Bayer muss sich strecken

Schwäche im Agrargeschäft - Prognose "zunehmend ambitioniert" - Inzwischen 18 400 Glyphosat-Klagen

Bayer muss sich strecken

Bayer sieht sich in den USA nicht nur mit einer weiter anschwellenden Klagewelle konfrontiert, sondern bekommt im Agrargeschäft auch die schwierigen Witterungsbedingungen zu spüren. Noch bestätigen die Leverkusener die Prognose für 2019, die Zielerreichung wird jedoch als “zunehmend ambitioniert” qualifiziert. ab Düsseldorf – Wetterextreme wie Überflutungen und Starkregen im Mittleren Westen der USA und Trockenheit in weiten Teilen Europas haben Bayer im zweiten Quartal im Agrargeschäft einen Strich durch die Ertragsrechnung gemacht. Dass das Pharmageschäft weiter prosperiert, geriet dabei fast ein wenig aus dem Blick. Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft, die auch vom Handelskonflikt befeuert werden, bestätigte Bayer zwar die Konzernprognose für das Gesamtjahr, die Zielerreichung wird inzwischen jedoch als “zunehmend ambitioniert” angesehen.Das kam an der Börse nicht gut an, auch wenn Bayer-Chef Werner Baumann den Zwischenbericht unter die Überschrift “Operativ auf Kurs” setzte. In einem schwächeren Gesamtmarkt gab die Aktie um 3,7 % auf 57,16 Euro nach. Mit 53,3 Mrd. Euro verharrt die Marktkapitalisierung weiter deutlich unter dem Kaufpreis für die 2018 übernommene Monsanto. Der im vorigen Juni vollzogene Kauf des US-Saatgutherstellers blähte das operative Ergebnis wie im Vorquartal spürbar auf. Während Bayer beim Konzernumsatz, der im Berichtsquartal auf 11,5 (i. V. 9,5) Mrd. Euro stieg, eine währungs- und portfoliobereinigte Größenordnung – Anstieg um 0,9 % – angibt, wird im bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ausschließlich auf den Nominalwert abgestellt, der entsprechend einen Zuwachs um fast ein Viertel auf 2,9 Mrd. Euro zeigt. Pharmageschäft brilliertAllein im Segment Cropscience stieg das bereinigte Ebitda um zwei Drittel auf 1,1 Mrd. Euro. Allerdings konnte im ersten Quartal noch von einem Zuwachs um 123 % berichtet werden. Der Rückgang ist teils auf den Konsolidierungszeitraum zurückzuführen – Monsanto gehört seit Juni 2018 zum Konsolidierungskreis. Teils spiegelt sich darin jedoch auch die operative Schwäche. Das zeigt sich im Segmentumsatz, der im zweiten Quartal – pro forma gerechnet – um fast 10 % zurückging. Insbesondere die Geschäfte mit Sojabohnen- und Maissaatgut und den dazugehörigen Pflanzeneigenschaften wie auch das Geschäft mit Herbiziden seien rückläufig gewesen.Deutlich besser entwickelte sich das Pharmageschäft, in dem der Umsatz im Berichtsquartal um 4,9 % auf 4,4 Mrd. Euro ausgebaut wurde. Das dazugehörige bereinigte Ebitda kam sogar um gut 10 % auf 1,5 Mrd. Euro voran. Doch auch im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten verzeichnete Bayer seit langem wieder einmal Wachstum. Der Segmentumsatz legte um 2,1 % auf 1,4 Mrd. Euro zu, das operative Ergebnis landete nach den Angaben mit 270 Mill. Euro um 5,5 % über dem Vergleichswert. Das vor der Trennung stehende Geschäft mit Tiermedizin – unverändert wird nach den Angaben ein Verkauf bevorzugt – bewegte sich dagegen weitgehend auf Vorjahresniveau. Ergebnis halbiertUnter dem Strich sah sich Bayer im Konzern allerdings mit einer Ergebnishalbierung konfrontiert. Dabei spielten eine Reihe von Sonderfaktoren, in Summe 859 Mill. Euro, eine Rolle. So musste beispielsweise im Zusammenhang mit dem in der vorigen Woche angekündigten Verkauf der Fußpflegemarke Dr. Scholl’s ein hohes Impairment (417 Mill. Euro) vorgenommen werden. On Top kamen Integrationskosten, Aufwendungen für Restrukturierung sowie Rechtskosten.Letztere stehen auch im Zusammenhang mit den Glyphosat-Klagen, die sich Bayer mit der Übernahme von Monsanto eingekauft hat. Bis 11. Juli ist die Zahl der Klagen in den USA auf 18 400 angeschwollen, das heißt, binnen der vergangenen drei Monate kamen weitere 5 000 Klagen hinzu. Bei Bayer geht man davon aus, dass der Anstieg der Klagen auch mit den intensivierten Werbemaßnahmen der US-Klageindustrie zusammenhängt. Diese habe die Ausgaben im zweiten Quartal mehr als vervierfacht. Besonders deutlich sei der Anstieg nach der Benennung von Ken Feinberg zum Mediator gewesen, heißt es. Zwar will sich Bayer weiter entschieden zur Wehr setzen, sich aber zugleich konstruktiv in den Mediationsprozess einbringen. Ein Vergleich käme nur in Betracht, wenn er “finanziell angemessen” sei und der gesamte Rechtskomplex damit beigelegt werde, formulierte Bayer-Chef Werner Baumann Bedingungen für einen Vergleich.