Autodoc sagt Börsengang in letzter Minute ab
Autodoc sagt Börsengang in letzter Minute ab
Investoren schätzen Aktie des Online-Ersatzteilhändlers offenbar als zu teuer ein
cru Frankfurt
Autodoc hat sein IPO kurz vor dem Zieleinlauf abgeblasen. Damit ist das erste Debüt im Prime Standard der Frankfurter Börse in diesem Jahr geplatzt. Der Online-Ersatzteilhändler hat am Dienstag, dem letzten Tag des Bookbuilding, den für Mittwoch geplanten Börsenstart der Aktie in Frankfurt ohne Angabe von Gründen „verschoben“. Ein IPO zu einem späteren Zeitpunkt werde weiterhin in Betracht gezogen, teilte das Unternehmen aus Berlin mit. Es war bereits der zweite Anlauf nach 2021.
Offenbar gab es nicht genügend Nachfrage der Investoren zum angestrebten Preis, obwohl die Ziele bereits gesenkt worden waren. Die Private-Equity-Firma Apollo war Anfang 2024 bei Autodoc eingestiegen und hatte das Unternehmen damals mit 2,3 Mrd. Euro bewertet. Der zuletzt angepeilte Ausgabepreis von 58 bis 59 Euro je Aktie hätte eine Marktkapitalisierung ergeben, die nur marginal über diesem Einstiegsniveau von Apollo liegt.
14 mal Gewinn als Bewertung
Autodoc wäre aber mit dem 14-fachen des erwarteten operativen Gewinns im Jahr 2025 bewertet worden. Das ist ungefähr genauso viel wie bei den vergleichbaren und bereits gelisteten Unternehmen Aramis, Auto1 und Carvana. Üblich wäre hingegen ein Abschlag von 20 bis 30%.
Die Gründer und Apollo wollten mit dem Börsengang bis zu 389 Mill. Euro einnehmen. Anfangs hatten die Aktionäre bis zu 403 Mill. Euro aufbringen wollen, bevor die Preisspanne, die anfangs bei 58 bis 61 Euro lag, am Montag nach unten korrigiert wurde.
„Gut überzeichnet“
Die Emission sei auf diesem Niveau „gut überzeichnet“, hieß es. Für einen erfolgreichen Börsengang ist aber mindestens eine zweifache Überzeichnung notwendig, um die Aktien sinnvoll zuteilen zu können. Barclays, Citigroup, Deutsche Bank und Jefferies waren bei der Transaktion federführend.
Autodoc wurde 2008 von den Spätaussiedlern Alexej Erdle, Max Wegner und Vitalij Kungel gegründet, die als Jugendliche aus Russland nach Berlin gekommen waren. 2021 wechselten sie in den Aufsichtsrat. Das Kontrollgremium führt der Investmentbanker Alexei Kletenkov. Auf dem Ticket von Apollo sind Jeremy Honteh und Manfred Puffer im Kontrollgremium, die von der Absage überrascht wurden. Vorstandschef ist Dmitry Zadorozhny. Organisiert wird der Börsengang von Citi, Barclays, der Deutschen Bank und Jefferies.
Ein Fünftel Umsatzplus
Autodoc verzeichnete in den vergangenen Jahren Wachstum, obwohl sich die Fahrzeugverkäufe in Europa verlangsamten, da die wirtschaftliche Unsicherheit die Verbraucher dazu veranlasste, sich mit großen Anschaffungen zurückzuhalten. Das Unternehmen steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um etwa ein Fünftel auf rund 1,6 Mrd. Euro und steigerte den Gewinn vor Sonderposten auf 151 Mill. Euro.
Die Bewertungsdiskussion hat der nächste IPO-Kandidat Brainlab noch vor sich. Das Medizintechnikunternehmen aus München hat am Dienstag das Bookbuilding gestartet und strebt einen Emissionserlös von bis zu 520 Mill. Euro sowie eine Marktkapitalisierung von 2,1 Mrd. Euro mit ungefähr 26% Streubesitz an. Die Bewertung entspricht dem rund 16-fachen des erwarteten Ebitda im Jahr 2026. Das ist nur wenig mehr als halb so viel wie bei den vergleichbaren US-Unternehmen Intuitive Surgical oder Stryker.
Schwierige Vorzeichen für Brainlab
Brainlab-Firmengründer Stefan Vilsmeier, der auch Verwaltungsratschef der SE ist, reduziert seine persönliche Beteiligung beim IPO von 50,1% auf 43%, bleibt aber samt Familie Bertram mit 54% der dominierende Aktionär. Der Finanzinvestor EMH verkauft die meisten Aktien und strebt an, seinen Anteil von 35% auf 20% zu reduzieren. Mit 80 bis 100 Euro fällt die Spanne deutlich größer aus als bei Autodoc. Das spiegelt vielleicht das potenzielle Risiko wider, das bei volatilen Aktienmärkten mit dem IPO-Start im Gefolge der US-Angriffe auf den Iran verbunden ist.
