine Veräußerung. Industrieminister Adolfo Urso will sich in den nächsten Tagen mit Vertretern der Arbeitnehmerorganisationen treffen.

Wie Iveco entstanden ist

Iveco wurde 2021 aus dem ebenfalls von der Agnelli-Holding Exor kontrollierten Land- und Baumaschinenkonzern CNH Industrial ausgegliedert und separat an die Börse gebracht. Exor kontrolliert 27,1% des Kapitals und 43,1% der Stimmrechte. Doch mit einem Börsenwert von 4,5 Mrd. Euro ist der kleinste unter den europäischen Nutzfahrzeugherstellern international ein Zwerg und allein nicht überlebensfähig.

Rom kann mit der Golden-Power-Regelung einen Verkauf verhindern. Die Regierung hatte bereits 2021 eine Veräußerung des mit einem Umsatz von 15,3 Mrd. Euro kleinsten europäischen Nutzfahrzeugherstellers an die chinesische FAW blockiert.

Rüstungssparte vor Verkauf

Mit dem geplanten Verkauf der Rüstungssparte sollen solche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Für die gepanzerten Fahrzeuge von Iveco Defence Vehicles sind dem Vernehmen nach neben dem deutsch-französischen Panzerbauer KNDS auch die tschechische CG und eine Allianz aus Rheinmetall-Leonardo im Rennen.

Obwohl KNDS nach nicht bestätigten Berichten mit 1,9 Mrd. Euro das beste Angebot vorgelegt hat, gilt Rheinmetall-Leonardo als Favorit. Ein Rheinmetall-Sprecher teilte auf Anfrage mit, man wolle sich zu „Gerüchten und Spekulationen im Hinblick auf Übernahmen nicht äußern“.

KNDS könnte eine Übernahme ohne Kapitalerhöhung kaum finanzieren. Dieses Thema ist vor allem deshalb heikel, weil es bei dem Unternehmen auch um die Wahrung einer paritätischen deutsch-französischen Eigentümerstruktur geht. KNDS wollte sich nicht äußern.

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