Bayer streckt Fühler nach Monsanto aus
Bayer greift nach dem US-Agrochemiekonzern Monsanto. Zur Höhe des unverbindlichen Angebots halten sich Unternehmen noch bedeckt. Analysten gehen jedoch davon aus, dass Bayer mehr als 50 Mrd. Euro auf den Tisch legen müsste. Eine Kapitalerhöhung zur Finanzierung wird nicht ausgeschlossen.ab Düsseldorf – Bayer hat erste Gespräche mit dem Management von Monsanto, dem weltgrößten Saatguthersteller, über eine einvernehmliche Übernahme des US-Konzerns geführt. Mit dieser Nachricht schickte der Leverkusener Dax-Wert seine Aktie am Donnerstag erneut auf Talfahrt, nachdem erste Spekulationen über eine mögliche Übernahme den Kurs schon in der Vorwoche stark belastet hatten. Die Aktie gab in der Spitze um 9,9 % auf 86,91 Euro nach und ging mit einem Tagesverlust von 8,2 % aus dem Handel. Zu den Details – Monsanto hatte bekannt gegeben, von Bayer unaufgefordert ein unverbindliches Angebot erhalten zu haben – hielten sich die Unternehmen bedeckt. Monsanto wird derzeit an der Börse mit gut 42 Mrd. Dollar bewertet, Bayer bringt nach dem jüngsten Kursverfall nur noch gut 73 Mrd. Euro auf die Waage.Monsanto, die eine Übernahme am Mittwoch noch als “wilde Spekulation” abgetan hatte, wird das an bestimmte Bedingungen geknüpfte Angebot prüfen und sich bis dahin nicht weiter äußern, heißt es. Als Berater haben die US-Amerikaner Morgan Stanley und Ducera Partners sowie die Kanzlei Wachtell, Lipton, Rosen & Katz hinzugezogen. Bayer hält die Berater unter Verschluss. FusionsfieberDer Markt für Agrochemikalien ist seit geraumer Zeit in Bewegung. Nachdem Monsanto im Vorjahr erneut mit dem Versuch gescheitert war, sich die Schweizer Syngenta einzuverleiben, schafften Dow Chemical und DuPont Ende 2015 mit der Ankündigung ihrer Fusion erste Fakten. Nach dem Merger soll das fusionierte Unternehmen in drei eigenständige Firmen aufgespalten werden, darunter auch ein Agrochemiekonzern (Umsatz: 18 Mrd. Dollar). Bei Syngenta kommt dagegen – vorbehaltlich der aufsichtsrechtlichen Freigabe – Chemchina für 43 Mrd. Dollar zum Zug.Vor diesem Hintergrund ist die Annäherung von Bayer an Monsanto zu betrachten. Mit der Übernahme – für Bayer wäre es die größte Akquisition der Firmengeschichte – entstünde der weltgrößte Agrochemiekonzern mit einem kombinierten Umsatz von 23,7 Mrd. Euro. Das entspräche einem Marktanteil von 28 %, wie Morgan Stanley errechnet hat.Strategisch passen die beiden Gesellschaften gut zusammen. Während Bayer im Pflanzenschutz stark und im Saatgutgeschäft klein ist, verhält es sich bei Monsanto genau umgekehrt (siehe auch Grafik). Bekanntermaßen verfolgt Bayer seit Jahren das Ziel, das Geschäft mit Saatgut und Pflanzeneigenschaften zu stärken. Darüber hinaus ergänzen sich die Unternehmen aber auch in geografischer Hinsicht: Monsanto ist Platzhirsch in den USA, Bayer Cropscience ist dagegen in Europa und Asien gut aufgestellt.Fragen wirft allerdings die Finanzierung der Transaktion auf, hat Bayer die Übernahme des OTC-Geschäfts der US-amerikanischen Merck bilanziell doch noch nicht verdaut. Zum 31. März wies Bayer eine Nettoverschuldung von 16,3 Mrd. Euro aus, zuzüglich der aus Sicht der Ratingagenturen zu berücksichtigenden Pensionsverbindlichkeiten von 13,3 Mrd. Euro. Asset-VerkäufeVon daher schließen Analysten nebst Asset-Verkäufen auch eine Kapitalerhöhung zur Finanzierung nicht aus. Nach Einschätzung von Peter Verdult von Citi wird Bayer das 14- bis 16-Fache des 2017 erwarteten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zahlen müssen, entsprechend einem Unternehmenswert zwischen 57 und 65 Mrd. Euro. Jacob Thrane von der Baader Bank geht von einer Größenordnung zwischen 55 bis 63 Mrd. Dollar aus. Zum Vergleich: Chemchina zahlt für Syngenta ein Ebitda-Multiple von 16.Zwar dürfte Bayer bei der Finanzierung auch auf das verbliebene Covestro-Paket von 64 % (aktueller Marktwert: 4,5 Mrd. Euro) und die Tiermedizin (bis zu 7 Mrd. Euro) zurückgreifen. Eine Kapitalerhöhung wäre damit jedoch noch nicht endgültig vom Tisch. Allerdings ist auch denkbar, dass sich Bayer nach der Übernahme vom Pflanzenschutzgeschäft von Monsanto trennt. Diesem gesteht Thrane eine Bewertung von bis zu 19 Mrd. Dollar zu. Zugrunde liege dabei ein Ebitda-Multiple von lediglich 10, müsse doch der Problematik mit dem Herbizid Glyphosat Rechnung getragen werden.Einen ersten Finanzierungsschritt gab Bayer gestern bekannt: Das Endverbrauchergeschäft von Environmental Science, einer Division von Cropscience, wird an SBM Développement verkauft. Betroffen ist ein Umsatz von 239 Mill. Euro. Die finanziellen Details der Transaktion bleiben unter der Decke. Der Abschluss dieser Transaktion wird im Oktober erwartet.