BAIC elektrisiert Chinas Aktienmarkt

Listing der E-Auto-Tochter BJEV findet Resonanz - Subventionsbremse bringt neue Herausforderung

BAIC elektrisiert Chinas Aktienmarkt

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer staatskontrollierte chinesische Autobauer Beijing Automotive Industry Corporation (BAIC) unterstreicht seine Ambitionen auf eine Führungsrolle bei elektrischen Fahrzeugen im heimischen Markt mit der Ankündigung eines Listings für seine Tochter Beijing Electric Vehicles Co. (BJEV) an der Börse Schanghai. Angesichts der regulatorischen Schwierigkeiten für Initial Public Offerings (IPO) auf dem chinesischen Festland hat sich BAIC zu einer Abkürzung entschlossen und wird sich im Rahmen eines sogenannten Reverse Merger des Börsenmantels einer von BAIC kontrollierten Gesellschaft namens Chengdu Qian Feng Electronics bedienen, deren Aktien bereits seit September 2016 vom Handel in Schanghai ausgesetzt sind. Hongkong-Aktie profitiertDer nun angedachte Deal, in dem BJEV letztlich das Listing von Chengdu Qian Feng übernimmt, wird über die Ausgabe von neuen Aktien zu einer Bewertung der Gesellschaft von 28,8 Mrd. Yuan (rund 3,7 Mrd. Euro) führen und BJEV neue Möglichkeiten zu einer Kapitalaufnahme bieten. Die Marktteilnehmer scheinen sich von dem Deal neue Impulse für die Elektromobilität in China zu versprechen, am Dienstag jedenfalls zogen sektorverwandte Werte an den chinesischen Festlandbörsen kräftig an. Die in Hongkong gelistete Aktie der Konzerneinheit BAIC Motor kletterte um 5 %. BAIC Motor hält 8 % an BJEV und dürfte mit dem Deal einen Investmentgewinn von etwa 1 Mrd. Yuan einstreichen.Mit dem Listing von BJEV werden die Anleger an chinesischen Börsen erstmals einen großen rein auf den Bau von Batteriefahrzeugen fokussierten Sektorwert vorfinden. Bislang gilt der an den Börsen Shenzhen und Hongkong gelistete private chinesische Autobauer und Batteriehersteller BYD als das Maß der Dinge. Allerdings entfallen bei BYD, an der auch der US-Starinvestor Warren Buffett beteiligt ist, nur etwa 55 % der Konzernerlöse auf den Verkauf von Pkw, wobei reine Batteriefahrzeuge nur auf einen Anteil von 20 % an den Umsätzen kommen.Auch bei BAIC, deren Kerngeschäft von zwei großen Joint Ventures mit Daimler und der koreanischen Hyundai für die chinesische Produktion von ausländischen Fahrzeugmodellen bestimmt wird, spielt das Batteriefahrzeuggeschäft der Einheit BJEV bislang nur eine untergeordnete Rolle, doch soll sich dies rasch ändern. Ausstieg aus BenzinernChinesische Marktbeobachter sehen BAIC als eine Adresse an, der in den industriepolitischen Plänen der Regierung zu einem massiven Ausbau der E-Mobilität mit expliziter Förderung der heimischen Autobauer eine besondere Rolle zukommen soll. Unter den großen chinesischen Autokonzernen ist BAIC denn auch als Erster mit der Ankündigung eines Rückzugs aus dem Bau von Pkw mit Verbrennungsmotoren vorgeprescht. So hatte Chairman Xu Heyi im Dezember angekündigt, dass BAIC bis zum Jahr 2020 einen Entwicklungsstopp für herkömmlich angetriebene Autos und bis 2025 den völligen Rückzug aus Produktion und Vertrieb von Benzinern anpeile. (vgl. BZ vom 13.12.2017).Der Ausstieg gilt freilich nur für das Geschäft mit BAIC-Eigenmarken und nicht für die Joint Ventures zum Bau von Mercedes- und Hyuandai-Fahrzeugen in China. Daimler wird zwar im kommenden Jahr erste Modelle der Mercedes-Elektroreihe EQ auch mit BAIC in China produzieren, ist andererseits aber seit 2014 in einem Joint Venture für chinesische Fahrzeuge unter der Marke Denza mit BYD verbandelt. Start-up mausert sichBAIC hatte BJEV bereits im Jahr 2009 zusammen mit einer Reihe von anderen chinesischen Staatsunternehmen als Geldgeber im Sinne eines Start-up-Unternehmens aufgezogen, das eine Entwicklungsplattform für sogenannte New Energy Vehicles (NEV) darstellen sollte. In den vergangenen beiden Jahren ist die Gesellschaft von den chinesischen Investoren in neuen Finanzierungsrunden mit einem Mitteleinschuss von über insgesamt 14 Mrd. Yuan aufgemöbelt worden und hat mit einer deutlich erweiterten Modellpalette einen Durchbruch erreicht. Rasanter Absatz in 2017Im Jahr 2017 konnte BJEV den Absatz von Batteriefahrzeugen um 98 % auf 103 200 Einheiten praktisch verdoppeln. Im Gesamtmarkt für chinesische NEV, der im vergangenen Jahr um 54 % auf 777 000 Fahrzeuge wuchs, liegt BJEV mit einem Anteil von 15 % nur noch knapp hinter BYD (siehe Grafik), kann sich im Segment der reinen Batteriefahrzeuge aber als Marktführer mit rund 23 % wähnen. Dabei stützt sich BJEV mittlerweile auf ein eigenes Händlernetz, das im vergangenen Jahr rasch ausgebaut wurde und mittlerweile auf 300 Dependancen gewachsen ist. Hinzu kommen weitere 250 Servicestationen für E-Fahrzeuge, die unter anderem Möglichkeiten zum fliegenden Batteriewechsel bringen sollen. Gleichzeitig beteiligt sich BJEV am Infrastrukturaufbau für Ladestationen im Reich der Mitte und soll bislang über 50 000 Stromtanksäulen aufstellen lassen haben.Trotz dynamischer Absatzzahlen im vergangenen Jahr sehen Branchenexperten einige Herausforderungen für BJEV im neuen Jahr. Das Gros der Verkäufe bezieht sich nämlich auf relativ anspruchslose sogenannte Mini-E-Fahrzeuge mit einer Reichweite pro Batterieladung von weniger als 200 Kilometern, die bislang stark von Subventionsregeln der chinesischen Regierung und lokalen Gebietskörperschaften profitiert haben. Allerdings plant Peking ein deutliches Zurückfahren der Fördermaßnahmen in diesem Bereich und will Subventionsleistungen künftig vor allem zur Förderung von technologisch anspruchsvolleren E-Fahrzeugen verteilt wissen.