Bilfinger wird zum Public-to-Private-Kandidat

Clayton Dubilier & Rice gilt als Übernahmeinteressent - Finanzinvestoren nehmen auch Brenntag, Gea und Norma in den Fokus

Bilfinger wird zum Public-to-Private-Kandidat

Bilfinger gerät in das Visier von Private-Equity-Häusern. Die Finanzinvestoren erwägen eine Übernahme samt anschließendem Abschied von der Börse. Auch für weitere Unternehmen wie Brenntag, Gea oder Norma werden Public-to-Private-Deals zumindest als Planspiele durchgerechnet.cru Frankfurt – Der Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger zieht erneut das Interesse von Finanzinvestoren auf sich. Sie erwägen eine Übernahme des an der Börse im SDax notierten Unternehmens. Das wird aus Finanzkreisen bestätigt. Nach Angaben von Bloomberg gehört zu diesen Beteiligungsgesellschaften auch Clayton Dubilier & Rice.”Derzeit gibt es Berichte, in denen über ein mögliches Interesse privater Beteiligungsfonds an Bilfinger spekuliert wird”, sagte eine Bilfinger-Sprecherin. “Ziel von Bilfinger ist es, die Wertschöpfung für unsere Anteilseigner zu steigern. In diesem Rahmen ist Bilfinger regelmäßig im Austausch mit Dritten, um die strategische Weiterentwicklung und die Möglichkeiten zur Wertschöpfung mit ihnen zu diskutieren.” Grundsätzlich kommentiere Bilfinger keine derartigen Gerüchte oder Spekulationen am Markt, sofern dies nicht gesetzlich vorgeschrieben sei.Überlegungen zur Übernahme von an der Börse vermeintlich unterbewerteten Unternehmen gehören zum Alltag der Private-Equity-Häuser. Ein sogenannter Public-to-Private-Deal wird von Finanzinvestoren wie Blackstone, KKR oder Carlyle neben Bilfinger auch für den Chemiehandelskonzern Brenntag, den Autozulieferer Norma und den Maschinenbauer Gea durchgespielt, wie Investmentbanker berichten. Laut Anwaltskanzlei White & Case ist das Take-Private-Volumen in Europa 2019 in 31 Deals um 14 % auf 34,5 Mrd. Euro gestiegen. Paradebeispiel in Deutschland für die Vorstöße in Richtung von Public-to-Private-Deals ist die 5 Mrd. Euro schwere Beteiligung von KKR an Springer. Aktienkurs steigtDer Kurs der Bilfinger-Aktie kletterte am Mittwoch anfangs um bis zu 11 % und notierte später mit 4,8 % im Plus bei 20,0 Euro. Auch so noch hat sich der Börsenwert des Konzerns binnen zwei Jahren halbiert auf 880 Mill. Euro. Haupteigentümer mit 26,8 % der Anteile ist der schwedische Finanzinvestor Cevian, für den das Bilfinger-Engagement bisher die größte finanzielle Niederlage in Deutschland neben der Thyssenkrupp-Beteiligung gewesen ist.Finanzinvestoren werden neben dem niedrigen Bilfinger-Kurs auch von dem grundsätzlich stabilen Geschäftsmodell mit gut im Voraus berechenbaren Erträgen aus Dienstleistungen angelockt. Darüber hinaus steckt in Bilfinger noch ein verborgener Wert: Wenn der Finanzinvestor EQT die Ex-Bilfinger-Gebäudeverwaltungssparte Apleona demnächst wie geplant für bis zu 2 Mrd. Euro an die Börse bringt oder verkauft, dann wird Bilfinger laut alten Verträgen mit 49 % am Verkaufserlös abzüglich Schulden beteiligt sein. In den Büchern von Bilfinger steht das Genussrecht mit einem Wert von 240 Mill. Euro – tatsächlich dürfte es mehr als doppelt so viel wert sein. Allerdings steckt Bilfinger seit geraumer Zeit im Umbau und ringt um die Profitabilität. Das Unternehmen ist im zweiten Quartal wegen der Pandemie noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht und musste einen Auftragsrückgang verkraften.Bilfinger, einst einer der größten deutschen Baukonzerne, hatte sich ab 2016 unter Vorstandschef Thomas Blades neu zu erfinden versucht. Der Manager übernahm die Führung des Konzerns mit einer Strategie zur Kostensenkung, Margensteigerung und Fokussierung auf Schlüsselmärkte. Er stellte Bilfinger als fokussiertes Industriedienstleistungsunternehmen neu auf. Dennoch kämpft das Mannheimer Unternehmen weiterhin mit einer niedrigen Bewertung, da die Aktie im Jahr 2020 um mehr als 40 % gefallen ist.Zu den Hürden bei einem Deal gehört die Sicherung einer erschwinglichen Finanzierung ebenso wie das Management der Geschäftsrisiken durch die Pandemie im Allgemeinen und das Bilfinger-Engagement im Öl- und Gassektor im Speziellen. Minderheitenschutz als HürdeAuch sind Taking Privates in Deutschland aufgrund von Übernahmegesetzen, die Minderheitsinvestoren schützen, generell schwierig. Dennoch ist das M&A-Volumen aus Übernahmen europäischer Industrieunternehmen in diesem Jahr um 6 % auf 124 Mrd. Dollar gestiegen.Bilfinger beschäftigt rund 34 000 Mitarbeiter und ist unter anderem in der Chemie-, Energie-, Pharma- und Zementindustrie tätig. Im Geschäftsjahr 2019 hat das Unternehmen 4,3 Mrd. Euro Umsatz gemacht. Clayton Dubilier & Rice hat anders als Cevian gute Erfahrungen in Deutschland gemacht. Der Finanzinvestor erntete 2017 enorme Gewinne aus dem Verkauf der Mauser-Gruppe, einem Verpackungsunternehmen aus dem Schwarzwald, und erwarb 2016 die Kalle-Gruppe, einen Anbieter von industriell gefertigten Fleischdärmen. Auch Erfahrungen im Bereich der industriellen Dienstleistungen hat das Private-Equity-Haus gesammelt – beim Kauf des französischen Konzerns Spie im Jahr 2011, einem Konkurrenten von Apleona.