Beziehungsstress
Die Liebe ist abgekühlt. Nach seinem Amtsantritt hatten die Investoren Henkel-Chef Hans Van Bylen noch zugejubelt. Mit dem US-Waschmittelhersteller Sun Products war die ersehnte Milliardenakquisition im vergangenen Jahr endlich geglückt, was dem neuen Persil-Lenker einen fulminanten Start bescherte. Doch das Verhältnis von Anlegern und Henkel-Führung scheint angeknackst. Schon zum zweiten Mal in Folge geht der Aktienkurs nach Quartalszahlen in die Knie.Dabei fällt das Urteil der Investoren harsch aus. Denn Henkel hat weder im Sommer noch jetzt die Jahresziele zurücknehmen müssen, sondern am Dienstag trotz Währungs-Gegenwind die Ergebnisprognose sogar leicht erhöht. Doch das reicht nicht. Denn der konservative Familienkonzern prognostiziert traditionell so vorsichtig, dass die Jahrespläne nur bei heftigen konjunkturellen Verwerfungen nicht erreicht werden. Auch waren die neuen Mittelfristziele, die Van Bylen vor einem Jahr präsentiert hatte, im Vergleich zum vorherigen (teilweise verfehlten) Vierjahresplan nicht besonders ambitioniert ausgefallen. Das angepeilte Wachstumstempo von Umsatz und Gewinn war etwas gedrosselt worden.Konkret und aktuell plagt Henkel jedoch ein Problem mit der Kosmetik, der kleinsten Sparte in der Henkel-Welt. Auch wenn Van Bylen das schwierige Marktumfeld beklagt und auf den rückläufigen Shampoo- und Duschgel-Massenmarkt verweist: Ein Teil der Schwierigkeiten dürfte hausgemacht sein. Denn wohl nicht ohne Grund hat Henkel im Vorstand gerade den Ressortchef ausgetauscht. Jens-Martin Schwärzler, der schon das US-Markenartikelgeschäft wieder auf Vordermann gebracht hat, soll jetzt das Wachstum von Beauty Care wieder ankurbeln.Das Grundrezept dafür ist bei Henkel ein Altbewährtes: Neu entwickelte Produkte und hier und da ein kleinerer bis mittelgroßer Zukauf. Doch der letzte innovative Knaller der Kosmetiksparte ist schon ein bisschen her: Die Marke “Syoss” wurde noch von der heutigen Douglas-Chefin Tina Müller entwickelt, die zwischenzeitlich Opel ein neues Image verpasste.Es ist die erste Bewährungsprobe für Hans Van Bylen, der noch aus dem Schatten seines charismatischen Vorgängers und heutigen Adidas-Chefs Kasper Rorsted treten muss. Der hatte Henkel auf Rendite getrimmt und war dafür von den Investoren hofiert worden. Die Beziehung zwischen Van Bylen und den Anlegern am Aktienmarkt ist noch ausbaufähig. In jüngster Zeit ist Henkel nur Underperformer im Dax.