Adipositas-Folgen

Big Pharma setzt Milliarden auf Fettleber-Medikamente

Nach Abnehm-Spritzen nehmen Pharmakonzerne einen weiteren Markt in den Blick, der sich aus den weltweit steigenden Adipositas-Raten ergibt: die sogenannte MASH-Krankheit, eine schwere Form der Fettlebererkrankung. Novo Nordisk und Roche verstärken sich in dem Bereich gerade mit Milliarden-Zukäufen.

Big Pharma setzt Milliarden auf Fettleber-Medikamente

Milliardenwetten auf Leber-Medikamente

Novo Nordisk und Roche bringen sich mit US-Zukäufen für „MASH“-Markt in Stellung – Experten sehen ungedeckten Bedarf

Nach Abnehm-Spritzen nehmen Pharmakonzerne einen weiteren Markt in den Blick, der sich aus den weltweit steigenden Adipositas-Raten ergibt: die sogenannte MASH-Krankheit, eine schwere Form der Fettlebererkrankung. Novo Nordisk und Roche verstärken sich in dem Bereich gerade mit Milliarden-Zukäufen.

kro Frankfurt

Die weltweit steigenden Adipositas- und Diabetesraten sorgen nicht nur für eine wachsende Nachfrage nach Abnehmspritzen. Auch die Behandlung von Folgeerkrankungen stellt für Pharmakonzerne eine aussichtsreiche Umsatzquelle dar. Eine dieser Krankheiten nennt sich MASH (Metabolische dysfunktions-assoziierte Steatohepatitis) und betrifft das größte innere Organ des Menschen: die Leber. Diese kann bei Übergewicht und Diabetes verfetten, was im weiteren Verlauf zu Entzündungen führen kann. Die möglichen Folgen sind Leberfibrose (Bindegewebsvermehrung), Leberzirrhose (Vernarbung der Leber) und im schlimmsten Fall sogar Leberkrebs.

Mit der Aussicht auf steigende Fallzahlen forscht die Pharmabranche schon seit Jahren intensiv an MASH-Medikamenten. Den Durchbruch schaffte vergangenes Jahr das US-Unternehmen Madrigal Pharmaceuticals mit seinem Wirkstoff Resmetirom: Die US-Arzneimittelbehörde gab diesen als erstes MASH-Medikament überhaupt frei. Ein Jahr später folgte die bedingte EU-Zulassung durch die Europäische Kommission, die bei MASH-Medikamenten einen „ungedeckten Bedarf“ feststellte. Geschätzt leiden weltweit rund 250 Millionen Menschen an MASH.

Novo Nordisk und Roche setzen auf Zukäufe

In Europa wollen die großen Pharmakonzerne das Feld nun nicht allein Madrigal überlassen. Doch es fehlt – zumindest teilweise – an eigenen Kandidaten in der Pipeline. Bei Novo Nordisk aus Dänemark und Roche aus der Schweiz hat man sich deswegen jüngst für den schnellen Weg entschieden und aussichtsreiche Player aus den USA dazugekauft.

Konkret will sich Novo Nordisk das kalifornische Biotech-Startup Akero Therapeutics schnappen und dafür bis zu 5,2 Mrd. Dollar zahlen, wie der Konzern vor Kurzem mitteilte. Akero wurde 2017 gegründet und steht hinter dem von Experten als vielversprechend erachteten MASH-Wirkstoffkandidaten Efruxifermin, der gerade in drei laufenden Phase-3-Studien untersucht wird. Laut dem neuen Novo-Chef Mike Doustdar habe Efruxifermin „das Potenzial, Leberschäden rückgängig zu machen“. Bei Zulassung könne es allein oder in Kombination mit Novos Blockbuster-Medikament Wegovy „zu einer Schlüsseltherapie im Kampf gegen eine der am schnellsten wachsenden Stoffwechselerkrankungen unserer Zeit werden". Novo hatte erst im August die US-Zulassung für Wegovy zur Behandlung von MASH-Patienten mit moderater bis fortgeschrittener Leberfibrose erhalten.

Novo wächst langsamer

Mit der Anwendung des Mittels gegen Fettleibigkeit waren die Dänen vor einigen Jahren Pionier in der Branche. Doch mittlerweile steht der Konzern in diesem Bereich unter zunehmendem Konkurrenzdruck. Weil sich das Wachstum verlangsamt, kündigte Doustdar im September eine Sparkurs an, bei dem weltweit 9.000 Stellen gestrichen werden sollen.

Bei Roche fiel die Wahl im MASH-Bereich auf das US-israelische Startup 89bio. Die 2018 gegründete Firma steht hinter dem Wirkstoff Pegozafermin, der sich etwa auf dem gleichen Entwicklungsstand wie Efruxifermin befindet. Für die Übernahme will Roche bis zu 3,5 Mrd. Dollar auf den Tisch legen. Er sei „sehr zuversichtlich, dass Pegozafermin das Potenzial hat, eine bahnbrechende Behandlungsoption für MASH-Patienten zu werden“, sagte Roche-CEO Thomas Schinecker.

Die Schweizer sind erst Ende 2023 mit der Übernahme des US-Unternehmens Carmot Therapeutics in den Adipositas-Markt eingestiegen. 2024 sind sie deutlich langsamer gewachsen als Novo Nordisk. Während der Umsatz bei den Dänen 2024 um ein Viertel auf umgerechnet rund 39 Mrd. Euro kletterte, ging es bei Roche nur um 3% auf rund 65 Mrd. Euro nach oben.

In diesem Jahr dürften sich die beiden Konzerne beim Tempo aber etwas angleichen: Bei Roche geht man von einem Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich aus. Novo rechnet mit einem Plus von 8 bis 14%.