IM GESPRÄCH: JÜRGEN ALLERKAMP

Berliner Start-up-Hilfen kommen ins Laufen

Förderbank IBB zieht positives Zwischenfazit - Zusammenarbeit mit Risikokapitalgebern soll besondere Hebelwirkung entfalten

Berliner Start-up-Hilfen kommen ins Laufen

“Es hat ein bisschen gedauert, bis alles in Gang gekommen ist”, sagt Jürgen Allerkamp, Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank Berlin (IBB), über die Hilfen für Berliner Start-ups, die von der Pandemie betroffen sind. Zwei Monate nach dem Start des länderspezifischen Hilfsprogramms, bei dem die IBB auch mit privaten Risikokapitalgebern zusammenarbeitet, zieht er dennoch ein positives Zwischenfazit. Von Stefan Paravicini, BerlinDie Investitionsbank Berlin (IBB) zieht knapp zwei Monate nach dem Start von länderspezifischen Hilfen für Nachwuchsunternehmen, die von der Corona-Pandemie betroffen sind, ein positives Zwischenfazit. “Das ist gut angelaufen, wir haben in kurzer Zeit immerhin schon über 260 qualifizierte Anfragen bekommen”, sagt IBB-Chef Jürgen Allerkamp zu den Beteiligungen der Tochter IBB Ventures, die im Rahmen der Coronahilfen bereits sechs Engagements mit einem Volumen von knapp 2,6 Mill. Euro eingegangen ist. “Das ist für die IBB Ventures, die sonst vielleicht zwölf Beteiligungen im Jahr macht und etwa 300 Anfragen im gesamten Jahr erhält, eine ganze Menge.” Insgesamt hat sich IBB Ventures 30 Beteiligungen mit einem Volumen von rund 15 Mill. Euro vorgenommen. Die Obergrenze für ein Engagement liegt im Einklang mit den europäischen Förderrichtlinien bei 800 000 Euro. “Da ist richtig Druck auf der Pipeline, die Anträge werden jetzt bearbeitet und wir gehen davon aus, dass sich da auch einiges tun wird.” Allerdings werde in dem Geschäft auch unter Corona-Bedingungen hart selektiert.Neben eigenen Beteiligungen von IBB Ventures setzt die Förderbank mit der neu gegründeten IBB Capital auf die Zusammenarbeit mit anderen Risikokapitalgebern. “Um breiter wirken zu können, haben wir ganz bewusst gesagt, wir wollen Intermediäre, die das tun, was wir auch tun, und über sie Breitenwirkung entfalten”, erklärt Allerkamp den zweiten Baustein der länderspezifischen Start-up-Hilfen. Die IBB sei die einzige Förderbank, die diesen Weg beschreite. “Wir haben derzeit 139 Interessenbekundungen und da werden wir jetzt schauen, wer zu uns passt”, sagt der IBB-Chef zu möglichen Partnern aus der VC-Szene. “Wir gehen davon aus, dass allein über diesen Arm bis zu 70 Mill. Euro Venture Capital ins Land Berlin gegeben werden können.”Hinter der IBB liegen bewegte Wochen. Allein für Soloselbstständige und Kleinunternehmen bis zu zehn Mitarbeiter, die von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen sind, hat das Förderinstitut 1,8 Mrd. Euro in Form von Zuschüssen aus Bundes- und Landesmitteln ausgereicht. Das hat auch die Berliner Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen, weil sie den Anfangsverdacht gegeben sieht, dass es bei der Vergabe der Gelder keine ausreichende Prüfung zum Ausschluss von Missbrauch gegeben hat. Die Bank kooperiere in vollem Umfang mit der Behörde, darüber hinaus äußert sich Allerkamp nicht zu der laufenden Untersuchung. Die Hilfen selbst wertet der IBB-Chef aber als Erfolg.”Die Anzahl der Soloselbständigen in Berlin ist wahnsinnig hoch, und auch die Vulnerabilität und Kleinteiligkeit der Unternehmen ist hier ganz anders als in den anderen Ländern”, sagt er zur besonderen Wirtschaftsstruktur der Hauptstadt. Deshalb habe die Politik gut daran getan, hier in besonderer Weise Mittel bereitzustellen. “Wir haben hier als allererstes ein Programm mit Rettungsdarlehen in den Markt gebracht, bevor die anderen Geschäftsbanken überhaupt in der Lage waren loszulegen”, ergänzt der Jurist, der seit 2015 an der Spitze der IBB steht. Mittelständler mit zwischen 10 und 100 Mitarbeitern habe man dagegen auch in Berlin “zu lange warten lassen” auf Hilfe. “Da helfen jetzt die Überbrückungshilfen des Bundes, die in diesen Tagen erleichtert und erweitert wurden.”Fester Bestandteil der Berliner Wirtschaft sind auch die Nachwuchsunternehmen etwa aus dem digitalen Sektor, Start-ups aus der Kreativwirtschaft oder junge Sozialunternehmen. Doch die Hilfen für die von der Pandemie bedrohten Start-ups kamen nur langsam ins Rollen. “Es hat ein bisschen gedauert, bis alles in Gang gekommen ist”, räumt Allerkamp ein. “Jetzt sind wir in der Umsetzung und ich denke, dass wir sehr zügig begonnen haben.” Die größte Hebelwirkung verspricht er sich aus der Zusammenarbeit von IBB Capital mit Business Angels, Family Offices und privaten Risikokapitalgebern als Intermediäre. “Hier wird der Hebel noch viel größer sein, weil wir die Mittel anderen geben, die damit ihre Fonds speisen”, sagt Allerkamp. “Das ist für uns eine neue Erfahrung, da können wir aus Corona eine ganze Menge lernen”, sagt Allerkamp.Mit ihren Beteiligungen peilt die IBB normalerweise einen Hebel von fünf bis sechs an, sodass ein Euro Eigenkapital im Schnitt fünf bis sechs Euro Eigenkapital von Co-Investoren mobilisiert. “Das Rauskommen ist das Schwierigste”, sagt Allerkamp zu den Engagements. Denn die IBB Ventures werde von Gründern nicht nur als stabiler Anker im Investorenkreis geschätzt, sondern auch wegen eines über mehr als 20 Jahre gewachsenen Netzwerks gesucht. Seit 1997 hat die Tochtergesellschaft, die erst in der vergangenen Woche von IBB Bet in IBB Ventures umfirmierte, mehr als 210 Berliner Kreativ- und Technologieunternehmen in Konsortien mit Partnern gut 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, wovon die IBB Ventures 217 Mill. Euro als Lead-, Co-Lead oder Co-Investor investiert hat. Neues Thema: Social ImpactAllerkampf will die Aktivitäten im Beteiligungsgeschäft thematisch erweitern, weshalb sich die IBB gerade mit 1 Mill. Euro am European Social Innovation Impact Fonds (ESIIF) beteiligt hat. “Social Entrepreneurship halten wir für eine ganz interessante Bewegung, die möchten wir gerne unterstützen.” Mit ein oder zwei Jahren Erfahrung aus dem Engagement beim ESIIF könnte IBB Ventures einen eigenen Fonds für Social-Impact-Unternehmen auflegen und dann auch um Fördermittel für dieses Segment werben.