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Auto-Allianz will mit dem Kapitel Ghosn abschließen

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 12.3.2019 Die Allianz von Renault, Nissan und Mitsubishi steht diese Woche im Mittelpunkt des Interesses der internationalen Automobilbranche. Wieder einmal. Denn seit der Festnahme des früheren...

Auto-Allianz will mit dem Kapitel Ghosn abschließen

Von Gesche Wüpper, ParisDie Allianz von Renault, Nissan und Mitsubishi steht diese Woche im Mittelpunkt des Interesses der internationalen Automobilbranche. Wieder einmal. Denn seit der Festnahme des früheren Renault-Chefs Carlos Ghosn Mitte November rätseln Beobachter, wie es mit dem französisch-japanischen Bündnis weitergeht. Ohne Ghosn werde es zerbrechen, prophezeiten einige Branchenkenner. Es werde ein Machtkampf zwischen Franzosen und Japanern ausbrechen, wer in der Allianz künftig wie viel zu sagen haben werde.Seitdem bei Renault Jean-Dominique Senard den Vorsitz des Verwaltungsrates und Thierry Bolloré die operative Geschäftsführung übernommen hat, hat sich das angespannte Verhältnis der Allianzpartner jedoch merklich beruhigt. Sie dürften am heutigen Dienstag eine neue Führungsstruktur für das Bündnis verkünden, um auch äußerlich ein Zeichen dafür zu setzen. Renault bestätigte entsprechende Medienberichte. Man führe Gespräche mit Nissan und Mitsubishi über die Einrichtung eines neuen Organs innerhalb der Allianz, um die weitere Zusammenarbeit zu stärken und zu sichern, erklärte der französische Autobauer.Das habe jedoch keine Auswirkungen auf die Überkreuzbeteiligungen in der Dreier-Allianz. Renault ist mit 43 % des Kapitals Hauptaktionär von Nissan. Der japanische Autobauer wiederum hält mit 15 % genauso viel an Renault wie der französische Staat, hat jedoch im Gegensatz zu diesem keine Stimmrechte. Nissan ist zudem seit Ende 2016 mit 34 % maßgeblich an Mitsubishi beteiligt. Die neue Führungsstruktur, mit der das Bündnis das Kapitel Carlos Ghosn endgültig abschließen will, dürfte nun auch den Aufstieg von Mitsubishi zum dritten Allianzpartner offiziell formalisieren. Der inzwischen unter Auflagen freigelassene Ghosn wollte an der entscheidenden Verwaltungsratssitzung von Nissan teilnehmen, was ihm jedoch von einem japanischen Gericht untersagt wurde.Bisher hatten die drei Autobauer strategische Fragen in einem Board besprochen, der von Ghosn geleitet wurde, da er den Verwaltungsräten der drei Konzerne vorstand. Vertreter von Renault, Nissan und Mitsubishi sollen nun beschlossen haben, diese auf eine Person konzentrierte Führungsstruktur abzuschaffen und durch ein stärker auf Kooperation basierendes Organ zu ersetzen. Geplant sei, eine gemeinsame Struktur für Verwaltungsratssitzungen einzurichten, heißt es. Ihr sollen neben dem neuen Renault-Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard auch Nissan-Chef Hiroto Saikawa und Mitsubishi-Chef Osamu Masuko angehören. Der frühere Michelin-Chef Senard könnte die Leitung übernehmen. Fragwürdige VorgängeDas neue Komitee soll demnach das in Amsterdam angesiedelte, 2002 gegründete Gemeinschaftsunternehmen Renault Nissan BV auflösen. Ghosn wird verdächtigt, die eigentlich auch zur Ausarbeitung der Strategie der Allianz gedachte Struktur genutzt zu haben, um seine eigenen Interessen zu verfolgen. So soll er über sie Verwandte und Vertraute entlohnt haben, in ihrem Namen seinen Geburtstag im Schloss von Versailles gefeiert und Bekannte zum Karneval nach Rio eingeladen haben. Die 2017 gegründete, ebenfalls in Amsterdam beheimatete Schwesterstruktur Nissan Mitsubishi BV soll offenbar auch aufgelöst werden, wenn die neue Struktur verankert ist.Als Renault und Nissan 1999 ihre Allianz eingegangen waren, ging es dem japanischen Autobauer alles andere als gut. In den letzten Jahren hat Nissan dann jedoch maßgeblich zum Gewinn des französischen Autobauers beigetragen, ohne dass sich das in einem stärkeren Einfluss innerhalb des Bündnisses niedergeschlagen hätte. Als der französische Staat seinen Anteil an Renault 2015 vorübergehend auf knapp 20 % erhöhte, sah sich die Allianz bereits einer starken Belastungsprobe ausgesetzt. Nissan soll bereits damals auf eine Überarbeitung der Allianz gedrungen haben. Der französische Staat hat den 2015 erworbenen Anteil von 4,7 % Ende 2017 wieder verkauft.Zuletzt lief es nicht mehr ganz so rund bei Nissan. So trug der Konzern 2018 deutlich weniger zum Ergebnis von Renault bei. Nissan gab nun gerade eine Gewinnwarnung für das am 31. März endende Geschäftsjahr ab.Auch anderswo erwartet die drei Allianzpartner mehr Gegenwind, etwa in China. Ghosn hatte im September 2017 erstmals einen Strategieplan für das Bündnis vorgestellt. Um die darin angepeilten Ziele erreichen zu können, müssen die Partner ihre Zusammenarbeit verstärken und ihre industriellen Kapazitäten mehr integrieren. Notwendige Voraussetzung dafür ist, dass sie sich gegenseitig vertrauen. Der Strategieplan der Allianz sieht vor, die Synergien bis 2022 auf 10 Mrd. Euro, den Umsatz auf 240 Mrd. Dollar und die Verkäufe auf mehr als 14 Millionen Einheiten zu erhöhen. Letztes Jahr setzte sie 10,76 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab.