Bio-on ist jetzt offline
bl Mailand – Ein schwerer Börsen- bzw. Unternehmensskandal erschüttert Italiens Wirtschaftswelt. Die Staatsanwaltschaft in Bologna ermittelt gegen Bio-on, das einstige Aushängeschild des Kleinstwertesegments AIM der Mailänder Börse, wegen Marktmanipulation und der Verbreitung falscher Informationen. Marco Astorri, Gründer des einstigen “Einhorns”, das zeitweise 1,3 Mrd. Euro wert war, wurde unter Hausarrest gestellt. Der Präsident und der Vizepräsident des Unternehmens dürfen ihre Unternehmenspositionen nicht mehr ausüben. Gegen weitere Personen wird ermittelt. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft 150 Mill. Euro in Form von Aktien sichergestellt. Die Aktie ist von der Notierung ausgesetzt.Astorri (50) hatte seine berufliche Karriere 1990 als Design-Verantwortlicher einer Bekleidungsfirma begonnen. Nach Gründung des Unternehmens wurde eine Vielzahl von Patenten erworben. Der Hersteller von biologisch abbaubaren Plastikprodukten ging 2014 an die Börse und gehörte schnell zu den Stars. Zeitweise stand Bio-on für ein Viertel der gesamten Marktkapitalisierung des Kleinstwertesegments. Zu den Aktionären gehörten BlackRock, Norges Bank, Kairos (Julius Bär) und Generali. Der Aktienkurs stieg von 5 Euro auf bis zu 70 Euro, war aber zuletzt deutlich rückläufig und notierte bei rund 10 Euro, was für eine Marktkapitalisierung von rund 200 Mill. Euro steht.Das Unternehmen, das für 2018 bei einem Umsatz von 50,7 Mill. Euro (plus 372 %) einen Nettogewinn von 11,9 Mill. Euro (plus 87 %) vermeldet hatte, hat offenbar von Anfang an gezielt falsche Informationen verbreitet, um den Aktienkurs nach oben zu treiben. Astorri selbst soll in einem abgehörten Telefongespräch Mitverantwortung eingeräumt, zur Begründung aber angeführt haben, dass “das System ein solches Handeln verlangt”. Erste Zweifel hatte es gegeben, nachdem der Fonds Quintessential Capital Market erhebliche Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Zahlen geäußert hatte. Seither war der Kurs rückläufig. Der aktuelle Fall erinnert an den Lebensmittelriesen Parmalat, der allerdings eine wesentlich größere Dimension hatte.Für das AIM-Segment, an dem derzeit 126 Unternehmen notiert sind, ist das ein schwerer Rückschlag. Das Börsensegment hat sich lange, auch weil es sich um einen nichtregulierten Markt mit erleichterten Zugangsbedingungen handelt, sehr dynamisch entwickelt. Nun könnten vor allem ausländische Anleger, um die AIM zuletzt besonders geworben hatte, abgeschreckt sein. Das gilt auch für Kleinaktionäre, die bei Bio-on stark betroffen sind.